Hallo ihr Lieben,
Petra, brauchst nicht traurig zu sein, dass du die Sendung verpasst hast. Habe den nachfolgend reinkopierten Bericht über die Sendung “aufgerissen”. Kann man also in Ruhe nachlesen:
In Westeuropa wird einer von Tausend Einwohnern von der multiplen Sklerose heimgesucht, einer Krankheit, an der weltweit zwei Millionen Menschen leiden. Nach Autounfällen ist MS die zweithäufigste Ursache für eine Behinderung bei jungen Erwachsenen. Die Krankheit tritt vor allem bei 20 bis 40-jährigen Frauen auf und nimmt einen unvorhersehbaren Verlauf. Abhängig vom Krankheitsherd können Sehfähigkeit, Gleichgewichtssinn, Fortbewegung oder Tastsinn beeinträchtigt sein. Bei MS handelt es sich um eine Autoimmunkrankheit: Das konnte inzwischen klar nachgewiesen werden. Die Verabreichung bestimmter Immunsuppressiva führt zuweilen zu einer wissenschaftlich nur schwer erklärbaren Verbesserung des Krankheitsbildes.
Patientin
“Ich fand meine Nase und meinen Mund nicht mehr. Das war komisch, denn ich schob die Spaghetti einfach daneben. Weniger komisch war es, als ich dann erfuhr, woran das lag. Damals war ich 24. Vor vier Jahren konnte ich nicht mehr gehen. Man behandelte mich mit Immunsuppressiva, und heute funktionieren meine Beine wieder. Darüber bin ich überglücklich.”
Die Schwächung des Immunsystems stellt zwar eine Behandlungsmethode gegen MS dar, dabei steigt jedoch das Risiko, sich eine so genannte opportunistische Krankheit zuzuziehen. Umfangreiche Grundlagenforschungen sind also noch zu leisten. Diese Forschungsarbeit findet hauptsächlich in Dänemark statt, wo ein Team aus Biologen und Medizinern versucht zu klären, wie und warum das Immunsystem bei MS-Kranken aus den Fugen gerät.
Lars Fugger, Immunologe, Universität Aarhus:
“Das Immunsystem ist mit einer Armee vergleichbar, die feindliche Eindringlinge wie beispielsweise Viren bekämpft. Unter normalen Umständen ist diese Armee in der Lage, zwischen Einheimischen und fremden Eindringlingen zu unterscheiden. Bei MS jedoch entsteht eine Art Bürgerkrieg, das Immunsystem macht keinen Unterschied mehr zwischen Freund und Feind. Es trägt seinen Kampf im Gehirn aus, so als ginge es um die Vernichtung eines feindlichen Virus.”
Die Folgen dieses Bürgerkriegs im Organismus sind mit Hilfe eines Scanners leicht sichtbar zu machen. Die befallenen Regionen erscheinen als Löcher, die die Zerstörung des Gewebes belegen. Diese Gehirnbereiche werden völlig unbrauchbar, und so entstehen die Nervensymptome, die mit der Krankheit einhergehen.
Lars Fugger, Immunologe, Universität Aarhus:
“Die Krankheitssymptome tauchen auf, wenn das Gehirn mit dem restlichen Organismus nicht mehr kommunizieren kann. Normalerweise sendet das Gehirn Impulse über die Nerven aus. Die Nerven sind von einer Fetthülle geschützt, dem so genannten Myelin. Bei MS wird diese Isolierung vom Immunsystem angegriffen und vernichtet.
Diese Zerstörung des Myelins führt dazu, dass das Gehirn mit dem restlichen Organismus nicht mehr in Kontakt treten kann. Wir wissen, dass Erbfaktoren für MS verantwortlich sein können. Aber die Krankheit wird nicht nur vererbt, auch Umweltfaktoren, wie beispielsweise eine simple Virusinfektion kann eine multiple Sklerose auslösen. Wir wissen, dass der Epstein-Barr-Virus, der zu den Herpesviren zählt, auch mit MS in Verbindung gebracht werden kann.”
Der Epstein-Barr-Virus ist der Erreger der infektiösen Mononukleose , einer Krankheit, die durch bloßen Kontakt übertragen wird. Um einen Zusammenhang zwischen diesem Virus und MS nachzuweisen, hat Lars Fugger ein experimentelles Tiermodell entwickelt.
Lars Fugger, Immunologe, Universität Aarhus:
“Uns steht jetzt eine ganz neue Möglichkeit zur Untersuchung der multiplen Sklerose zur Verfügung, denn wir können die Gene von MS-Kranken auf Mäuse übertragen. Wir haben solche Krankheitsgene in das genetische Erbe dieser Maus transferiert.
Eine Maus, die einen Abschnitt des Immunsystems eines MS-Kranken besitzt, entwickelt die gleichen Symptome und erfährt die gleichen Veränderungen ihres zentralen Nervensystems wie der Mensch.”
Die Forscher haben in die Gehirne verstorbener Patienten Antikörpern injiziert, die von Mäusen gebildet wurden. Hier erkennt man, wie diese Antikörper ganz bestimmte Gehirnbereiche einfärben. Mit Hilfe dieses Experiments lassen sich die im Verlaufe der Krankheit beschädigten Zellen erkennen. Diese Zellen wurden fälschlicherweise von weißen Blutkörperchen angegriffen, den T-Lymphozyten. Diese Moleküle bilden die Infanterie des Immunsystems. Die Frage lautet also: Wie kommt es, dass der Mensch weiße Blutkörperchen besitzt, die für seinen Organismus derart gefährlich werden können?
Lars Fugger, Immunologe, Universität Aarhus:
“Es ist vorstellbar, dass eine Infektion mit dem Epstein-Barr-Virus ein T-Lymphozyt aktiviert, das daraufhin das zentrale Nervensystem attackiert, weil es das Virus nicht von diesem System unterscheiden kann. Daher stellt sich die Frage: Warum gelingt den T-Lymphozyten diese Unterscheidung nicht?”
Indem er die Struktur des Myelin-Proteins links mit der des Epstein-Barr-Virus rechts vergleicht, kann Lars Fugger nachweisen, dass beide Moleküle praktisch deckungsgleich sind. Jetzt wird besser verständlich, warum sich die T-Lymphozyten in ihrem Ziel derart irren können.
Lars Fugger, Immunologe, Universität Aarhus:
“Mit unserer Forschungsarbeit konnten wir also zeigen, wie es möglich ist, dass das Nervengewebe von MS-Patienten fälschlicherweise vom eigenen Immunsystem angegriffen wird. Aber ich möchte unterstreichen, dass wir nur ein kleines Teilchen in ein großes Puzzle haben einfügen können.”
Trotzdem erhielten die Forscher dafür den Prix Descartes 2002, der jedes Jahr von der Europäischen Union für eine herausragende wissenschaftliche Arbeit vergeben wird.
So, das erstmal zum Nachlesen. Ich hoffe, euch geht es ansonsten gut-
Cony, wie hast du deinen Geburtstag überstanden, hast du gut gefeiert?
Eure Tina