Spenden und Helfen

Die Macht der eigenen Gedanken (Teil 2)

21.12.09 - Welche psychologischen Bewältigungs- und Unterstützungsstrategien vor allem bei chronischen Erkrankungen helfen, zeigt Cristina Galfetti, Schweizer Patienten-Coach, im zweiten Teil des Together-Artikels der Ausgabe 04/09.

Die Diagnosestellung löst einen "Sturz aus der Wirklichkeit" aus und kann zunächst einmal eine Ohnmacht und Handlungsunfähigkeit zur Folge haben. Oder aber sie verleitet zur Informationssuche und zum Verschlingen unzähliger Publikationen. In dieser Phase erhält der Betroffene Unterstützung bei der Einordnung von Informationen (z.B. das Lesen von Statistiken) sowie den Umgang mit den eigenen oft schwankenden Emotionen. Meist werden in dieser Phase auch Entscheidungen für Behandlungen getroffen. Eine Mitentscheidung des Betroffenen ist wichtig und wünschenswert, fällt aber unendlich schwer, wenn das nötige Fachwissen fehlt. Gleichzeitig hat aber die eigene Bereitschaft und Überzeugung, die richtige Wahl getroffen zu haben, Einfluss auf die Therapietreue (Compliance) und letztendlich auch auf den Therapieerfolg.

Auseinandersetzung mit der Krankheit

Speziell bei der Multiplen Sklerose folgt nach einem ersten Schub eine oft längere symptomfreie Zeit. Die Hoffnung, dass sich die Ärzte "geirrt" haben und dass nun der "Spuk" vorbei ist, kann menschlich nachvollziehbare, aber medizinisch fatale Handlungsweisen, wie beispielweise das Absetzen der verordneten Behandlungen auslösen. Auch wenn die Auseinandersetzung mit der Krankheit in symptomfreien Zeiten schwer fällt, können genau in dieser Phase wichtige Fähigkeiten, sogenannte Kompetenzen erworben und trainiert werden: z.B. die mentale, gedankliche Auseinandersetzung, was mache ich wenn (Antizipation) dieses oder jenes Symptom zurückkommt. Auch wenn dies auf den ersten Blick als "pessimistische" Verhaltensweise anmuten kann, wissen wir aus Studien, dass ein schon mal durchgedachtes Szenario weniger Angst und Unsicherheit auslösen kann, als wenn wir davon überrascht werden.

 
 
Vita Cristina Galfetti
 
 

 

  • Cristina Galfetti ist selbst an Rheuma erkannt und verbindet so die Sichtweise eines chronisch kranken Patienten mit dem Know-How eines Patienten-Coaches
  • dipl. Touristikfachfrau (FH), Marketingplanerin mit eidg. Fachausweis
    Train-the-Trainer-Kurs
  • "Patientenschulung der Deutschen Gesellschaft für Rheumatologie
  • Magister Artium in soziale Verhaltenswissenschaften (entspricht lic. phil. I). Lizenziatsarbeit: "Kohärenzgefühl und Krankheitsbewältigung – eine sozialpsychologische Betrachtungsweise"
    Diplomlehrgang "Systemischer Coach" (Institut für systemisches Coaching und Training, Wien-Hamburg-Zürich)
  • Workshop-Leiterin "MS und ich: Wer hat wen im Griff?" auf dem Aktionstag der AMSEL 2009

 

In dieser Phase sind meist auch Kräfte und Stärke vorhanden, mit dem engsten Umfeld über die Krankheit zu sprechen. Absprachen über Themen wie "um Hilfe bitten – Hilfe annehmen" können jetzt be- und abgesprochen werden, so dass sie dann, wenn nötig, diskussionslos angewendet werden können. Das entlastet die Betroffenen sehr. Denn in der Phase des Schubs ist das Nervenkleid sehr dünn. Im Schub stehen Symptommanagement und die Bewältigung des Alltags im Vordergrund. Jetzt geht’s darum, den Alltag trotz eingeschränktem Bewegungsspielraum zu meistern oder anzupassen. Praktische Unterstützung und Entlastung für alltägliche Aktivitäten sind gefragt. Ein (vorher angefragtes) Netz von sozialen Beziehungen kommt jetzt im Idealfall zum Zug. Gleichzeitig machen sich Zukunftsängste und andere starke Emotionen breit. Vielleicht die Wut über die verlorene Unabhängigkeit und Ängste betreffend drohender bleibender Beschwerden, sie gilt es jetzt im Gespräch mit Fachpersonen und Angehörigen aufzufangen.

