Ich leide wohl seit 15 Jahren an MS. Eigentlich habe ich das schon immer gewusst, wurde aber von meiner Ärztin nicht ernst genommen und habe mich seither mit meinen Behinderungen arrangiert. Nach knapp 15 Jahren kommen die Einschläge langsam näher. Dennoch habe ich fast den Eindruck, dass MS durch diverse Dokus und Berichte regelrecht dramatisiert wird. Praktisch jeder in Deutschland kennt MS, dabei gibt es viel schlimmere chronische Erkrankungen.

Wer zB. MS auf Youtube eingibt, sieht immer nur die ganz krassen Fälle aber nie diejenigen die mit Einschränkungen ein völlig normales Leben leben. Das trifft auch auf UK zu, auf andere Länder hingegen nicht. Wird MS falsch dargestellt? Was ist mit den kognitiven Einschränkungen? Warum werden diese nie erwähnt, obwohl Fatigue einer der Hauptgründe ist warum ein Betroffener nicht mehr arbeitsfähig ist. Es gibt kaum eine Krankheit, die so bekannt ist und so viel Betroffenheit auslöst (neben einer Krebserkrankung). Einfach nur weil wir Klicks und Geld bringen? Oder noch provokanter gefragt: Bringt ein Rollstuhl mehr Aufmerksamkeit als eine Fatigue, Depression oder Gangprobleme?

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Immerhin sind sich alle einig, dass wir bald alle an den ,Rollstuhl gefesselt sind". Gott im Himmel, wie ich diesen Satz hasse.

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Kommt darauf an welche Inhalte man sich ansieht. Der einzige „MS-Vlog“ den ich regelmäßig auf YouTube verfolgt habe, ist der von einer Betroffenen, die nach der Diagnose auf Weltreise gegangen ist. Und dann auch ausgewandert ist. Sie erlebt da auch so ihre Höhen und Tiefen, aber alles in allem finde ich den Vlog ganz erfrischend.

Also ehrlich wenn man MS im TV sieht werden wir MSlern als dem Tode geweiht dargestellt aaaaaaaaaaaber über die Pharma wird MS verharmlost… wenn ich sehe, daß damit geworben wird eine Frau läuft mit hochhackigen Schuhen rum. Das kann ich schon seit über 20 Jahren nimmer. Im Business bin ich meist mithochhackigen Schuhen rumgelaufen.
Ich bin schon seit Jahren berentet und habe Pflegegrad. Ja ich laufe noch aber wie
manchmal. Ich hab Bobby heute früh in den Garten gelassen und der kleine hatte mal wieder seinen Rappel und ließ sich nicht aus dem Beet locken. Es ist alles andere als easy auf unebenem Boden zu laufen….:angry::angry::angry:

Ich habe manche meiner Fähigkeiten durch die MS verloren. Aber die Pharma kann sie mir nicht wieder geben, trotz üben….d

Ich kann die bisherige Einschätzung überhaupt nicht teilen! Dabei geht es mir gar nicht um Tod, unkontrollierbaren Speichelfluss, Inkontinenz, …

Rollstuhl wollte ich gar nicht schreiben, dass wäre so oder so Blödsinn!

Nein, die Frage stellt sich nach dem Nutzen eines MSlers für eine egoistische, leistungsorientierte und in Tendenzen unsozialen und ignoranten Gesellschaft.

MSlerInnen haben hier keine guten Voraussetzungen mit ihren Einschränkungen auf lange Sicht zu bestehen. Vielleicht kann man durch Personality dieses Spielchen noch länger mitmachen, wenn man will. Geschenkt wird einem nichts.

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Ich denke, das ist ein Phänomen der Medien und nicht MS-spezifisch.
Dramatische Fälle bringen Aufmerksamkeit, Zuschauerquoten, Klicks.

Wer sollte sich für einen Bericht über mich interessieren und was sollte da überhaupt berichtet werden? Bei mir gab es schon vorher nichts spektakuläres und seit MS erst Recht nicht.

Entweder tragisch oder Dank Pharma oder alternativen Methoden alles ganz easy und entsprechend reißerisch dargestellt. Dazwischen bringts nicht.

