Hallo ihr alle,

Ich bin eigentlich nicht so der Foren-Typ, aber ich brauche für eine wichtige Entscheidung ein paar Meinungen und Erfahrungen von Gleichgesinnten und hoffe, ihr könnt mir helfen. Ich bin weiblich, 35 Jahre alt und lebe seit 7 Jahren (2012) mit der Diagnose MS. Seither nehme ich Extavia, hatte in den ersten 2 Jahren alle 3 bis 5 Monate einen Schub, dann durch Umstellung der Ernährung und Arbeitgeberwechsel eine Schubhäufigkeit von alle 12 bis 14 Monate. Ich habe nun vor Kurzem meinen Neurologen gewechselt, da der bisherige in Rente ging. Nach einer Bestandsaufnahme (das letzte MRT war von 2013) hat mir der Arzt einen Therapiewechsel vorgeschlagen auf Gilenya oder Tecfidera. Habe Literatur zu beiden Medikamenten mitbekommen und soll nun bis Mitte Januar entscheiden, ob ich auf eines der beiden umsteigen möchte oder weiter bei der Alten Therapie bleiben möchte. Ich habe meist nur leichte Schübe, Taubheitsgefühle in Armen oder Beinen, aber man weiß ja nie, was der nächste Schub bringt… Was meint ihr? Ich bin total ratlos.

Hi Lunachan,

also mal zu Gilenya, hat dir der Neuro auch Tysabri, Lemtrada, Ocrevus oder Mavenclad empfohlen?

Die haben eine ähnliche Indikation wie Gilenya und gehören in die Kategorie für die hochaktive MS.

Dabei ist Gilenya das schwächste Medikament dieser Gruppe und vorwiegend wegen die Nebenwirkungen in diese Kategorie gerutscht und nicht wegen der Wirkung.

Und zu Tecfidera, sind da auch Aubagio oder Copaxone bzw. Clift angesprochen worden?

Wenn diese Medikamente nicht angesprochen worden sind, war die Beratung alles andere als Vollständig.

Gerade falls du irgendwann man Tysabri nehmen willst, ist es von Bedeutung, dass davor möglichst keine Immunsuppressiva gegeben werden.
Auch wenn die Neurologen es nicht so gerne hören, gehören Aubagio, Gilenya, Lemtrada, Mavenclad, Ocrevus und Tecfidera dazu.

Was die Interferone angehen, es besteht halt durchaus die Möglichkeit, dass die bei dir keine Wirkung haben, zumindest anscheinend auch keine ausreichende Wirkung.
Denn es gibt MSler da wirken die Interferone sehr gut und habe bei der Mehrheit nicht. Und im Durchschnitt wirken die so, dass ca. 30% weniger Schübe auftreten.

Ich würde mir eine zweite Meinung zu dem Thema einholen und dort mind. alle Medikamente durchsprechen die für meine MS Aktivität in Frage kommen würden.

Grüße
Lucy

P.S. und zu einem bestimmten Medikament kann einen keinen zwingen…

Ich habe meist nur leichte Schübe, Taubheitsgefühle in Armen oder Beinen, aber man weiß ja nie, was der nächste Schub bringt… Was meint ihr? Ich bin total ratlos.


Bei Sensistörungen würd ich gar nix nehmen.
Das geht wieder vorbei (meine Erfahrung nach fast 20Jahren)

Entstressen ist viel wichtiger als Chemie !

Danke für eure Antworten.

Bei Sensi Störungen keine Basistherapie? Klar, stressfrei hilft sehr viel, das hab ich selbst gemerkt und umgesetzt, aber ganz ohne Therapie halte ich fast für fahrlässig…

  • aber ganz ohne Therapie halte ich fast für fahrlässig…*

Das kannst halten, wie du magst.
Ich bin nicht der Einzige wo das seit 20 Jahren gut geht.

Ich kenne Einige, denen es OHNE oder nach Absetzen deutlich besser geht.

Deine Entscheidung
(gegebenenfalls halt auch deine Nebenwirkungen, unerwünschten Wirkungen, Verschlechterungen, Einschränkungen, wenn du dich für eine Therapie entscheidest)

Fahrlässig mit dem eigenen Körper?
lies mal da:
https://www.aerzteblatt.de/archiv/200302/Therapie-der-Multiplen-Sklerose-Management-der-Nebenwirkungen

es geht auch unfahrlässig, weil moderat:

Das ist offensichtlich kein Hirngespinst sondern Tatsache und wichtig genug, dass man sich bei der Ectrims 2017 damit auseinandersetzte.