Speziell bei der Multiplen Sklerose folgt nach einem ersten Schub eine oft längere symptomfreie Zeit. Die Hoffnung, dass sich die Ärzte "geirrt" haben und dass nun der "Spuk" vorbei ist, kann menschlich nachvollziehbare, aber medizinisch fatale Handlungsweisen, wie beispielweise das Absetzen der verordneten Behandlungen auslösen. Auch wenn die Auseinandersetzung mit der Krankheit in symptomfreien Zeiten schwer fällt, können genau in dieser Phase wichtige Fähigkeiten, sogenannte Kompetenzen erworben und trainiert werden: z.B. die mentale, gedankliche Auseinandersetzung, was mache ich wenn (Antizipation) dieses oder jenes Symptom zurückkommt. Auch wenn dies auf den ersten Blick als "pessimistische" Verhaltensweise anmuten kann, wissen wir aus Studien, dass ein schon mal durchgedachtes Szenario weniger Angst und Unsicherheit auslösen kann, als wenn wir davon überrascht werden.

In dieser Phase sind meist auch Kräfte und Stärke vorhanden, mit dem engsten Umfeld über die Krankheit zu sprechen. Absprachen über Themen wie "um Hilfe bitten – Hilfe annehmen" können jetzt be- und abgesprochen werden, so dass sie dann, wenn nötig, diskussionslos angewendet werden können. Das entlastet die Betroffenen sehr. Denn in der Phase des Schubs ist das Nervenkleid sehr dünn. Im Schub stehen Symptommanagement und die Bewältigung des Alltags im Vordergrund. Jetzt geht’s darum, den Alltag trotz eingeschränktem Bewegungsspielraum zu meistern oder anzupassen. Praktische Unterstützung und Entlastung für alltägliche Aktivitäten sind gefragt. Ein (vorher angefragtes) Netz von sozialen Beziehungen kommt jetzt im Idealfall zum Zug. Gleichzeitig machen sich Zukunftsängste und andere starke Emotionen breit. Vielleicht die Wut über die verlorene Unabhängigkeit und Ängste betreffend drohender bleibender Beschwerden, sie gilt es jetzt im Gespräch mit Fachpersonen und Angehörigen aufzufangen.

Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass physische Erkrankungen Einflüsse auf viele andere Lebensbereiche haben. Bengel (2004) nennt die folgenden Merkmale von chronischen Erkrankungen, die das Erleben und Verhalten beeinflussen:

  • Kausale Therapie und vollständige Heilung ist nicht möglich
  • Minderung der Leistungsfähigkeit mit Auswirkungen auf die Arbeits- und Erwerbsfähigkeit
  • Normabweichung, Auffälligkeit und Gefahr der Diskriminierung
  • besondere Anforderungen an Familie und Selbstversorgung
  • Bedrohung der Lebensperspektive und der sozialen Integration

Psychologische Unterstützung holen

Da gesundheitspsychologische Fragestellungen nicht nur den Betroffenen angehen, sondern auch Angehörige oder Arbeitgeber, sind sämtliche Formen der psychologischen Unterstützung von Einzel-, Paar- und Familiengesprächen, aber auch Patientenschulungen, Coachings und Schmerzbewältigungsprogramme angebracht. Hierzu kann die Psychologie auf bewährte Konzepte aus unterschiedlichen Teilgebieten zurückgreifen: Verhaltens- und Gesprächstherapie, Ansätze aus der Lern-, Wahrnehmungs- und Motivationspsychologie, aber auch auf Modelle wie Selbstwirksamkeit, Salutogenese und Empowerment.

 
 
Magazin Together
 
  

Quelle: AMSEL-Magazin Together 04/2009, Cristina Galfetti

Redaktion: AMSEL e.V., 25.08.2009