Sehr gute Einschätzung zum Thema, kann ich gut teilen.

Aber was meinst du mit Personality?
meinst du das im Zusammenhang mit Assistenz?

Damit meine ich, das wenn man ein “seltenes Know How” hat, die Infrastruktur stimmt und die Einschränkungen es zu lassen, man in der Gesellschaft - unabhägig von der MS - eine gefragte Stimme haben kann.

Wenn man sich dessen bewusst ist, kann man durchaus auch mal fordernd “durch die Welt gehen”.

PS: In dem Zusammenhang habe ich - durch einen Impuls von außen - auch mal über die Realisierung im Zusammenhang mit einer Assistenz phillosophiert. Ich denke, dass das auf diesem Level nicht richtig geht. Muss ja auch nicht. Man darf auch mal krank und pflegebedürftig sein! Für immer, für immer, … :pleading_face: :laughing: :disappointed:

Über- und Unterdramatisierung hat beides so seine Vor- und Nachteile.

Wird die MS zu lasch dargestellt, hat kaum einer mehr Verständnis für unsere Situation und dafür, dass manches eben nur noch mit Einschränkungen geht. Dann heißt es eben „Was stellen die sich so an, gibt doch viel schlimmere Krankheiten“

Wird es wiederum einseitig zu dramatisch dargestellt, traut die Gesellschaft inkl. den Arbeitgebern MSlern nichts mehr zu…

Wie dramatisch es tatsächlich ist, kommt halt stark auf den individuellen Verlauf an. Ein leichter Verlauf ist bestimmt gut zu handeln. Bei einem aggressiven Verlauf sieht das schon ganz anders aus und eine solche tickende Zeitbombe medikamentös in Schach zu halten ist ebenfalls kein Spaziergang.

Und noch ein kleiner Nachtrag bzgl Bekanntheit und Betroffenheit: kaum einer in meinem gesamten Umfeld kannte diese Krankheit.

Auch diejenigen, denen ich es erklärt habe fragen mich noch heute teilweise Dinge wie „Was war das nochmal? Muskelschwund? Ein Immunvirus?“ :sweat_smile:

Besonders viel Betroffenheit löst die Krankheit meiner Erfahrung nach auch nicht aus. Viele Menschen haben eine Abneigung gegen alles vermeintlich „Schwache“ ( Krankheiten, Behinderungen usw.) und wollen sich nicht damit auseinandersetzen.

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Ja stimmt, die Betoffenheit verfliegt gleich mal… :thinking:

Teile aber meine Krankheit nicht mit der ganzen Welt! Bedauernde Blick und ein “falsches” wie geht es dir?? von jedermann brauche ich eh auch nicht! :grimacing:

In jungen Jahren habe ich in einem Betrieb gearbeitet wo die Chefin einen sehr schweren Verlauf hatte und ich SIE immer mit sehr viel Respekt beobachtet habe! Erst kürzlich habe ich erfahren - kurz vor meiner eigenen Diagnose - das im Nachbarort es eine Frau auch ziemlich schwer erwischt hatte… wieder sehr großer Respekt…

…und jetzt hat es mich selber erwischt… Zufall?? Schicksal?? :- :face_with_peeking_eye:

Muss mich auch selber bei der Nase nehmen, man beobachtet - zumindest mach ich das - genauer wie “schlimm” sich die Betroffenen schon bewegen, wenn man sie zufällig wo sieht! Kann dann vor lauter Starren oft gar nicht absehen… Ist das unhöfliches, fslsches Mitleid oder die Angst in einem - wann ist es bei dir auch so weit… :- :face_exhaling:

Glg
Doxi

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Ich muss zugeben, ich vergleiche schon auch 🫣 Wenn ich zB in der MS-Ambulanz bin. Ich glaube das ist menschlich. Man schaut halt wie es den anderen Betroffenen augenscheinlich so geht.

