Aktion “GaMSbart”

(Gemeinsamer Aufschrei: Multiple Sklerose Betroffene artikulieren sich, eine Aktion des www.ms-info-board.de)

Liebe Mitstreiter in Sachen Gesundheitsreform,
Einige Punkte der Diskussion um die Änderungen im Gesundheitswesen ergeben u.E. eine soziale Schieflage der Betroffenen.

Um dies zu verhindern haben einige Gleichgesinnte einen Brief für unsere Gesundheitsministerin verfasst, den wir nun als Unterschriftenaktion weiterleiten möchten.

Wir bitten euch, das Schreiben mit eurem Namen und Adresse zu versehen und ihn direkt an die e-mail-Adresse von Frau Schmidt weiterzuleiten. Danach schickt Ihr das gleiche Schreiben an möglichst viele Betroffene und Interessierte, indem Ihr diesen Aufruf als mail-Text kopiert.

Ich danke euch für eure Aufmerksamkeit und eure Solidarität.

Man kann zwar viel mit uns machen, aber wir müssen ja nicht alles widerspruchslos mit uns machen lassen!

Und hier bekommt ihr noch die Adressen von Ulla Schmidt:

Postanschrift: Bundesministerin für Gesundheit und Soziale Sicherung z H Ursula Schmidt

Platz der Republik 11011 Berlin

e-mail-Adresse: ursula.schmidt@bundestag.de

An das Bundesministerium
für Gesundheit und soziale Sicherung
z H Frau Ursula Schmidt
Platz der Republik
11011 Berlin
ursula.schmidt@bundestag.de
im Januar 2004

Sehr geehrte Frau Schmidt,

wir möchten uns heute im Namen aller chronisch Erkrankten und Mitbetroffenen an Sie wenden.

Bis heute hat uns der Koordinationsausschuss über die Richtlinien zur Definition der „schwerwiegenden chronischen Erkrankungen“ im Unklaren gelassen, die seit dem 01.01.2004 unter die 1%-Regelung der Zuzahlungen fallen sollen. Wir, als MS-Betroffene und chronisch Erkrankte, fühlen uns durch diese fehlenden Information bzw. Entscheidungen sehr verunsichert. Wir können nicht verstehen, warum über den Schweregrad einer Krankheit wie z.B. MS überhaupt, bzw. so lange diskutiert werden muss.

Ein zweiter schwerwiegender Punkt unserer Kritik ist die Streichung der Behindertentransporte zu dringend notwendigen Arztfahrten und ambulanten Behandlungen etc. Wer bereits auf die Benutzung eines Rollstuhls angewiesen ist, bezieht in den meisten Fällen bereits eine Rente. Bei uns MS-Betroffenen liegt zudem auch noch der Altersdurchschnitt weit unter dem der anderen Rentner, so dass man sich die Höhe der Rentenbezüge leicht vorstellen kann. Bereits in der Vergangenheit befanden sich die krankheitsbedingten Ausgaben für viele von uns am Rande der Belastbarkeitsgrenze. Durch die neue Gesetzgebung, und die damit einhergehenden Unklarheiten, sehen wir den kommenden Mehrausgaben für jeden einzelnen von uns mit großer Sorge entgegen. Wir sind der Meinung, dass Menschen mit einer schwerwiegenden Erkrankung durch solche Entscheidungen, wie sie in den letzten Monaten erfolgten, nicht zusätzlich auch noch überproportional belastet werden sollten – sowohl psychisch als auch finanziell!

Viele von uns sind sowohl als chronisch Erkrankte, als auch als RentnerInnen von den Streichungen Ihres Ministeriums betroffen. Wir sind gerne bereit unseren Beitrag zu den Reformen zu leisten, wehren uns jedoch gegen Regelungen, deren Sinn uns unverständlich bleibt, oder die unseres Erachtens unsozial sind.

Wie viele Betroffene werden sich die Behindertenfahrten zu den ambulanten Behandlungen nicht leisten können, haben aber gleichzeitig keine Möglichkeit z.B. mit einem eigenen PKW transportiert werden zu können. Ein rollstuhlgerechter Großraum-PKW ist für die meisten von uns unerschwinglich. Doch welche Alternative bietet sich uns? Wie soll ein(e) RollstuhlfahrerIn ohne fremde Hilfe, mit einer Schwäche in den Beinen und Armen mit öffentlichen Verkehrsmitteln zurechtkommen, vor allem wenn er/sie evtl. auch noch auf dem Land wohnt und die nächste Bushaltestelle einige Kilometer weit entfernt liegt? Dabei hilft uns die Ausnahmeregelung für „zwingende medizinische Gründe“ (die durch die „Krankentransportrichtlinien“ ebenfalls noch nicht genauer definiert worden sind) auch nicht weiter, da viele unserer Fahrten nicht erst nach einem langen Beantragungsweg durchgeführt werden können.

Gerade junge Menschen mit Behinderungen versuchen so lange wie möglich ihre Selbständigkeit aufrecht zu erhalten. Aus eigenen Erfahrungen können wir sagen, dass es für sehr viele ein enormer Kraftaufwand ist, dies zu bewerkstelligen. Wir sehen uns durch die genannten Streichungen in unserer Flexibilität behindert, ganz abgesehen von den finanziellen Auswirkungen. Es gibt diesen schönen Satz: „Wir sind nicht behindert – wir werden behindert.“ In diesem Fall trifft er leider wieder einmal zu – und die Entscheidung dafür wurde im „Jahr der Behinderten“ (EJMB) gefällt…

Eine weitere, für uns unverständliche Änderung, ist die Beschränkung der physiotherapeutischen Maßnahmen für neurologische Erkrankungen auf eine bestimmte Anzahl pro Jahr. Nach unseren letzten Informationen sollen sie auf 1/3 der bisherigen gekürzt werden. Wie jeder Mediziner oder Therapeut weiß, können gerade neurologisch bedingte Ausfälle durch eine regelmäßige Krankengymnastik oder Physiotherapie positiv beeinflusst werden. Dabei liegt die Betonung auf „regelmäßig“. Diese wäre auch bei einer evtl. Neubeantragung durch den behandelnden Arzt nicht gegeben, weil dadurch unweigerlich Unterbrechungszeiten stattfinden würden. Auf die bürokratischen Mehraufwendungen, die nicht gerade die Kosten dämpfen würden, wollen wir gar nicht erst näher eingehen. Bereits heute warnen Neurologen und andere Fachleute vor den Folgen dieser Streichungen. Hinzu fügen möchten wir noch, dass auch diese Therapien bisher zur Erhaltung unserer Selbständigkeit und Mobilität beigetragen haben.

Wir alle versuchen unser Bestes zu geben, um uns ein möglichst unabhängiges Leben, mit möglichst wenig Pflege, möglichst lange erhalten zu können – man muss uns nur die Voraussetzungen dafür gewähren

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Deshalb appellieren wir an Sie, Frau Schmidt:

Belasten Sie uns nicht mit mehr als 1% unseres Einkommens an unseren Krankenkosten – das ist bereits 1% mehr als bisher!
Nehmen Sie die Streichung der Krankentransportkosten zurück.
Beschränken Sie nicht unsere physiotherapeutischen Maßnahmen.
Wir brauchen unsere Unabhängigkeit, und möchten sie uns so lange wie möglich erhalten – was sicher auch im Interesse der Allgemeinheit liegt.

Wir werden die weitere Entwicklung dieser Reform mit großem Interesse weiter verfolgen in der Hoffnung, dass Sie unsere Anliegen berücksichtigen werden – auch wenn das Jahr 2004 nicht mehr das Jahr der Behinderten ist.

Mit freundlichen Grüßen

Ich habe gestern mit großer Begeisterung ihren Beitrag gelesen. Wir sind eine SHG aus Dresden und nehmen das Thema in unserem nächsten Treffen auf und werden dieses Schreiben alle unterschrieben an die von Ihnen angegebene Adresse senden.

Hallo,

ich kann mich dem Thema bzw. Schreiben absolut anschließen. Was mir leider immer wieder in jeder Diskussion fehlt ist der Wegfall der Kostenübernahme von rezeptfreien Medikamenten. Dies sind z.B. auch Acimethin, Urotractan und Mikroklist und andere. Diese Medikamente nimmt mein Mann seit vielen Jahren, da er seit 10 Jahren einen suprapubischen Katheder hat und zur Harnwegsprophylaxe auf diese Medikamente angewiesen ist. Durch starke Spastik in den unteren Extremitäten ist auch Mikroklist zur Stuhlentleerung notwendig. Diese Medikamente sind ein zusätzliche Kostenfaktor in Höhe von ca. 140,-- EUR zu den ohnehin schon erheblich steigenden Kosten, da auch neuerdings eine Zuzahlung zu Kathederbeuteln und Verbandsmaterial sowie Krankengymnastik, Ergotherapie u.v.m. anfällt. Ich bin nicht nur wütend, sondern auch enttäuscht, dass es neue Modelle für “Gesunde” bei der Krankenkasse gibt, die dadurch ihre Beiträge senken können und gleichzeitig schwer chronisch kranke Patienten mit erheblichen Mehrbelastungen zu kämpfen haben bzw. viele bisher medizinisch notwenige Medikamente nicht mehr bezahlt bekommen und sich diese auch nicht aus eigener Tasche leisten können. Bei meinem Mann sind das Mehrkosten von ca. 300,-- bis 400,-- EUR netto monatlich. Solch’ eine Mehrbelastung ist nicht mehr tragbar. Als MS-Patient hat man bereits genug Sorgen um die Zukunft, jetzt kommen finanzielle Probleme und evtl. auch noch der Wegfall von Zivildienstleistenden dazu. Ich wünschte mir, dass mal einige Funktionäre der Krankenkassen und Ärzteverbände sowie der Pharmaindustrie nur einen Tag lang einen schwerstpflegebedürftigen MS-Patienten betreuen. Vielleicht würde ihre Entscheidung dann anderst ausfallen.

Grüße

Elke