Der richtige Weg

Wie geht man mit gut gemeinten Ratschlägen zur Multiple Sklerose um? Darf oder sollte ein MS-Kranker auch mal Nein sagen? Dieser Frage geht Autor Maximilian Dorner in seiner Kolumne aus Together 03/14 nach.

Kaum schaut man einmal nicht hin, wird einem garantiert bei Facebook oder von Bekannten eine neue Diät empfohlen, oder irgendeine Studie feiert ein vielversprechendes neues Medikament. Wenn man als Kranker alle Ratschläge befolgt, allen Hinweisen nachginge und alle empfohlenen Experten konsultieren würde, müsste man drei Leute einstellen.

Eigenverantwortung als Kranker heißt deshalb vor allem, etwas abzulehnen. Ja sagt sich meist sehr leicht, meist ist es damit verbunden, Verantwortung abzugeben an jemand anderes. Das Neinsagen geht zwar regelmäßig damit einher, jemanden vor den Kopf zu stoßen, denn die meisten Ratgeber meinen es ja gut, sie wollen ja nur helfen. Aber nur ihnen zuliebe auf dieses oder jenes verzichten?

Maximilian Dorner

seit 2000 Autor, Regisseur und Literaturlektor

  • geboren und wohnhaft in München
  • Studium der Dramaturgie an der Bayerischen Theaterakademie
  • u.a. Tätigkeiten als Film- und Hörspielproduzent, Theaterkritiker, Dozent und Dramaturg
  • 2007 Bayerischer Kunstförderpreis für sein Romandebüt "Der erste Sommer"
  • jüngste Publikation "Mein Schutzengel ist ein Anfänger" thematisiert Trost und Heilung
  • www.maxdorner.de

Am Schwierigsten ist es, wenn der Ratschlag von Mitbetroffenen kommt, verbunden mit dem Hinweis, dass ihnen selbst dieses oder jenes unglaublich gut getan hätte. Da hat sich nur eines bewährt (wie sonst auch): Ehrlichkeit. Zu sagen, dass alles seine Zeit braucht. Und der Hinweis, dass nichts wirken kann, wenn man es nicht selbst möchte. Ich habe das so verinnerlicht, dass ich instinktiv erstmal Nein sage, bevor ich nachdenke, warum ich irgendetwas nicht möchte.

Gott sei Dank hat sich eine gute Freundin davon nicht abschrecken lassen, sondern beharrlich solange gebohrt, bis ich "ja" zu einem spirituellen Seminar gesagt habe, von dem ich bis zum Beginn nicht viel mehr wusste, als dass es ihr unglaublich gut getan hätte. Die Zusage erklärte sich, als die Meisterin verkündete, dass es auf einen selbst ankomme. Dass alle Gefühle, auch die unangenehmen, die eigenen seien und man dafür die Verantwortung übernehmen müsse. Ahnte ich es doch.

Ob er auf dem richtigen Weg sei, fragte ein eifriger Teilnehmer und listete auf, was er alles in ihrem Sinne tue. "Nein", antwortete sie. "Du bist nicht auf dem richtigen Weg. Denn den gibt es nicht. Du musst deinen eigenen finden."

Quelle: AMSEL-Nachrichtenmagazin 03/14; Kolumne: Maximilian Dorner; Bild © Christine Schneider

Redaktion: AMSEL e.V., 16.10.2014