TCM & Akupunktur

Nur TCM zu machen und alle andern Medikamente wegzulassen, davon rät Dr. Ulrich März im Chat vom 7.2.06 ab.

aki: Ni hao aus Shanghai! Seit meiner Diagnose Sept./04 - ich hatte ein ueberaus lebhaftes Lhermitte-Zeichen und bereits Laesionen im Gehirn, lebe ich mit haeufig erneut auftretenden Dysaesthesien und Brennschmerzen, hauptsaechlich in der linken Koerperhaelfte hueftabwaerts. (Ich nehme natuerlich Betainteferon und auch Neurontin seit mehr als einem Jahr.) Seit 4 Monaten mache ich in einer hiesigen TCM Klinik zweimal pro Woche Akupunktur bei einem zugelassenen Arzt. Wir stimmen ueberein, dass mein Yin & Yang schon lange vor meiner Diagnose aus den Fugen geraten sein muessen, und arbeiten an einer allgemeinen Verbesserung des Qi. Mein Arzt interessiert sich sehr fuer MS, ich bin allerdings seine erste real life Patientin. Manche akute Schmerzsymptome konnte er bisher erfolgreich beeinflussen, der Effekt haelt dann auch durchaus an. Er setzt 8 - 9 Nadeln in Beine, Fuesse, Unterarme, Handgelenke fuer cirka 20 Minuten, nicht ohne vorher ausgiebig meinen Puls und Zunge geprueft zu haben und sich nach dem momentanen Symptomstand zu erkundigen. Je nach Stand der Dinge setzt er dann die Nadeln, manche etwas tiefer, manche spuere ich kaum. Missempfindungen treten immer wieder mal auf, aber ich fuehle mich dennoch bei der Akupunktur ernst genommen und irgendwie in guten Haenden. - Haben Sie grundsaetzliche irgendwelche Einwaende gegen meine Vorgehensweise? - Vielen lieben Dank fuer Ihre Antwort

Dr. Ulrich März: Hallo aki, das hört sich doch sehr gut an, von mir gibt´s da keine Einwände.

hilde: Sehr geehrter Dr März, Seit gut 20 Jahren habe ich MS, ich bin 48, weiblich und bin noch voll berufstätig. Meine MS ist etwa 10 Jahre lang schubförmig gewesen, danach - wieder etwa 10 Jahre - sekundär progredient. Alle Medikamente gegen MS der Schulmedizin wurden erfolglos getestet - mit Ausnahme von Cortison. So kam ich zu TCM Vor einem 3/4 Jahr langer Aufenthalt in der TCM KLinik. Seitdem regelmäßig Qi Gong und Dekokt von chin. Kräutern. Vor TCM litt ich immer unter einem extremen Kältegefühl bis zum Schmerz. Seit TCM ist das weg. Psychisch fühle ich mich seit TCM auch viel bessere - das fällt auch Aussenstehenden auf. Vor 2 Wochen erlitt ich den 4. Hörsturz. Ich wurde wie sonst mit Infusionen (mit Cortison) behandelt. Sofortige Besserung. Meine Frage: Sollte ich in meiner Situation regelmässig zusätzlich zu TCM mit Cortison behandeln lassen?

Dr. Ulrich März: Hallo Hilde! Die Frage, wann und in welcher Dosis Cortison zusätzlich zur TCM eingesetzt werden soll, kann man nicht pauschal beantworten. Vielmehr sollte Cortison je nach vorliegender Symptomatik zu den anderen Medikamenten eingesetzt werden. Alle Medikamente wegzulassen und nur noch TCM zu machen würde ich nicht empfehlen.

Lucy: Hallo Herr Dr. März, ich bin seit 6 Jahren an MS erkrankt ( schubverförmiger Verlauf lt. den Ärtzen, seit 4 Jahren Betaferontherapie). Meine Ärtzin hat mir von Akupunktur abgeraten, da hierbei die Nervenbahnen zu sehr gereizt werden. Wie ist diese Aussage zu werten und was empfehlen Sie ?

Dr. Ulrich März: Hallo Lucy, diese Aussage zeugt von mangelnder Kenntnis der Anwendung und Wirkung von Akupunktur. Eine korrekte Nadelung reizt die Nervenbahnen nicht zu sehr, sondern gerade so, dass der Organismus reagiert, beispielweise mit einer Reduzierung von Entzündung, Stimmungsaufhellung oder erhöhter Sauerstoffversorgung des Gehirns. Laut einer Studie des Washington Acupuncture Center an über 10.00 Patienten zeigte sich bei 85% aller MS-Patienten eine signifikante Besserung der Beschwerden durch Akupunktur.

Moderator Patricia Fleischmann: Hallo, liebe Chatter, hallo, lieber Dr. März, aus technsichen Gründen begrüße ich Sie erst jetzt. Kleiner Tipp: Sie können auch gerne über das Beitragsfenster Erfahrungen miteinander austauschen. Ich wünsche angeregte Unterhaltung!

Lucy: Hallo Dr. März, ich habe bis jetzt keine Erfahrungen mit TCM, würde mich aber gerne intensiver damit beschäftigen. An wen (MS-erfahrene Ärtze, Heilpraktiker ?, Kliniken) kann ich mich wenden ? Ich wohne im Großraum Nürnberg. Vielen Dank!

Dr. Ulrich März: So spontan fällt mir da eigentlich nur die Steigerwald-Klinik in Gerolzhofen ein, da liegt aber eher näher an Würzburg. Sonst gäbe es noch die Möglichkeit, auf der Website der Deutschen Wissentschaftlichen Gesellschaft für TCM - www.dwgtcm.com - nachzusehen. Außerdem verfügt die SMS in München und sicherlichauch die Arbeitsgemeinschaft für klassische Akupunktur und TCM (089-366993) über entsprechende Listen. Viel Glück!

