Hallo,
meine Frage ist wirklich etwas seltsam. Folgendes: vor der MS war ich ein Mensch, der sich sehr über Leistung definiert hat. Ich war leidenschaftlicher Jogger, machte extreme Bergtouren, fuhr viel mit dem Rad, war einfach ständig draußen und unterwegs. Die MS hat meinen Bewegungsdrang jetzt doch eingeschränkt, aber das größere Problem war, hatte zwischenzeitlich auch noch einen schweren Bandscheibenvorfall, den ich heute noch genieße. Jetzt habe ich sehr viel Zeit, und weiß damit nur bedingt etwas anzufangen. Habe eine nette Familie mit zwei erwachsenen Kindern, trotzdem habe ich immer das Gefühl, mir ist so viel weggenommen worden. Habe echt Probleme, meine Freizeit sinnvoll zu gestalten. Was macht ihr mit euerer “gewonnenen” Zeit? Lebe allerdings auch sehr zurückgezogen, die zwischenmenschlichen Kontakt fehlen dadurch, und es ist sehr schwer, da wieder Neues aufzubauen. Die Familie kann und will ich nicht zu sehr reinziehen, es langt so schon. Für euere Hilfe vielen Dank im Vorraus.
Gruß, Wolfgang

hallo wolfang…

bei mir hats auch ziemlich lange gedauert, bis ich “neue perspektiven” gefunden hab.
war auch ein MACHER und WORKOHOLIC uns sportsmann…usw.

mir hat eine eigene, innere "prioritätenliste"eholfen, mit
-wichtig
-miitl. wichtig
-unwichtig

kann ja garnicht mehr gehen, aber z.b. IM CHOR SINGEN oder an schulen VORTRÄÖGE HALTEN, über frühere berufl. dinge, oder mich um ANDERE MENSCHEN kümmern…und das bringt nach meiner meinung mehr zurück, als frühere aktivitäten!

günni

Hallo Wolfgang
Es ist mal schön´zu hören das jemand Zeit hat. Alle die ich kenne, hat keiner Zeit. Ich habe nur bedingt Zeit. Das heißt vormittags, wenn ich nicht zum Arzt muß. Nachmittags kommt meine Tochter 8 Jahre nach Hause, dann habe ich genug zu tun. Jedoch vormittags plane ich so ein. Ich gehe zweimal in der Woche schwimmen, ein Tag erledige ich alles Papierkram oder gehe ins Internet. Die restlichen 2 Tage unter der Woche telefoniere ich mit Freunden oder gehe mit dem Rad weg. Natürlich kann ich mir vorstellen wenn die Kinder schon groß sind hat man noch mehr Zeit. Da habe ich mir auch schon Gedanken gemacht was ich dann tun werde. Vielleicht stundenweise irgendwo aushelfen. Weiß noch nicht wie es mir bis dahin geht. Jetzt muss erstmal die Tochter groß werden. Übrigens ich habe auch zwei leichte Bandscheibenvorfälle noch dazu und zwei Meniskusschäden durch Stürze.

Also viele Grüße Melanie

Ich mache nicht weniger, sondern anders. Musik machen kann ich genauso wie vorher, zur Not ziehe ich mitten im Stück einen Stuhl ran. Blasmusik-Märsche gehen nicht immer, aber die Kollegen verstehen es, wann ich mich plötzlich ausklinke und hinsetze. Radtouren gehen, so lange man vernünftige und rechtzeitige Pausen einplant. Gartenarbeit usw mache ich in 2-Stunden Scheiben, geht auch. Ich mache 3x in der Woche Sport, sonst rostet man ein. Früher wollte ich alles selber machen, jetzt habe ich kein Scheu, um Hilfe zu bitten, beim Tragen usw. Ich kann nicht mehr Motorrad fahren, dafür habe ich meinen Roller mit Automatikgetriebe.
Wenn ich mehr Zeit hätte, würde ich mehr lesen, vielleicht mit schreiben anfangen, in der VHS eine neue Sprache lernen, andere Leute helfen mit Nachhilfe usw. Es gibt immer was zu tun, Leute zum kennenlernen.
Familie soll man reinziehen, die sind für dich da; du bist auch für sie da, oder? Sie freuen sich wenn sie dir helfen dürfen. Schäme dich nicht über MS zu sprechen; dich trifft kein Schuld.

