Einerseits denke ich: Ja, das ist so und geht auch nicht anders. Ich merke immer wieder, dass ich meine ganze Kraft für mich selbst brauche, mich voll und ganz auf mein eigenes Leben konzentrieren muss, um einigermaßen klar zu kommen. Wenn mir dann andere auch noch von ihren Zipperlein erzählen, die aus meiner Sicht nur Lappalien sind, hält sich meine Empathie durchaus in Grenzen.

Andererseits ist es gefährlich, nur noch um sich selbst zu kreisen. Das tut der eigenen Psyche nicht gut und treibt andere irgendwann in die Flucht, weil sie sich nicht mehr als Person wahrgenommen fühlen, sondern nur noch als “Dienstleister”. Vielleicht würde es schon helfen, sich ab und zu mal zu bedanken. Oder mir selbst immer wieder ins Gedächtnis zu rufen: Die anderen können auch nichts dafür, dass ich krank bin. Die Krankheit gibt mir nicht das Recht, meine schlechte Laune an den Gesunden auszulassen.

Wie denkt ihr darüber?

Ich sehe es auch so, dass man nicht zuu egoistisch sein sollte,
wenn man nicht sein Umfeld vertreiben und allein dastehen will.

Gerade Freundschaften wollen/müssen gepflegt werden.
Und auch was uns vielleicht als Lapalie erscheint, kann für unser
Gegenüber problemsatisch sein.

Ich persönlich finde wer Empathie gegenüber anderen verliert,
hat auch nicht wirklich Anspruch darauf, selbst Empathie zu erfahren.

LG, Curry

Sehe ich auch so.

Allerdings mußte ich lernen auch irgend wann einen cut zu machen. Ich helfe gerne aber irgendwann muß der andere auch die Verantwortung für sein tun und handeln übernehmen. Durch die MS hab ich gelernt einen gesunden Egoismus zu entwickeln.
Ich mußte lernen mich selbst zu lieben weil ich erst dann andere lieben und verstehen kann.
Keiner ist perfekt, wir auch nicht…

Jeder Mensch hat einen Anspruch auf Fehler. Aber die Freiheit von Hemd endet da wo der Freiraum eines anderen beginnt. Hab mich heute mit dem Mieter überwunden andelegt, weil er Punkt 12:00 Uhr anfing zu trommeln. Ich hab heute meine 2. Corti bekommen und hatte rasende Kopfschmerzen. Soziemlich jeder im Haus weiß, daß wenn ich morgens mit dem Taxi fahre, ich zu Corti muß und jeder, der mich in denletzten Tagen laufen sah, wußte, daß sich fällig bin außer unser Mister Supertoleranz, der im sich im Internet als so tolerant darstellt aber als neu Eingezogener zur eingeforderten Toleranz auch Rücksicht gehört außer bei ihm er meint er könne alles tun aber er macht ja nix.

Da hört bei mir die Toleranz auf. Ich bin auch jmd. ich habe auch Anspruch auf Rücksichtnahme.
Sorry ich bin heute voll sauer…

Idefix

Stimmt Idefix, ein gesunder Egoismus muss sein
und ohne sich selbst zu lieben, kann ich auch andere nicht lieben.
Das musste auch ich erst lernen und bin froh darüber.

