netter Versuch Karlchen,

Zum Glück darf ja jeder seine eigene Meinung haben.

Liebe Grüße
Kerstin

Hallo Kerstin,

über die Wortwahl läßt sich trefflich streiten. Ob nun “Hirnschaden” oder emotionale Defizite oder wie auch immer es bezeichnet wird.

Viel wichtiger ist mir der Aspekt, dass heute allgemein die Ansicht vorherrscht, das es sich dabei immer um “Charakterschwächen” handelt. Maximal wird noch der Aspekt der schlechten emotionalen Verarbeitung einer unheilbaren Krankheit zugestanden.

Aber es gibt bereits wissenschaftliche Untersuchungen die von einem erhöhten Aggressionspotential und verschlechteter Emotionssteuerung aufgrund organischer Beeinträchtigungen des ZNS sprechen.

Denn natürlich ist auch das Gehirn an der Hormonsteuerung beteiligt bzw. ihr unterworfen.

Ein weiteres Beispiel wäre, wenn einer der Frontallappen betroffen ist. Oder ein Bereich wie der Balken der für die Vernetzung der beiden Hirnhälften verantwortlich ist. Oder Bereiche wie z.B. die Amygdala.

Es verkompliziert die ohnehin schon schwierige Pflegesituation noch ungleich mehr wenn nicht nur motorische Bereiche pflegerische Anforderungen stellen.

Dazu die konsequente Verleugnung so wohl durch die Patienten wie auch durch Ärzte und Betreuer. Besten Falls wird noch mit Antidepressiva gearbeitet, die aufgrund ihrer Struktur eher dazu geeignet sind als Brandbeschleuniger in einem ohnehin schon überlasteten, weil geschädigten, System zu dienen.

Was aber tun? Es gäbe zwar den Bereich der Neuropsychologie, aber dieser wird von beiden Seiten meist als reiner Leistungsgradmesser für den kognitiven Bereich gesehen. Der emotionale Teil wird außer bei ganz groben Verhaltensabweichungen ignoriert.

Aber wie bei allen Axonenschäden gibt es hier viel mehr grau als schwarz/weiß. Es gib ja auch immer wieder gerade bei MS viele volkstümliche Missverständnisse du Empörungen wenn ein Rollstuhlfahrer sich an einem Treppengeländer hochziehen kann um den Rollstuhl hinterher zu ziehen und so das Hindernis zu überwinden.

Scham auf der einen Seit und Nichtverstehen bei den anderen. Wie sich das dann wohl bei emotionalen Bereichen auswirken mag?

Wie funktioniert z.b. Liebe, Wut oder Sympathie im Gehirn und was wenn genau diese Bereiche betroffen sind und ähnlich schwankend funktionieren?

Es ist ein sehr weites und breites Feld und wird zusätzlich noch von Verleugnung und Verdrängung von allen Seiten domminiert.

Meiner Ansicht nach kann aus pflegerischer Sicht nur helfen zu beobachten, auf seine eigene Urteilfähigkeit zu vertrauen und der leider nicht vorhandene Bereich der Supervision bzw. Mediation.

So, langer Text und damit will ich es gut sein lassen, da ich schon ahne wie manche Betroffene schon die Messer wetzen um hinterher nach einem virtuellen “Sieg” doch keine emotionale Befriedigung zu finden.

Übrigens auch eine sehr spannende Forschung, das durch MS gestörte bzw. zerstörte Belohnungssystem im Gehirn. Obwohl wenn ich mir unser Land so ansehe ist hier die Mehrzahl der Fälle sicherlich nicht auf organische Hirnschäden zurück zu führen.

Ich wünsche dir viel Spaß und Zufriedenheit bei deiner Arbeit und denke schon, dass du ohnehin gut genug dafür gerüstet bist.

Hey Southwestern, das war sehr verständlich erklärt !

Du hast in jedem Punkt recht.

Nicht nur die Sache mit der Agressivität, trifft auf mich voll zu.

In erster Linie ärgere ich mich über mein Unvermögen,

quasi einfache Dinge nicht mehr zu können.

Oder wenn einfachste Handgriffe beim 3 x mißlingen.

Wütend werde ich auch, wenn etwas nicht nach meinem Gutdünken läuft.

( gut das ich kein Autofahrer mehr bin, sonst wären lauter Idioten auf der Straße )

Das alles kannte ich vor meiner MS nicht !

Natürlich ändert sich kolossal das Bewußtsein.

Vielen Dank @Suedwest,

für deine ausführliche und schlüssige Ausführung.
Bisher musste ich mich noch nicht mit Wesensveränderungen meiner MS-ler
auseinander setzen. Ich werde jedoch diese Möglichkeit zukünftig in Betracht ziehen.

Ich glaube, dass ich mittlerweile verstehe, worauf du mich hinweisen möchtest.
Vielen Dank, das hilft mir weiter.

Liebe Grüße
Kerstin