Guten Tag in die Runde,
ich stehe vor der Entscheidung, ob ich von Rebif 44 zu Ocrevus demnächst wechseln sollte. Mein Neurologe, dem ich sehr vertraue und den ich sehr schätze, sieht gute Gründe für beide Optionen.

Zu mir: 32 Jahre alt, mit 24 aufgrund eines spinalen Schubes auf Höhe der unteren Brustwirbelsäule im fast kompletten Querschnitt die Diagnose MS bekommen und dann mit Rebif angefangen. Damals einige wenige Läsionen im Schädel, bis heute im MRT ohne Kontrast unverändert. Bis 2019 bis auf ein paar kleinere Ereigenisse (bei denen man sich streiten kann, ob Schub) stabiler Zustand. Dezember 2019 wieder ein Schub im Rückmark, dieses mal zwischen Hals- und Brustwirbelsäule, Lauffähigkeit zeitweise weg, bis heute (also fast ein Jahr später) ab Brust bis zu den Füssen Problem mit Sensitivität und tw. Spastik.

Für Rebif spricht laut meinem Neurologen, dass ich das gut vertrage, dass ich nur alle 5 - 7 Jahre einen Schub habe und die MS seit letztem Jahr seiner Meinung nach inaktiv sei.
Für Ocrevus spricht, dass meine Mutter schon unter einer schweren MS leidet (SPMS) und ich eine schlechte Remission habe. Auch meint er, dass man Ocrevus nicht langfristig nehmen kann, da früher oder später die Immunoglobuline im Keller sind.

Ich habe mich ein wenig in die Studien um Ocrevus eingelesen und sehe halt, dass es bei relativ jungen Leuten die Schubaktivität viel stärker als Rebif reduziert und auch langfristig einen positiven Effekt auf die Progression der Behinderung hat. Allerdings bin ich mir über das “ob” und das “wann” völlig unsicher… Andererseits habe ich jeden Morgen die blanke Panik, dass der nächste spinale Schub kommt und ich vllt. das nächste mal die Kontrolle über meine Hände verliere … O_O

Wie würdet ihr euch entscheiden wenn ihr in meine Situation wärt?

Vielen Dank und alles Gute!

Ich glaube der Zaubersaft wird nicht in Zeiten von Corona verabreicht, da Du alle B-Zellen brauchen wirst …da muss schon starke Schubaktivität vorhanden sein gepaart mit Kontrastmittelparty in der Bildgebung.

Hallo,

keine einfache Entscheidung. Möglicherweise gehörst du tatsächlich zu der relativ kleinen Gruppe von Patienten, die von Ocrevus profitieren - s. http://ms-stiftung-trier.de/wp-content/uploads/2020/03/Medikamentenbroschüre2020_3.pdf Woher hast du die Information, dass Ocrevus “langfristig einen positiven Effekt auf die Progression der Behinderung” haben soll? Ich möchte es nicht ausschließen, allerdings ist das Medikament noch nicht lange auf dem Markt - auf welcher Basis kommt man also zu solchen Aussagen? Da du noch jung bist, würde ich mir auch Gedanken über die negativen Langzeitfolgen der Immunsuppression machen, zumal Ocrevus (anders als Rituximab) nach einem starren Schema verabreicht wird. Es ist sicher einen Versuch wert, aber ich würde die Therapie jährlich evaluieren lassen.

Alles Gute, S.

P.S. Zur langfristigen Progression: https://www.ms-docblog.de/multiple-sklerose/neues-vom-ectrims-krankheitsprogression-pira-progression-independent-of-relapse-activity/

An welcher MS-Ambulanz wird denn im Moment wg. Corona auf Ocrevusinfusionen verzichtet?

sternenwanderer, danke für deinen Beitrag.

Hier ist z.B. eine Studie bzgl. der Wirkung von Ocrevus nach 6,5 Jahren bei der PPMS: https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/33129442/
(Für Rituximab hier ein Beispiel pro weniger Behinderung: https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/30615019/, gibt aber auch Gegenbeispiele wenn ich mich recht erinnere)
Klar ist das Zeug kein Allheilmittel, was dein Artikel beim ms-docblog ja bestätigt, aber es scheint halt ein sehr potentes Mittel zu sein.

Welche Befürchtungen hättest du konkret bei der langfristigen Immunsuppression? Es geht dir vermutlich nicht um die zusätzliche Erkältung im Jahr, vermute ich, sondern eher um Krebs oder um doch was anderes?

Was die Dosierung angeht habe ich schon bei Prof Gavin Giovannoni (von multiple-sclerosis-research.org/) gelesen, dass die aktuelle Dosierung Blödsinn ist und dass es besser wäre nach einer hohen Initialdosis stark runterzugehen.
Diesbzgl. frage ich mich, wie schwer es sein wird in Zukunft von Ocrevus zu Kesimpta/Ofatumumab, das ja etwas schwächer dosiert ist, da ja die Rekonstution schon nach einem Monat geschieht. zu wechseln und ob das ein sinnvolle langfristige Strategie hierbei ist.

Was sagst du zum Kommentar meines Neuros, dass es wenig Sinn machen würde für mich von Rebif auf Tecfidera zu wechseln, da das nicht viel mehr Schutz gegen künftige Schüber gibt als Rebif, aber dafür super viele Nebenwirkungen produziert? (Das war mein Vorschlag/ meine Überlegung unmittelbar nach dem Schub von 2019.)

Danke und bleibt gesund (im Rahmen des Möglichen…)

Hallo,

wie schon geschrieben, kann ich mir gut vorstellen, dass du, wenn du das Medikament verträgst, von Ocrevus profitierst. Es ist ein effektiver partieller Eingriff in dein Immunsystem, wie du spätestens bei den Ergebnissen des obligaten erweiterten Blutbild während der Therapie feststellen wirst. Ob du deinen Neurologen bzw deine MS-Ambulanz überreden kannst, dauerhaft vom Infusionsintervall abweicht, bezweifele ich, aber evtl. wissen wir alle in absehbarer Zeit mehr dazu. Hoffentlich nicht durch unerwünschte Therapiefolgen und einen entsprechenden “Rote-Hand-Brief”.

Zu den diskutierten möglichen Langzeitfolgen der Ocrevustherapie findest du genug Informationen etwa bei der MS-Stiftung Trier, allerdings gilt das in gleicher Weise für alle anderen Medikamente.

Rebif vs. Tecfidera: Keine Ahnung, das sollten deine Ärzte besser wissen.

Alles Gute

SPMS muss nicht schwerer Verlauf
bedeuten, ich habe seit 2009 SPMS, seit
2002 MS.

Seit 6 Jahren ist meine SPMS mit
Betaferon und Vit. D stabil.

Deine MS könnte über die Jahre auch zu
SPMS mutiert sein und der Schub einfach
ein aufgesetzter Schub sein.

Du hast einen benignen Verlauf und ich
würde die BT so lassen.

Frag deinen Neurologen wegen Vit. D Spiegel
von 90 ng/ml im Blut, das Universitäts-
spital Basel empfiehlt das, kontrolliert das
und schreibt Jahresrezepte für Vit. D zur
BT.

Philipp

Hallo Tempo,

Wenn du schon Prof. Giovanonni erwähnst, er hat auch mal geschrieben, dass er sich auch eine Kombination aus Ocrelizumab und Teriflunomid vorstellen könnte, wobei während einer Anfangsphase, die vor entzündlicher Aktivität geprägt ist, zunächst eine starke anti-B Zellen Therapie zum Einsatz kommen sollte um dann, nach einer längeren Zeit des Stillstands, auf eine antivirale „Erhaltungstherapie“ umzusteigen.

Hallo Tempo,

Wenn du schon Prof. Giovanonni erwähnst…er hat auch mal geschrieben, dass er sich eine Kombination aus Ocrelizumab und Teriflunomid vorstellen könnte, wobei während einer Anfangsphase, die von entzündlicher Aktivität geprägt ist, zunächst eine starke anti-B Zellen Therapie zum Einsatz kommen sollte um dann, nach einer längeren Zeit des Stillstands, auf eine antivirale „Erhaltungstherapie“ umzusteigen.

Warum? Es gab vergangenes Jahr im Zuge der Zulassung von Ofatumumab einen direkten Vergleich beider Therapieansätze und da hatte Aubagio zwar weniger Schübe verhindert, dafür aber hinsichtlich dem langfristigen Schutz vor weiterer Behinderungszunahme eine deutlich bessere Wirkung.

https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/32757523/

Ein Schwachpunkt von B-Zellen Therapien ist zum Beispiel eine deutlich höhere Atrophie in Gehirn und Rückenmark Laufe der Zeit im Vergleich zu anderen Therapien.

https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/32243032/

Hallo Marc696,
"Ein Schwachpunkt von B-Zellen Therapien ist zum Beispiel eine deutlich höhere Atrophie in Gehirn und Rückenmark Laufe der Zeit im Vergleich zu anderen Therapien… "

Gibt es dazu auch weitere Untersuchungen? Falls das stimmen sollte, verstehe ich noch weniger, dass man Ocrelizumab auch Patienten mit einem progressiven Verlauf ohne Aktivität im MRT “nahelegt”. Oder habe ich den Abstract missverstanden?

Gruß SWanderer

Ich habe schon viele Medis durch bin seit 2 Jahren bei Ocrevus angelangt. Vorher hatte ich aufgrund eines Schubs Rituximab als Off-Label für 2 Jahre bekommen. Mit Rituximab habe ich mich super gefühlt keinerlei Nebenwirkungen. Seit ich Ocrevus bekomme leide ich unter Gelenkschmerzen. Mein Neurologe weiß nicht ob es einen Zusammenhang gibt er versucht mich allerdings zurück auf Rituximab umzustellen. Er muss da etwas für die Kasse schreiben und ich hoffe sehr dass es klappt. Er meinte nur Ocrevus wurde bei Patienten mit rheumatoider Arthritis getestet und konnte nicht dafür auch zugelassen werden, da die Nebenwirkungen zu groß waren. :-(( Das Off-Label kostet auch noch 1/3 vom zugelassenen.

Und wie nimmst du deinen Krankheitsverlauf unter Ocrevus wahr? Hast du Kontakt zu anderen Patienten, die ggf. Ocrevus bekommen haben und das später abgesetzt haben?
Bekommst du das alle sechs Monate oder weichst du in irgendeiner Form vom offiziellen Protokoll ab?

Danke sehr für die Antworten, es hilft Informationen aus erster Patientenhand zu erhalten.