Im umgekehrten Sinne wurde ich in der Infusionsambulanz aber auch schon von einer anderen Betroffenen leicht „vorwurfsvoll“ gefragt, was ich denn hier mache und wieso Ocrevus „sieht doch alles noch ganz fit aus“ meinte sie :sweat_smile:

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Mir fällt auf, dass MS immer noch hauptsächlich mit motorischen Ausfällen in Verbindung gebracht wird. Wenn man also laufen kann, ist man ja noch ganz gut beieinander.Ich glaube, es ist gar nicht so bekannt, dass MS nicht immer nur mit dem Gangwerk zu tun haben muss, sondern auch noch ganz andere erhebliche Probleme mit sich bringen kann.

Also ich muss sagen, dass wenn ich MSler oder andere Menschen mit Erkrankungen und Behinderungen kennenlerne, die Defizite da eigentlich gar nicht so im Vordergrund stehen und auch nicht dauernd Thema sind. Leute sind ja so viel mehr als das.

In den Medien wird halt entweder dramatisiert, oder runtergespielt. Ich guck mir sowas schon lange nicht mehr an. Ich les auch keine Berichte über neue sensationelle Supertherapien, die am nächsten Tag eh schon wieder im Erdboden verschwinden.

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Da kann ich dir zu 100% zustimmen.

Ganz häufig, auch in Bezug auf den EDSS-Wert geht es eigentlich immer hauptsächlich um die Gehfähigkeit. Dass zB auch die Hände nicht mehr funktionieren können und man auch dadurch schnell hilfsbedürftig und arbeitsunfähig werden kann (obwohl man noch kilometerweit gehen kann), wird oft außer acht gelassen.

Mal ganz abgesehen von kognitiven Einschränkungen etc. und anderen unsichtbaren Symptomen.

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Genau. Und grade bei kognitiven Sachen darf man sich dann dauernd rechfertigen und ist schnell ein Simulant.

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Ich kann Deine Erfahrungen nachvollziehen. Teilweise habe ich sie selbst gemacht.

Das läßt mich - bezogen auf den Threadtitel - zu dem Schluß kommen, dass eine eventuelle Dramatisierung nicht für das gesamte Volk gemacht wird, sondern für MSlerInnen als Zielgruppe.

Ehrlich halte ich es für naiv glauben man könne MS mit Medis beherrschen halte ich nach dem was ich in meinem Umfeld so beobachte…
Stimmt ich bin die Minimalistin vom Dienst. Was gerne bei viel hilft viel vergessen wird, das zunehmende Alter, NW der Medis, weitere Erkrankungen, z.B Spätfolgen der Medis…
Ok gerade bin ich ich in Hochfranken, hab im ersten Stock gesaugt und bin gerade total ko. Thema Kraft. Früher hatte ich einen großen Haufen heute hangle ich mich von einem Kleinen zum nächsten

Bestimmte Medienformate die auf jüngere Zielgruppe abzielen, lieben junge Frauen mit MS. Ich kannte die Dokus schon, bevor ich mich überhaupt damit auseinander gesetzt habe. Natürlich immer hübsch und mit einem aufopfernden Freund an der Seite. Selbstverständlich ist alles super und alle sind richtige Kämpfernaturen. Den gleichen Modus gibt es auch für andere Erkrankungen (je seltener desto besser). Ich will mal eine Doku sehen, die einen Mann über 40 zeigt. Gerne mal mit schlechter Laune und schlechter Moral. Von behinderten/kranken Menschen wird ja immer erwartet, dass sie besonders nett und lieb sind.

Ich glaube auch, dass das eigentliche Problem ist. Selbst Long-Covid Betroffene werden nicht ernst genommen, dabei ist Fatigue der Showstopper schlechthin.

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Gerade das meine ich ja damit, dass es auch mit starken Medis kein „Spaziergang“ ist. Denn wer weiß schon was die Spätfolgen davon sein werden?!

Und bzgl. „Krankheit in Schach halten“ ist es eben bei jedem sehr individuell. Ich kenne genug Beispiele bei denen es gut funktioniert.
Aber lass gut sein, das Thema Medikamente wurde hier schon drölfzigtausendfach diskutiert :sweat_smile: