Ich habe jetzt nicht alle Beiträge gelesen.
Aber: Ich habe MS und bin Krankenschwester, zum Glück inzwischen nur noch Stationssekretärin.
In meiner Abteilung gibt es die Gefäßchirurgie und die Innere Abteilung, insbesondere haben wir die ISO-Betten - für alles was ansteckend ist.
28 Betten, 3 Krankenschwester plus vielleicht ein oder zwei Schüler/Praktikanten.
Es kommt vor, dass man einige Wege doppelt läuft, weil Dinge fehlen. Oft ergibt sich so etwas aus der Situation, dass ein Verband sich gelöst oder durchgesuppt ist, weil jemand unerwartet eingenäßt hat, weil plötzlich Schmerzen vorliegen, weil sich Anordnungen plötzlich im PC geändert haben.
Sicher läuft man auch mal einen Weg doppelt, weil man etwas vergessen hat.
Was sind Pausen? Was ist Freizeit?
Meine Kollegen stehen um 4.30 durchschnittlich auf und um 11 Uhr sind sie meistens, bis auf einen Kaffee bei der Frühübergabe nüchtern.
Fast jedes Wochenende das gleiche Problem. Die Besetzung ist so, dass eine sichere Patientenversorgung nicht geleistet werden kann, da kein Personal - weil auch uns steht es zu Urlaub zu haben oder krank zu werden. Aushilfen? Gibt es so gut wie nicht. Jedes Mal die Frage, wer verzichtet auf sein Wochenende und springt ein um eine Patientenversorgung sicher zu stellen.
Die Putzfrau verteilt oftmals am Wochenende das Frühstück, die Küchenhilfe springt ein oder ich - bin Teilrentner - komme um das drumherum zu erledigen.
Einzelne Urlaubstage mitten in der Woche werden gestrichen, das Personal wird zuhause angerufen und von oben zum Dienst zitiert.
Überstunden, noch und nöcher, können ewig und jahrelang mit sich rumgeschleppt werden, abfeiern nicht möglich. Die Kollegen haben ein schlechtes Gewissen krank zu sein.
Nimmt man sich Zeit für die Pflege bleibt keine Zeit zu dokumentieren. Und egal wie viel du gearbeitet und geschuftet hast, die Arbeit zählt vor Gericht als nicht durchgeführt, weil nicht dokumentiert.
Wer mit 30 noch keinen Bandscheibenvorfall hat, hat scheinbar nicht genurg geschuftet.
Offiziell musst du vor jedem Patientenkontakt die Hände desinfizieren. Beim Umgang mit Blut, mit Fäkalien, Infusionen, nach Patientenkontakt, Verlassen des Zimmers… Laut Desinfektionsmittelhersteller dauert die Einwirkzeit pro Desinfektion 30 Sekunden. Es ist schlichtweg nicht möglich ständig mit sich trocknenden Händen 30 Sekunden hinzustellen.
Rückenschonendes Arbeiten nicht möglich, da zu zweit an einem Patienten arbeiten kaum möglich ist. Frühstückspause bei 3 Examinierten? Wenn 2 frühstücken, ist einer alleine draußen - die Station darf aber nicht verlassen werden, aber der OP ruft an oder sonst wer weil irgendwer irgendwohin muss oder examiniert abgeholt werden muss. Also muss einer aus der Pause raus.
Dann Patienten die sich beschweren, dass im KH kein Hotelcharakter herrscht, so dass sie sich im einfachen Ambiente nicht erholen können, anstrengende Angehörige, Streiterein zwischen den Patienten und dazwischen wird gestorben, getröstet und begleitet.
Ich finde es eine Frechheit, den Pflegenotstand in Frage zu stellen. Und nicht nur als Pflegende, auch als Patientin habe ich es erlebt, dass Mitpatienten ewig nass im Bett lagen, dass Urinlachen unter dem Bett bis zum nächsten Tag /Putzrunde bleiben mussten.
Ich habe meine PML-kranke, schwerst beeinträchtigte Mitpatientin im Zimmer versorgt, habe für sie geklingelt, auf sie aufgepasst, beim Krampfen erste Hilfe geleistet weil keiner zur Schelle kam, habe beim Essen anreichen geholfen (sonst hätte sie nix bekommen), habe mir selbst Wäsche bei den Schwestern abholen müssen um mein Bett wenigstens einmal in der Woche beziehen zu können, und, und, und,…
Solche Beiträge machen mich fassungslos.
Gruß Anne
Und ich hoffe, du kommst nie in die Situation schwerst pflegebedürftig im KH zu liegen.
Die Menschenwürde kommt viel zu kurz und oftmals würde ein Gespräch besser helfen als eine Schmerztablette.