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Blut-Hirn-Schranke, Darm, Impfung gegen MS

Ist eine Impfung gegen MS denkbar? - Unter anderem diese Frage beantwortet Prof. Ari Waisman aus Mainz per Video.

Prof. Ari Waisman ist Sobek-Forschungspreisträger 2016. Der aus Brasilien und Israel stammende Wissenschaftler arbeitet in Mainz. Ein Großteil seiner Forschung gilt der Multiplen Sklerose. Über drei wichtige Forschungsthemen berichtet Waisman im Interview mit MS.TV:

Die Blut-Hirn-Schranke dient dazu, unser Gehirn und Rückenmark, kurz: das ZNS vor Eindringlingen wie zum Beispiel Viren zu schützen. Bei gesunden Menschen funktioniert sie: Sie macht "zu" für fast alle Zellen, bis auf wenige, die auch im Zentralen Nervensystem gebraucht werden, um Infektionen abzuwehren.

Bei MS-Erkrankten schließt diese Schranke nicht richtig. Das IL-1 (Interleukin-1) hängt damit zusammen. An einem Mausmodell, dem der Rezeptor für IL-1 fehlt, konnten Waisman und sein Team zeigen, dass hier auch die Anfälligkeit für eine Maus-MS deutlich sank. In einem anderen Mausmodell wiederum zeigten die Wissenschaftler, dass sich die Blut-Hirn-Schranke überwinden ließ, also in die andere Richtung funktionierte. Das könnte die Grundlage bilden für weitere Therapieansätze.

Heißes Thema: Darm und MS

Ein "Hot Topic" unter den MS-Themen ist das Mikrobiom des Darms. Denn es gibt einen Zusammenhang zwischen der Zusammensetzung des Mikrobioms und dem Gehirn, was eine MS begünstigen kann. Einen Nachweis dazu lieferten Waisman und Team mit einem weiteren Mutations-Mausmodell, das resistent gegen Maus-MS ist. Auffällig an diesen Tieren: Ihr Mikrobiom unterschied sich von dem nicht-resistener Tiere. Nun gilt es, den Mechanismus dahinter zu verstehen, um daraus mögliche Behandlungsansätze für die MS beim Menschen zu entwickeln.

Was ist dran an der Impfung gegen MS?

"Ist eine Impfung gegen Multiple Sklerose denkbar?" – so lautet der Vortragstitel von Prof. Ari Waisman auf der Sobek-Preisverleihung 2022. Für MS.TV hat Waisman diese Frage vorab beantwortet. Wobei man schon unterscheiden muss: Während eine Impfung sich normalerweise an Gesunde richtet, um sie beispielsweise vor einer Virusinfektion zu schützen, geht es bei der "MS-Impfung" um eine Impfung von bereits Erkrankten. Doch das Prinzip der mRNA-Impfung ist das gleiche.

Zusammen mit Biontech-Chef Uğur Şahin jedenfalls konnten Waisman und Team die RNA von bestimmten Proteinen, die zum Myelin gehören, im Mausmodell testen. Und tatsächlich: Diese "Impfung" stoppte die Immunantwort, stoppte die Maus-MS. Eine baldige Impfung gegen menschliche MS liegt allerdings vermutlich noch Jahre entfernt, wenn nicht Jahrzehnte, sofern es gelingt, die Impfung auf den Menschen zu übertragen. Was derzeit bleibt, ist ein hoffnungsvoller Ansatz. Und viel Motivation, hier weiterzuforschen.

Übrigens: Auf der diesjährigen Sobek-Preisverleihung wird Prof. Waisman als ehemaliger Preisträger ein Update zu seiner MS-Forschung geben und über die Ergebnisse berichten, die er auch dank des Preisgeldes der Sobek Stiftung in Höhe von 100.000 Euro erzielen konnte. Im MS.TV-Video fasst er schon jetzt zusammen, was sich getan hat.

Redaktion: AMSEL e.V., 22.07.2022