LG, Curry

Oh Barocke, du glaubst gar nicht, wie sehr du mir aus der Seele schreibst !! Gerade in letzter Zeit habe ich als pflegender Ehemann immer mehr das Gefühl, ich sei Buttler oder irgend ein anderer Dienstleister. Ich habe in den letzten Wochen viel über meine/unsere Situation nachgedacht und festgestellt, dass mein Schatz sich noch nie in irgend einer Form bei mir bedankt, bzw. mir ein Gefühl von Wertschätzung gegeben hat. Ich bin noch voll berufstätig, arbeite zu Hause und bin den ganzen Tag für sie da. Ich mache alles für sie, selbst die “unappetitlichsten” Dinge, die nun mal passieren können, erledige ich ohne dass es mir etwas ausmacht. Ansonsten nach der Arbeit Haushalt, Garten, Essen machen, usw., usw… Der Egoismus zeigt sich auch darin, dass der zu pflegende Mensch nur noch seine eigenen Probleme in den Vordergrund stellt: ich selbst habe 5 Bandscheiben-Vorfälle und oft große Schmerzen und Probleme mit dem Laufen. Trotzdem “funktioniere” ich irgendwie weiter, aber meine Süße scheint gar nicht realisieren zu wollen, dass auch ich große gesundheitliche Probleme habe. Beispiel: ich war vor längerer Zeit mal 2 Tage im Krankenhaus, weil der Verdacht eines Herzinfarktes bestand. Als ich wieder zu Hause war, bekam ich nur zu hören, wie gut es doch sei, dass ich wieder zu Hause bin und sie nicht mehr allein oder mit fremden Personen klar kommen muss. Das was mir passiert war, war gar nicht wichtig. Wichtig schien nur, dass ich wieder meinen “Pflegedienst” verrichten konnte. Das tut schon echt weh und wenn man sie darauf anspricht, blockt sie komplett ab und sieht die Sache natürlich ganz anders.
Also, ein Appell an alle, die von Partnern/Familienangehörigen gepflegt und betreut werden: eure “Pfleger” machen das nicht, weil es unendlich viel Freude macht, sondern aus LIEBE !! Schaut und hört mal in euch und versucht zumindest mal, euch auch in die Lage des pflegenden Angehörigen zu versetzten. Der gibt große Teile seines eigenen Lebens auf, nur um für euch da zu sein !! Empathie, Rücksichtnahme, Dankbarkeit, nette Gesten, liebe Worte, das ist die “Bezahlung”, die wir brauchen, um das alles weiter bewältigen zu können. Es gibt nicht nur euch und eure Krankheit !!!
Liebe Grüße und alle Gute für euch alle,
Jörg

Hallo Jörg,

ich habe in gewisser Weise gut reden, da ich mich weitgehend ohne fremde Hilfe versorgen kann. Ich kenne also weder die Situation einer Pflegebedürftigen noch die einer Pflegerin. Wenn ich deinen Beitrag lese denke ich aber, dass mir eine professionelle Pflege mit entsprechender Distanz lieber wäre. Die Bezahlung bestünde dann in Geld, was ein schlichtes “Danke” natürlich nicht ausschließt. Dass jemand “große Teile seines Lebens” für mich aufgibt, würde ich defninitiv nicht wollen.

Es gibt doch sicher auch Beratungen für pflegende Angehörige. So etwas könnte vielleicht in deiner Situation hilfreich sein.

Noch ein Tipp: Es ist beser, ab und zu mal Absätze zu machen, sonst haben einige hier Mühe, den Text zu lesen.

Danke Jörg für Deinen Beitrag!

Ich bin diejenige, die Hilfe in Anspruch nehmen muss.

Deinen Beitrag habe ich als Anlass genommen, mich bei meinem Mann zu bedanken und ihm (wie schon des Öfteren) zu sagen, wie sehr ich es wertschätze, dass er so viel für mich tut.

Ich hoffe, dass ich nicht egoistisch bin. Er meint, ich bin es nicht.

Allerdings merke ich, wie mir häufig die Empathie abhanden kommt. Bei Licht betrachtet, ist Vieles gegenüber der MS tatsächlich eine Lapalie.

Gerade gestern erzählte eine Bekannte, sie könne wegen ihrer Probleme mit der Schulter kein Unkraut mehr rupfen. Ich kann meinen Arm, meine Hand garnicht mehr benutzen.

In solchen Momenten sage ich nichts, muss mir aber gehörig auf die Zunge beißen.

Danke auch an Barocke für diesen Strang.

"Gerade gestern erzählte eine Bekannte, sie könne wegen ihrer Probleme mit der Schulter kein Unkraut mehr rupfen. Ich kann meinen Arm, meine Hand garnicht mehr benutzen.

In solchen Momenten sage ich nichts, muss mir aber gehörig auf die Zunge beißen."

Wie gut ich das kenne. Vielleicht sind wir Menschen einfach so gestrickt, dass uns das eigene Leid/Problem immer am schlimmsten vorkommt. Es brächte auch nichts, in so einer Situation in eine Konkurrenz: “Wer hat´s am Schwersten” einzutreten.

An guten Tagen halte ich es so: Wenn ich selbst genug Raum bekomme, von meiner Situation zu sprechen, ohne dass gleich alles bagatellisiert wird oder ich mir saublöde “gute” Ratschläge anhören muss, bemühe ich mich, auch umgekehrt auf mein Gegenüber einzugehen. Auch dann, wenn ich manches erst mal nicht nachvollziehen kann.

Wenn es unabhängig von der Krankheit oder dem eigenen Befinden dann noch andere Gesprächsthemen gibt, für die sich beide interessieren - um so besser.