Der Abstract von ECTRIMS 2017 (30 Jahre followup)

Zur Studiendauer

Zitat aus der Ärztezeitung
“Auf der anderen Seite gibt es Langzeituntersuchungen wie die schwedische Göteborg-Kohorte, in der immerhin noch ein Zehntel der MS-Kranken nach 50 Jahren nur minimale neurologische und neuropsychiatrische Probleme aufwies, hieß es auf dem Welt-MS-Kongress in Paris. Zwei neue Analysen scheinen dies zu bestätigen: Danach kann doch ein gewisser Teil der MS-Kranken über Dekaden hinweg schwere funktionelle Defizite vermeiden”

Auch in der Fachzeitung “Neurologie & Psychiatrie” 2017; 19 (12) setzt man sich damit auseinander:

EDSS-Punkte Unterschied im Alter von 70 Jahren
“Eine benigne MS ist auch nach Daten des schwedischen MS-Registers nicht klar vorherzusagen. Einige, wenn auch kaum aus sagekräftige Merkmale gibt es dennoch: So waren Patienten mit benigner MS im schwedischen Register zum Krankheitsbeginn deutlich jünger als solche mit nicht benigner MS (28 vs. 34 Jahre), häufiger weiblich (75 % vs. 69 %) und hatten seltener Schübe. Vor allem standen beim ersten Schub zumeist sensorische Probleme im Vordergrund, sagte Dr. Ali Manouchehrinia vom Karolinska-Institut in Stockholm.”

Der Neurologe hat anhand von Angaben zu über 11.000 MS-Kranken geschaut, wie sich Patienten mit benigner und nicht benigner MS weiterentwickeln. Als benigne MS definierte er sämtliche Patienten, die 15 Jahre nach Krankheitsbeginn eine schubförmige MS mit einem EDSS-Wert von 3 Punkten oder weniger hatten – das war rund jeder Fünfte.

Medscape berichtet von der Ectrims 2017 (engl)

Auszug: “Dr Tallantyre reported data from a cohort of 2000 patients with MS, of whom about 10% met a contemporary definition of benign MS: unlimited walking ability (EDSS score of 2.5 or less) after 15 or more years from onset.
Patients who had taken any disease-modifying therapies were excluded.”

–Dr. Tallantyre berichtete über Daten aus einer Kohorte von 2000 MS-Patienten, von denen etwa 10% eine zeitgemäße Definition von gutartiger MS erfüllten: unbegrenzte Gehfähigkeit (EDSS-Score von 2,5 oder weniger) nach 15 oder mehr Jahren ab Beginn.
Patienten, die krankheitsmodifizierende Therapien eingenommen hatten, wurden ausgeschlossen."

  • da könnte man vermuten, was auch der NHS festgestellt hat: "Es könne durch BT auch Schädigungen geben "{sinngemäss}

Und das gefällt mir am Besten: (watchful waiting auf Englisch :wink: )
“There is currently a movement towards starting aggressive treatment early, but our data suggest that this is not necessary in all patients,” he added. “Maybe we should consider stopping and waiting and see if there is any progression before thinking about aggressive treatment.”

Es gibt derzeit eine Bewegung hin zu einer frühen aggressiven Behandlung, aber unsere Daten deuten darauf hin, dass dies nicht bei allen Patienten notwendig ist", fügte er hinzu. “Vielleicht sollten wir darüber nachdenken, ob es (Krankheits-)Fortschritte gibt, bevor wir über eine aggressive Behandlung nachdenken.”

PS: das stammt aus frei zugänglichen Quellen,
das kann jeder Mensch guten Willens finden.

Hallo Lunachen,

ich spritze seit meiner Diagnose 2005 Interferon-ß 1b. In den ersten 6 Wochen hatte ich gelegentlich grippeartige Nebenwirkungen. Da ich ca. 2 - 3 Stunden vor dem Schlafengehen spritze, verschlief ich die NW meistens - wenn ich überhaupt welche hatte (keine Ahnung)! Tabletten gegen die NW nehme ich keine.

Ich nehme so schon genug Medikamente wegen meiner anderen Baustellen, außerdem habe ich gegen die üblichen NSAR eine Kontraindikation (Blutverdünnung). Meine Blut- und Leberwerte sind aber top, bis auf einen leichten asymptomatischen Transaminasenanstieg (ist unter Interferon normal, zeigt nur an, dass die Leber mehr arbeiten muss).

