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Aktionstag 2015, erster Tag

Der Samstag in Bad Boll stand vor allem unter dem Zeichen von Bewegung und Entspannung. Ob Hippotherapie, Togu Brasils, Line Dance oder Klang: Die Teilnehmer nutzten die Chance Neues auszuprobieren. Zu sehen auch in der Bildergalerie.

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Aktionstag 2015:Information und Begegnung, Entspannung und Bewegung – all das gab es auf dem 10. Aktionstag der AMSEL.

Beim 10. Aktionstag der AMSEL für junge Menschen mit Multipler Sklerose war - wie immer - einiges geboten. Über 180 Teilnehmer kamen vergangenen Samstag nach Bad Boll. Um sich zu informieren. Um andere Betroffene kennenzulernen. Um sich zu verausgaben und danach zu entspannen, oder auch umgekehrt.

Gerade jüngere Betroffene haben manchmal Berührungsängste, gehen nicht unbedingt gern zu Gruppentreffen. Zum einen ist die eigene MS vielleicht kein so großes Thema für sie. Zum andern, weil sie befürchten, mit zu viel Leid von anderen konfrontiert zu werden. Ihnen bietet die AMSEL mit dem Aktionstag einen geschützten Raum unter sich, um über Multiple Sklerose zu sprechen oder auch nur Neues zu erfahren und Sport- und Entspannungsübungen auszuprobieren.

Prall gefüllt mit Informationen

Prall gefüllt mit Infos ist gleich das Auftaktreferat von Prof. Hayrettin Tumani: "Qual der Wahl: Welches MS-Medikament ist das richtige für mich ?" Der Geschäftsführende Oberarzt der Klinik und Poliklinik für Neurologie der Universität Ulm gibt einen Abriss über das Stufentherapieschema zur Behandlung der Multiplen Sklerose. Der Ulmer geht zu jedem einzelnen Wirkstoff ins Detail, spricht über Wirkung und Nebenwirkung, über mögliche Voraussetzungen und Kontrollen.

Anhand von 2 Patientenbeispielen zeigt der Neurologe, wie komplex die Therapie-Entscheidung heute geworden ist, denn es sind zumindest für CIS und den schubförmigen Verlauf mittlerweile 13 Wirkstoffe zugelassen. Im Foyer beantwortet er hernach noch Fragen von einzelnen Betroffenen.

Aktiv und bewegt

Diese haben dann die Wahl zwischen 7 völlig verschiedenen Workshops. Bunter könnte das Programm kaum sein. Draußen und in der Tiefgarage werden Pedelecs erprobt. Das sind Fahrräder mit elektronischer Tretkraftunterstützung. Es gibt sie auch als Dreirad und damit lässt sich sprichwörtlich der eigene Horizont, allemal der Aktionsradius erweitern. Optimal bei Fatigue oder Problemen mit der Balance.

Hoch zu Ross, nämlich auf Perla und Jarwa, den beiden Isländern der Hippotherapie Lamprecht, drehen die Teilnehmer ihre Runden. Sie trotzen damit dem Nieselregen und für manchen ist das Reiten eine ganz neue Erfahrung. So etwa für Astrid - "Beim 2. Mal war es entspannter" -, die staunt, wie positiv sich das Reiten auswirken kann. Sie überlegt, ob sie nun nicht regelmäßig Hippotherapie macht. Myriam hingegen ist bereits ein Jahr lang geritten und kennt die Vorteile schon: "Ich kann danach besser laufen, bin stabiler im Rumpf und habe seitdem keine Rückenschmerzen mehr."

Etwas bodenständiger geht es beim Line Dance zu. Hier tanzen Mann wie Frau in Gruppen vor- und hintereinander, meist in Reihen oder "Linien", daher auch der Name. Und keineswegs kann man Line Dance nur zu Country Musik tanzen, nein auch Rock und Pop sind möglich. Momentan erlebt Line Dance wieder einen kleinen Hype. Die begeisterten Teilnehmer kommen ganz schön aus der Puste, aber nur selten aus dem Rhythmus.

