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Alltagsbewältigung bei MS im Fokus auf dem AMSEL-Thementag

Information und Austausch standen beim Thementag „Alltagsbewältigung bei MS“ und der 47. Mitgliederversammlung der AMSEL am 23. Juli 2022 im Mittelpunkt. Neben hilfreichen Informationen zu Resilienz und zu Ursachen, Therapie- und Hilfsmittelmöglichkeiten bei Blasen- und Darmfunktionsstörungen erfuhren die Teilnehmer Aktuelles zur MS-Therapie, zum Epstein-Barr-Virus sowie zu COVID-19 und MS.

Trotz hochsommerlicher Temperaturen kamen rund 200 Teilnehmer in der Filderhalle in Leinfelden zusammen. Am Vormittag lud ein Thementag zu drei kurzweiligen Vorträgen zu Blasen- und Darmfunktionsstörungen und zur seelischen Widerstandskraft (Resilienz) ein. Auf der Mitgliederversammlung am Nachmittag standen Information und Austausch über Aktuelles zur MS und aus dem Landesverband auf dem Programm – untereinander und auch mit dem Vorstand der AMSEL und MS-Experten vor Ort.

Mehr Lebensqualität durch mehr Wissen

Für viele ein Tabu behaftetes Thema und umso wichtiger, offen darüber zu sprechen: Blasen- und Darmstörungen bei MS. Denn bis zu 80% aller MS-Betroffenen entwickeln sie im Laufe der MS-Erkrankung. Dass vor allem auch Blasenstörungen so häufig vorkommen, liege auch daran, dass die Nervenkontrolle über die Blase über das gesamte Nervensystem verteilt sei, so Renate Hofreiter, Fachärztin für Neurologie an der Marianne-Strauß-Klinik in Berg, die Blasen- und Darmfunktionsstörungen und ihre Therapie aus medizinischer Perspektive einordnete. Ulrich Hoffmann von Coloplast Homecare stellte mögliche Hilfsmittel vor.

Um richtig therapieren zu können, müsse die Art der Störung auch richtig charakterisiert werden, denn die Symptome alleine lassen nicht immer auch auf die Art der Störung schließen. Daher sei eine genaue Anamnese und Diagnostik unerlässlich. Mit einer zielgerichteten Therapie lasse sich nicht nur die Lebensqualität erhöhen, sondern auch sozialem Rückzug und möglichen schweren Folgen wie Harnwegsinfekten, Nierenbeckenentzündungen, Nierenschäden oder einer lebensgefährlichen Urosepsis entgegenwirken.

Die erfahrene Neurologin Renate Hofreiter ging sowohl auf medikamentöse Möglichkeiten bei Blasen- und Darmstörungen ein, auf Hilfsmittel wie verschiedene Katheter, die Möglichkeiten der Neuromodulation, aber auch darauf, wie jeder einzelne mit persönlichen Verhaltensänderungen bei Ernährung und Trinkverhalten die Blase und den Darm positiv beeinflussen könne. Denn eine ausreichende Trinkmenge (1,5 – 2 Liter pro Tag), gerade auch bei vermehrter Drangsymptomatik und zunehmender Inkontinenz, kann mitunter vor möglichen Infekten schützen.

Hilfsmittelspezialist Ulrich Hoffmann ergänzte den Vortrag seiner Vorrednerin mit der Vorstellung unterschiedlicher Versorgungsmöglichkeiten. So ging er auf die unterschiedlichen Hilfsmittel bei Blasenentleerungsstörungen bei Frau und Mann, Inkontinenz und Restharn ein. Hoffmann stellte intermittierende Kathetersysteme vor, die sich in Länge, Durchmesser, Art der Spitze und Gruppe unterscheiden können, wie auch die Unterschiede zwischen transurethralen und suprapubischen Dauerkathetern. Im Bereich der Darmentleerungsstörungen unterschied Ulrich Hoffmann ebenfalls die Art der Störung und stellte die therapeutische Pyramide des Darmmanagements und die damit abgestuften Maßnahmen vor.

 

Mehr Lebensqualität durch Resilienz

Wie man mit Hilfe von Resilienz schwierige Situationen bewältigen kann, zeigte Diplom-Psychologin Heike Meißner, Leitung Neuropsychologie am Neurologischen Rehabilitationszentrum Quellenhof. Resilienz (psychische/seelische Widerstandsfähigkeit) sei die Fähigkeit, Krisen zu bewältigen und sie durch den Einsatz persönlicher und sozial vermittelter Ressourcen zur eigenen Weiterentwicklung zu nutzen. Oder einfacher ausgedrückt: Resilienz ist die Fähigkeit, aus Zitronen, die einem das Leben reicht, Limonade zu machen.

Die klinische Neuropsychologin GNP und psychologische Psychotherapeutin ist überzeugt davon, dass jeder Resilienz (weiter)entwickeln und stärken könne. Resilienz sei einigen Menschen genetisch zwar in die Wiege gelegt, aber ungünstige genetische Voraussetzungen könnten durch ein gutes Umfeld und positive Erfahrungen ausgeglichen werden. Außerdem gebe es sieben protektive Faktoren, die so genannten sieben Säulen der Resilienz, die helfen können, der MS gestärkt zu begegnen: Optimismus, Akzeptanz, Selbstwirksamkeit, Verantwortung, Netzwerkorientierung, Lösungsorientierung und Zukunftsorientierung.

Nach dem Thementag ging es am Nachmittag für die Teilnehmer ebenso informativ weiter: Geschäfts- und Finanzbericht 2021 und Haushaltsplan 2023 waren die satzungsgemäßen Tagesordnungspunkte, über die die 47. ordentliche Mitgliederversammlung der AMSEL zu entscheiden hatte. Der Bericht des Neurologen im Vorstand der AMSEL über Aktuelles zur MS, Epstein-Barr-Virus und MS und COVID-19-Impfung und MS ordnete allgemeine Meldungen ein und rückte manche Unklarheiten gerade.

Redaktion: AMSEL e.V., 27.07.2022