Da ich durch meine spinalen Läsionen schon seit der Diagnose schwerbehindert bin (seither habe ich einen Rolli), wollte ich sofort mit einer entzündungshemmenden Therapie anfangen. Ich hatte mir schon vor der Diagnose anhand von Präparateinformationen und Beipackzetteln meine Basistherapie ausgesucht, und konnte 2 Tage nach der Diagnose (noch im Krankenhaus) damit anfangen. Einen Neuro hatte ich damals noch nicht.

Damals hatte ich auch noch in keinem MS-Forum gelesen, nur in ganz anderen Foren (für ein paar meiner Sammelgebiete: Bücher, Graphik, altes Spielzeug). Erst etwa 1 Jahr nach der Diagnose habe ich zum ersten Mal in einem MS-Forum geschrieben.

Für mich passt das Betaferon perfekt. Ich hatte seither nur noch einmal einen Schub - in einer Spritzpause. Taubheitsgefühle in Armen und Beinen habe ich seit meinem Diagnose-Schub 2005, durch den ich einen großen Herd in der Halswirbelsäule bekommen habe. Die dadurch verursachten Ausfälle sind auch nicht mehr weggegangen.

Kein Wunder, denn das Rückenmark ist nur 8 x 11 mm dünn, “Reserveleitungen” gibt es da nicht. Sonst könnte man ja auch Querschnittsgelähmte, die eine Verletzung oder Durchtrennung des “Hauptkabels” erlitten haben, wieder gehend machen. Außer einem Wanderprediger aus Galiläa namens Jeschua ben Josef hat das aber noch niemand geschafft. Was im Rückenmark kaputt ist, bleibt auch kaputt.

Hast du dich mal auf neutralisierende Antikörper gegen Beta-Interferon testen lassen? Wenn du welche hättest, könntest du das Interferon in die Tonne kloppen. Ich bin ein Beispiel für einen Interferon-Responder, aber da es verschiedene MS-Subtypen mit verschiedenen Ursachen und verschiedenem Ansprechen auf Therapien gibt, lässt sich noch nicht voraussagen, für wen welche Therapie passt. Da hilft nur Ausprobieren.

Liebe Grüße
Renate

Hallo,

hast du den Neurologen mal gefragt warum er nur diese beiden Medis vorgeschlagen hat? Die Auswahl ist ziemlich unlogisch - eine aus der Basistherapie und eine Eskalationstherapie.

Was kam denn bei MRT raus? Leider behandeln heute viel zu viele Neurologen noch noch Bilder und keine Menschen mehr.

Never change a running system!!!

“aber ganz ohne Therapie halte ich fast für fahrlässig…”

manchmal möchte ich einfach nicht glauben, was MSler hier schreiben…

Selbst das als so harmlos dargestellte Tecfidera hat schon zu Todesfällen durch PML geführt!

https://www.aerzteblatt.de/nachrichten/60798/Tecfidera-Todesfall-durch-progressive-multifokale-Leukenzephalopathie

Schon ein einziger Toter durch ein Medikament ist einer zuviel!!!
Von den vielen Folgeerkrankungen fange ich gar nicht erst an.

Die Zahl der Toten steigt mit der beinahe inflationären Einführung von immer mehr und immer aggressiveren/hochriskanten MS-Medikamenten. (Die Preise sind exorbitant)
Ich finde es einfach nur skandalös, was da vor sich geht und wer davon auch noch profitiert…

Ich finde Tecfidera überhaupt nicht harmlos… Deshalb tu ich mir mit der Entscheidung ja so schwer! Ich möchte gerne ein möglichst sicheres Medikament, Todesfälle sind nicht akzeptabel…
Aber nur abwarten und möglichst ohne Stress ist für mich persönlich nicht der richtige Weg.

Hi Lunachan,

dann erkundige dich mal nach den ganzen Medikamenten die ich dir weiter oben aufgezählt habe.

Und dann fragst du den Neuro noch dazu aus und frag ihn auch, warum er dir nur zwei Medikamente mit so unterschiedlichen Indikationen empfohlen hat.

Grüße
Lucy

Jammerei!! :wink:

Du hast auch keine harmlose Erkrankung!

Tecvidera ist aber sowas von harmlos!

Ach an Aspirin sind sicher mehr Menschen gestorben! :wink: