Spenden und Helfen

"Der ungebetene Gast mit dem Namen MS"

Beim Aktionstag der AMSEL überzeugte Lee'Oh ihr Publikum mit ihrer kraftvollen Stimme in einem gefühlvollen und temperamentvollen Auftritt. Together 02/11 zeigt die Künstlerin privat.

 

 

image-for-you.de

Lee'Oh – eine Sängerin, die mit ihrer Stimme ins Herz trifft. Doch was man der hübschen und selbstbewussten Frau auf der Bühne, die mit bürgerlichem Namen Sabine Schmidt heißt, nicht ansieht, ist, dass sie MS hat.

2001 bekam die junge Frau die Diagnose. Eines Tages wachte sie mit einem dunklen Schleier auf dem linken Auge auf und konnte nur noch Umrisse erahnen. Sie ging zum Arzt und bekam eine Brille. Aber eine Brille half nicht. Sie ging zum Neurologen. Dieser vermutete einen Zeckenbiss, also Borreliose, oder MS. Ein Name, der ihr bis zu diesem Zeitpunkt, unbekannt war.

Es folgte ein mehrtägiger Klinikaufenthalt. Dort unterzog sie sich den notwendigen Tests und wurde mit Cortison behandelt, auf das ihr Körper sehr gut ansprach. Die Sehirritation ging nach einigen Wochen vollständig zurück. Das entnommene Nervenwasser brachte dann Klarheit. Multiple Sklerose. "Die Diagnose war ein Schock, gefolgt von Verzweiflung, Panik, Schmerz und Zorn."

Die innere Stimme

 

"Deine Gedanken und Gefühle erschaffen Dein Leben. Du bist, was Du denkst."

The Secret

 

Die damals 25-Jährige war viel unterwegs. Mit ihrer Band nahm sie bis zu 80 Auftritte im Jahr wahr und arbeitete zusätzlich unter der Woche Vollzeit, als die Diagnose kam. Es folgten eine 2-monatige Rehamaßnahme in einer neurologischen Klinik und eine Interferon-Therapie. Für sie eine Tortur. "Ich bin mit der Behandlung nicht zurechtgekommen, hatte so viele Nebenwirkungen und brach die Behandlung gegen den Willen der Ärzte vorzeitig ab.

Mir war klar, dass ich etwas ändern will. Das tun, was ich schon immer wollte...ich setzte alles auf eine Karte und machte mich mit der Musik selbstständig."

In den nächsten 2 Jahren folgten noch 2 Schübe. Der erste fühlte sich bei jeder Bewegung des Kopfes an wie Stromschläge im Rücken, beim zweiten war es ein zunehmendes Taubheitsgefühl im rechten Bein bis hin zu den Füßen. Dennoch lehnte sie die empfohlenen Therapien der Ärzte weiterhin ab. "Ich machte mir viele Gedanken, hörte in mich hinein und konnte Parallelen zwischen den Schüben feststellen. Denn sie kamen in Phasen, in denen ich physisch oder mental überlastet war oder wurde, unnötigen Stress hatte, wenig Schlaf. Angefangen von ungeklärten Streitigkeiten, die ich mir zu Herzen nahm, Erlebnissen aus meiner Vergangenheit, die ich noch nicht verarbeitet hatte, Forderungen und Erwartungshaltungen in meinem Umfeld, denen ich tagtäglich gerecht werden wollte. Mir wurde bewusst, dass ich durch all das zusammen gerade zu den Schubzeiten am meisten überfordert war."

 

"Folge Deinem Glücksgefühl und das Universum wird Dir Türen öffnen, wo vorher nur Wände waren"

Joseph Campbell

 

Leben ist Veränderung: akzeptiere oder verändere

Das war die Kehrtwende. Der Umschwung. "Jetzt wusste ich, dass ich etwas ändern musste. Ich wollte es immer allen zu jeder Zeit recht machen und so sein, wie andere mich gerne gehabt hätten. Nun wurde es Zeit, herauszufinden, was ich selbst wollte.

Ich wollte einfach nur sein, wer ich bin und ein harmonisches Umfeld, in dem ich mich geborgen und verstanden fühle mit meinem Traum an meiner Seite, meiner Musik. Und so begann ich mit dem Frühjahrsputz in meinem Leben, den ich seither immer wieder konsequent wiederhole."

In schwierigen Phasen des Lebens stellt man fest, wer einem wirklich zur Seite steht und wer nicht. "Es ist gut, Menschen um sich zu wissen, die einen ermuntern, etwas zu wagen, an sich selbst zu glauben und darin bestärken, seine Träume zu verwirklichen. Wichtig ist, sich nicht von seinen Träumen und Zielen abbringen zu lassen, egal wie steinig der Weg auch sein wird."

Sabines Familie unterstützt sie. Enge Freunde, ihr Hund "Jamie", ihre Musik und die zahlreichen Fans geben ihr Halt und Zuversicht.