Ebenfalls rhythmisch geht es zu bei der Session für / mit Leib und Seele. Körpereinsatz ist gefragt, rund 10 verschiedene Trommeln, Rasseln und Röhren werden bespielt, auch die eigene Stimme hinzugenommen - und bis zu vierchörige Stücke ertönen, von nur 9 Leuten. Ein weithin hörbares Vergnügen.

Ebenso bewegt und musikalisch entpuppt sich der wohl exotischste unter den Workshops: Togu Brasils sind längliche Igelbälle mit einer Füllung aus Kügelchen. Sie trainieren die Tiefenmuskulatur, wenn man sie - in jeder Hand einen - schüttelt und außerdem massieren die Noppen die Handinnenflächen. Rund 20 Leute bewegen sich bei diesem Workshop mit ihren stacheligen Gummishakern. Nach einem ersten Fühlen und Werfen geht's schnell an die Übungen. Zunächst im Sitzen, dann stehend und gehend und schließlich zu Musik. Fazit hinterher bei den meisten: Sie seien verschwitzt, aber glücklich.

Gaaaanz entspannt

Völlig entspannt haben sich die Teilnehmer beim Klangkonzert. Klangschalen werden aus 8 verschiedenen Metallen gefertigt; darum klingen sie so lange, weiß Rolf Helle, Leiter der AMSEL-Regionalstelle Südbaden zu erzählen. Jeder durfte wählen zwischen 2 Schalen und wo diese dann stehen sollen. Schon diese Vorbereitung wird zum kleinen Ritual.

Die einen legtn sich längs auf den Boden, andere lehnen im Schneidersitz an der Wand, wieder andere bleiben einfach auf ihren Stühlen sitzen, haben die Schale entweder auf dem Schoß oder balancieren sie auf dem Kopf. Der Kursleiter macht seine Runden, schlägt hier ein Mal, dort mehrfach an. Ein sich allmählich modulierender Klang oszilliert durch den Raum. Das kann lösend oder kräftigend wirken. Roland zeigt sich hinterher ganz begeistert: Er brauche seinen Stock grade gar nicht mehr, so gut habe ihm das Klangkonzert getan.

Eine ausgewogene Mischung aus Praxis und Theorie erwartet die Teilnehmer des Workshops "Genuss mit allen Sinnen - eine Schatzkiste für den Alltag". Wir meinen oft zu genießen, dabei konsumieren wir mehr. Mit den 4 Aspekten der Achtsamkeit - bewusst handeln, beschreiben ohne zu bewerten, akzeptieren und beobachten - lassen sich die Genussmomente des Alltags anders erleben und unsere Zufriedenheit steigern.

Monika Karl, Leiterin der AMSEL-Regionalstelle Nordbaden hat in der Raummitte eine große Tafel mit Schokolade und Rosinen, Seife, Duftölen, Igelbällen und vielem mehr arrangiert. Gemeinsam mit den rund 30 Teilnehmern übt sie Achtsamkeit, etwa mit geschlossenen Augen ins Innere des Körpers zu spüren, den Bodenkontakt mit den Füßen erfühlen, die eigene Atmung etc. oder auch ins Äußere: Mit offenen Augen den Raum betrachten, die Tafel und so fort, ohne dabei zu bewerten. Das empfinden die Teilnehmer am schwersten. Was man denn machen solle, wenn man doch wertet, fragt Daniela. Die Antwort: Das ist schon der erste Schritt: zu bemerken, dass man wertet und es daraufhin sein zu lassen. Die Übungen könne man immer mal machen für eine halbe Minute, wenn man gestresst ist, zum Beispiel nach einem Telefonat.

Bei einem gemeinsamen Essen und anschließender Karaoke lassen die Teilnehmer, Referenten und das AMSEL-Team den Tag ausklingen und schöpfen Kraft für das Sonntagsprogramm.

AMSEL dankt den Firmen Almirall, Biogen Idec, Genzyme, Merck Serono, Novartis und Teva für die Unterstützung bei der Durchführung dieses besonderen Events für junge MS-Kranke.

In den kommenden Tagen lesen Sie auf AMSEL.DE, wie der zweite Teil des Aktionstagswochenendes war.

Redaktion: AMSEL e.V., 28.04.2015