Spenden und Helfen

Das Jahr des MS-Kranken

Information, Erfahrungsaustausch, Diskussion und Fun!

 

"Ich freue mich, wenn ich jemandem aus der Isolation helfen kann", sagt Petra Lieb. Die 33jährige aus Kernen hat sich bereiterklärt, als Ansprechpartnerin für junge MS-Kranke zur Verfügung zu stehen. Ein Bild mit ihrer Telefonnummer und E-Mail-Anschrift steckt als "PIN" in einer Broschüre, die im Januar diesen Jahres fertiggestellt wurde.

Auch wenn es sich bei dieser PIN nicht um eine wichtige Geheimzahl handelt, sie ist sehr bedeutsam. Denn Petra Lieb ist Teil des Persönlichen Informationsnetzes, in dem sich Betroffene zusammengeschlossen haben, um MS-Kranken den ersten Schritt zur Kontaktaufnahme zu erleichtern.

"Toll, dass man mit jemandem sprechen, dass man kommunizieren kann", ist denn auch ein unverbindlicher Erstkontakt, der per elektronischer Post (E-Mail) mit ihr zustande kam. Es kamen auch ganz konkrete medizinische Anfragen, "die habe ich an die entsprechenden Stellen weitergeleitet, denn alles kann ich nicht selber beantworten", sagt Petra. Für sie ist es eine gute Sache, und sie hat beim PIN mitgemacht, "um anderen Menschen zu helfen, die genau so betroffen sind wie ich." Auch Ulrich Janke hat kein Problem mit dem PIN. Er ist ein weiterer Ansprechpartner, der im PIN genannt ist. Aus Überzeugung hat er mitgemacht. "Es ist eine gute Sache. Ein Kranker braucht keine Hemmungen zu haben, weil es total anonym ist."

Die AMSEL für junge MS-Betroffene

Beide haben zusammen mit Petras Ehemann Dietmar und Ilona Pfeiffer auch an der Broschüre mitgewirkt, in der der PIN eingesteckt ist. Sie heißt "Mut braucht Sicherheit" und trägt den Untertitel "Die AMSEL für junge MS-Betroffene". Die Broschüre ist aber nicht nur für junge MS-Betroffene, sie ist auch von jungen MS-Betroffenen. Denn die vier gehören dem Alter nach alle zu denjenigen, die bei den AMSEL-Kontaktgruppen den Jungen Initiativen zugerechnet werden, auch wenn Dietmar sagt: "Ich bin jetzt 36. Für einen 15jährigen ist das auch schon alt."
Und sie alle wissen aus ihren vielen Kontakten mit jungen MS-Kranken, welche Themen junge MS-Kranke interessieren. "Die stehen im Beruf, haben eine Partnerschaft und sie beschäftigen einfach andere Themen, als Leute, die schon etwas älter sind." "Meine Leute haben schon immer gesagt, dass etwas fehlt", begrüßt Petra deshalb die neue Broschüre, die "durchweg positiv aufgenommen wird." Nicht nur die Themen, auch die frisch-freche Aufmachung kommt an.

Zahlreiche Maßnahmen in 2002 geplant

"Mut braucht Sicherheit" ist neben einer weiteren Broschüre "Diagnose MS - Seelische Probleme und Krankheitsbewältigung" Teil eines Aktionsbündels, mit dem die AMSEL 2002 speziell junge MS-Kranke ansprechen will. Sie hat dieses Jahr zum "Jahr des jungen MS-Kranken" ernannt, um gerade den Jungen gezielt aufbereitete Informationen zu bieten, und um darauf aufmerksam zu machen, dass die MS in Deutschland zu den häufigsten neurologischen Erkrankungen des frühen und mittleren Erwachsenenalters gehört. Petra und Uli kennen sogar Jugendliche, die MS haben, in der Waiblinger Gruppe ist der jüngste MS-Kranke 14 Jahre, in der Göppinger Gruppe von Uli Janke 16 Jahre.

Aktionstag mit Information und Kurzweil

Zu diesem Paket aus Broschüren und dem PIN gehört auch ein Aktionstag im Juli, zu dem junge MS-Kranke bis 40 Jahre nach Stuttgart eingeladen werden. Sie erwarten Informationen, Diskussionen, Erfahrungsaustausch, Kultur und Unterhaltung. Ein anspruchsvolles Programm, aber auch eines, das Spaß machen soll. In lockerer Atmosphäre, eingerahmt von kulturellen Angeboten, soll es ein Tag der Begegnung sein. Fragen "Wie erhalte ich meine Autonomie", "Wie sieht es mit Partnerschaft und Sexualität aus", "Wie lassen sich Elternschaft und MS vereinbaren", "Was ist mit Ausbildung und Berufsausübung als MS-Kranker" und "Was erwarten junge MS-Betroffene von der AMSEL" sollen an dem Tag, an dem für sie auch Kurzweil und Entspannung angeboten wird, in lockerer Runde bearbeitet werden. Für die Kleinen gibt es ebenfalls "Action" in der Kinderbetreuung: mit Malen, Spielen, Zaubern.

Alle vier finden die Idee gut. "Die Jungen sollen sehen, dass sie in der AMSEL nicht vergessen sind", sagt Ilona, Hausfrau und Mutter und Leiterin der Kontaktgruppe in Buchen. Bei ihnen gibt es bisher keine Junge Initiative, die sich in regelmäßigen Abständen beim Stammtisch oder zu gemeinsamen Unternehmungen trifft. Ihr Kontakt zu den Jungen läuft auf persönlicher Ebene. MS-Kranke, die sich bei ihr melden (ihre Telefonnummer hat sie in die Rubrik "Wichtige Adressen" der örtlichen Tageszeitung eintragen lassen), aber sich nicht der Gruppe anschließen wollen, werden von ihr sporadisch wieder angerufen oder wenn es möglich ist auch besucht. Ein loser Kontakt, so wie ihn die Jungen wünschen, aber einer, der hält.

Unverbindlicher Kontakt

Und der lose, unverbindliche Kontakt, das sagen alle, ist das, was viele junge MS-Kranke möchten. Und den die AMSEL ihnen verstärkt bieten will. Zum Beispiel auch durch ihre neuen Internetseiten. Denn bei diesem Medium ist das Alter keine Frage, die im Vordergrund steht. Hier kann sich jeder vollkommen anonym diejenigen Informationen abrufen, die für ihn notwendig sind. Hier kann man sich im Forum auf einer unverbindlichen Ebene treffen, um Erfahrungen auszutauschen, und hier kann der unverbindliche und anonyme Kontakt zu MitarbeiterInnen der AMSEL, ehrenamtlichen und hauptamtlichen, per E-Mail aufgenommen werden. Uli glaubt, dass gerade das Unpersönliche, Anonyme des Internet auch seine Attraktivität ausmacht. "Man kann es sich zu Hause bequem machen, und auf einfachste Weise kommt man an alle Informationen, die man möchte. Ich wäre am Anfang froh gewesen, wenn ich die Möglichkeiten gehabt hätte."

Redaktion: AMSEL e.V., 22.04.2002