 

"MS ist für mich ein ungebetener Gast. Stell’ Dir ein wunderschönes Haus im Grünen vor mit einer Bank auf der Terrasse. Dort sitzt der ungebetene Gast. Ich grüße ihn zwar freundlich und nehme ihn zur Kenntnis. Aber – ich lasse ihn nicht ins Haus!"

Sabine Schmidt

 

Sabine hat die Krankheit als Teil von sich akzeptiert und ihren Weg mit der MS gefunden. Die Richtung im Leben bestimmt sie selbst. Die Führung möchte sie nicht der MS überlassen. "Wenn ich heute aufstehe, dann lebe und genieße ich den Tag mit jedem Atemzug und bin dankbar. Mindestens einmal am Tag sollte man etwas tun oder sich gönnen, das einen glücklich macht. Und wenn’s nur ein Stück Schokotorte ist. Um festzustellen, dass es noch so viel mehr gibt im Leben, das man oft im Alltagsstress aus dem Auge verliert, braucht es nicht erst eine Diagnose."

Musik ist Medizin für die Seele

Jeder braucht ein Ventil, etwas worin er sich wohlfühlt, was ihn motiviert und stärkt. Bei Sabine ist es die Musik. Der Gesang ist ihr Leben. Bereits als kleiner Wirbelwind übte sie mit dem Schneebesen in der Hand vor dem Spiegel, sang in allen Lebenslagen. "Ich habe so viele Gefühle in mir und weiß oft gar nicht wohin damit, deshalb sind sie in meinem Gesang wunderbar aufgehoben."

 

 

Gänsehaut pur: Lee'Oh mit einer Vorpremiere ihres Songs "Das bin ich" auf dem Aktionstag der AMSEL am 20. Mai 2011.

Seit über einem Jahr schreibt sie auch selbst Texte in Deutsch. Ihre Gefühle, Gedanken und Sehnsüchte spiegeln sich darin wider. Und ihre ausdrucksstarke Stimme verleiht den Songs eine besondere Note.

So auch dem Song, den Lee'Oh - unter diesem Künstlernamen tritt die gebürtige Würzburgerin auf - speziell zum Thema MS geschrieben und der seinen Auftakt zum diesjährigen Welt MS Tag gefunden hat. Zu hören und als Video zu sehen auf ihrer Homepage www.leeoh.de.

Übrigens gibt es den Song noch bis zum 15. Juni 2011kostenlos zum Download. Über eine Spende würde sich AMSEL e.V. natürlich sehr freuen (Näheres im Link).

Ein musikalisches Highlight in ihrem Leben war 2004 der Auftritt mit "Anastacia", der weltbekannten US-amerikanischen Sängerin, in der Olympia-Halle in München vor 12.000 Zuschauern. Doch es geht ihr nicht in erster Linie darum, vor Massen zu singen, sondern vielmehr darum, die Menschen zu erreichen. Mit ihrer Musik, ihrer Stimme, ihrem Herzen. Ob das 10.000 sind oder nur ein einzelner. Die Menschen da zu berühren, wo es am schwierigsten ist – das ist Bines Anspruch, ihre Mission und auch Motivation. Wenn ihre Fans zu ihrem Konzert kommen, um sie zu hören, und die Menschen von ihrer Musik fasziniert und nachhaltig berührt sind, stärkt sie das.

Licht und Schatten

"Ich bin eine Powerfrau durch und durch. Aber wer sehnt sich nicht nach einer Schulter, an die er sich anlehnen kann, wenn er mal schwach ist. Nach einem Menschen an seiner Seite, mit dem man gemeinsam durch die Höhen und Tiefen des Lebens geht." Einen Partner zu finden, ist allerdings nicht leicht. Die Angst der anderen vor der unbekannten Krankheit, vor der ungewissen Zukunft mit MS, ist deutlich für sie spürbar. Doch Angst hat natürlich auch sie, denn der Unberechenbarkeit der MS kann sie sich nicht entziehen. Aber sie versucht sich ihr zu stellen, die Angst nicht gedeihen zu lassen und die MS zu akzeptieren.

Seit ihrem letzten Schub, vor etwa 8 Jahren, ist Ruhe eingekehrt in Bezug auf die Krankheit. Sie geht regelmäßig zur Uniklinik Würzburg, um die motorischen und neurologischen Tests durchführen zu lassen. Vor zwei Jahren waren nach wie vor entzündliche Herde im Kopf zu erkennen. Im Rückenmark waren die Herde zurückgegangen. Bei ihrem letzten Check waren allerdings wieder welche feststellbar. "Aus Angst vor eventuellen Schüben zu meiner Familie in die Nähe ziehen, würde mir auf einer Seite zwar Sicherheit geben, aber zugleich würde ich dem Mann auf der Bank vor der Tür damit die Hand reichen… nein, das möchte ich nicht!"

Redaktion: AMSEL e.V., 08.06.2011