Hallo Wolfgang,
deine Frage steht ja schon einige Zeit im Forum, ich möchte aber trotzdem noch “meinen Senf” dazugeben…
Mein Mann hat seit einigen Jahren MS und war früher auch sehr leistungs-/körper-definiert = körperliche Arbeit und abends noch Sport und am Wochenende aufs Rad oder in die Berge. Das ist mittlerweile nicht mehr drin, seine Wegstrecke ist immer kürzer geworden und wir machen halt noch kleinere Spaziergänge mit vielen Pausen. Jetzt hat er vor Kurzem einen Rollstuhl bekommen, der steht ihm für weitere Strecken zu, obwohl er noch 1.000 m gehen kann und er betreibt das nun als seinen Sport. Fährt damit auf den Radwegen oder im Englischen Garten und ist damit wirklich glücklich. Er sagt, das ist fast wie früher, als er noch Joggen ging.
Vielleicht wäre das auch für dich eine Alternative.
Viele Grüße

Hallo Wolfgang,
kann das irgendwie nachempfinden. Habe seit langer Zeit MS, hauptsächlich ekligen Dauerschwindel und bin seit 5 Jahren berentet. Auch mein Sohn ist erwachsen und ausser Haus. Solange ich noch arbeitete, habe ich mich auch über meine Leistung definiert. Das war dann plötzlich weg. Am Anfang war die viele Zeit, die ich jetzt hatte, ja ganz nett, zumal mein Sohn in der Ausbildung war und noch bei mir lebte. Doch seit einiger Zeit fällt mir die Decke auf den Kopf. Ich erlebe Langeweile in Perfektion und die Tatsache, dass ich - wie ich es immer nenne - zu nichts mehr zu gebrauchen bin, macht aus meinem ehemals annehmbaren Selbstbewusstsein nur noch ein klägliches Häufchen. Tja, habe zwar jetzt Internet und könnte Stunden vorm PC verbringen, doch ist das ja auch nicht ganz billig. Mein einziger Lichtblick ist die Tatsache, dass ich demnächst mit meinem Freund zusammen ein Häuschen kaufen will, bei dem viel Arbeit mit renovieren und so anfällt. Verrückt, gell? Ich freue mich förmlich auf die viele Arbeit, die ich dann haben werde. Ansonsten habe ich 2 Hunde, die auch etwas traurig sind, dass Frauchen nicht mehr so gut zu Fuss ist wie früher und das Gassi gehen dementsprechend kurz ausfällt.
So Wolfgang, jetzt habe ich dir etwas Beschäftigung mir dem Lesen meines Beitrages verschafft.
Sei lieb gegrüsst und vielleicht antwortest du mir ja mal.
Pauleika

Hallo Pauleika

Wolfang antwortet nicht, dann tue ich es. Ich fand Dein Beitrag so nett geschrieben. Ich kann mir das gut vorstellen mit der Decke auf den Kopf fallen, jetzt wo der Sohn außer Haus ist. Ich glaube mir würde es genauso gehen. Habe auch 2 Hunde, die mich auf Trapp halten. Auch noch eine Tochter von fast 9 Jahren die mich ebenfalls auf Trapp hält. Habe die Krankheit erst seit 2 Jahren, bin auf 2 Jahre jetzt berentet. Man weiß nicht wie es weiter geht. In welcher Gegend wohnst Du ???

Das mit dem Häuschen finde ich auch toll. Man ist froh wenn man eine Aufgabe habe, kann ich gut verstehen. Ich wünsche Dir das alle Deine Wünsche in Erfüllung gehen. Vielleicht schreibst Du mir mal. Alles Gute bis dahin Melanie

Hallo Melanie,
zuerst einmal ein gutes neues Jahr. Habe seit meinem letzten Beitrag nicht mehr ins Forum geschaut, deshalb auch keine Anwort. War ja auf der Suche nach einem Haus und wurde im Oktober auch fündig. Dann hiess es planen, packen, umziehen. Das hat mich bis heute beschäftigt. Jetzt, da wieder langsam Ruhe einkehrt, ist auch mein altes “Problem” wieder da: Was mache ich heute, um den Tag rum zu kriegen? Na ja, vielleicht ergibt sich ja doch nochmal was (vielleicht auch erst im nächsten Leben — grins). Habe mich jedenfalls gefreut, dass jemand auf meinen Beitrag geantwortet hat.
Liebe Grüsse
pauleika