RoseMarie.Rosemarie: Hallo Herr Dr. März,bei welchen Beschwerden empfehlen Sie bei MS TCM & Akupunktur hauptsächlich?

Dr. Ulrich März: Hallo Rosemarie, besonders empfehlen kann ich Akupunktur und TCM bei Schmerzen, Erschöpfungszuständen, Kältegefühlen und Stimmungsveränderungen. Das heißt aber nicht, dass nicht auch die schwieriger zu behandelnden Symptome wie z.B. Missempfindungen, Paresen, Muskelkrämpfe und Unruhe ansprechen können

Jana: Hallo Dr. März Ich habe seit 6 Jahren MS (Schubförmiger Verlauf) nehme keine Medikamente (aus SChulmedizinischer Sicht) sondern bin in Homöopathischer Behandlung. Schließen sich TCM und Globulis gegenseitig aus? Übernehmen die kassen irgndwelche Leistungen ? und wenn nicht, wie teuer ist eine Behandlung ? Bzw. die fortwährende Behandlung bei MS'lern. Danke Jana

Dr. Ulrich März: Hallo Jana, aus Sicht der TCM ergänzen sich TCM und Homöopathie sehr gut. Es gibt allerdings Homöopathen, die prinzipiell keine ander Behandlung neben der Homöopathie dulden, da sie sonst die Wirkungen nicht richtig beurteilen können. Die Kassen übernehmen (noch) nur die Kosten einer Schmerzakupunktur bei chronischen Schmerzen von Kopf/Lendenwirbelsäule/Hüftgelenken oder Knien. Alles Andere ist SElbstzahlerleistung bei den gesetzlichen Kassen. Die Kosten sind von Therapeut zu Therapeut unterschiedlich.

heidrun: Hallo Dr März, Sie sagen ich solte nicht alle anderen Medikamente der Schulmedizin weglassen und nur noch TCM zu mir nehmen. Das ist ja gerade mein Problem: aus der Schulmedizin habe ich ja nichts mehr vertragen: Betaferon - Mitoxantron - Immungluboline... Welches Medikament parallel zu TCM würden Sie mir empfehlen??

Dr. Ulrich März: Hallo Heidrun, da kann ich von hier aus nicht empfehlen, so leid es mir tut. Cortison sollte immer dann höherdosiert eingesetzt werden, wenn schnell eine entzündliche Symptomatik im Organismus bekämpft werden soll. Eine niedrigdosierte Dauertherapie kann auch im Zusammenhang mit TCM angezeigt sein.

Nick: Hallo Dr. März! Was genau ist unter TCM zu verstehen? Akkupunktur ist klar.

Dr. Ulrich März: Hallo Nick! TCM, also Traditionelle Chinesische Medizin, bedeutet von der Diagnostik her eine komplette Sammlung und ganzheitliche Beurteilung aller Symptome des Patienten auf körperlicher und auf psychischer Ebene, dazu Zungen- und Pulsdiagnose, dann Einsortierung der Krankheitsbildes in ein individuelles Muster. Therapeutisch stehen zur Verfügung:Akupunktur, Laser-Akupunktur(modern), Arzneimitteltherapie, Ernährungstherapie, Manuelle Therapie (Massagen usw.) und Qigong = Heilgymnastik.

heidrun: Hallo Dr. März, wie könnte eine niedrigdosierte Dauertherapie mit Cortison genau aussehen?

Dr. Ulrich März: Sie könnte beispielsweise aus 2,5 bis 5 mg Decortin pro Tag bestehen. Das muss aber bitte unbedingt mit dem behandelnden Arzt abgesprochen werden.

Lucy: Hallo Herr Dr. März, erstmal vielen Dank für Ihre hilfreichen Antworten. Haben Sie auch Erfahrungen mit der Magnetfeldtherapie ? Kann dies ergänzend zur TCM betrachtet werden ?

Dr. Ulrich März: Hallo Lucy, es gibt aus meiner Sicht durchaus auch positive Ergebnisse mit Magnetfeldern, allerdings weniger mit statischen Feldern (z.B. Magneten) als mit pulsierenden Magnetfeldern (elektromagnetische Felder). Hier sollte man darauf achten, ein Gerät von einem seriösen Anbieter zu benützen. Ich benütze in meiner Praxis ein Gerät von Prof.Warnke und habe, besonders bei Erschöpfungszuständen, durchaus schon positive Erfahrungen gesammelt.

RoseMarie.Rosemarie: Hallo Heidrun,hast du außer Betaforon auch andere Interforone versucht,manche vertragen nur eine Sorte?

heidrun: Hallo Rosemarie ich hab nur Betaferon bekommen aber nach etwa einem 3/4 Jahr wegen der starken Nebernwirkungen abgesetzt. Ausserdem fand ich die dauernde Spritzerei unangenehm. Man wird ständig mit der Krankheit konfrontiert - das war nichts für mich.

Lucy: Herr Dr. März, ist die bereits erwähnte Ernährungstherapie in der TCM, vergleichbar mit der Diät nach Dr. Fraatzer. Wie funktioniert die Ernährungstherapie der TCM ? Vielen Dank.

Dr. Ulrich März: Hallo Lucy, den Dr. Fraazer kenn ich jetzt nicht, kann Dir aber was zur TCM-Diätetik sagen: Alle Nahrungsmittel werden erstens nach ihrer Temperaturwirkung im Körper eingeteilt. Beispielsweise wirken Knoblauch oder Rindfleisch oder Pfeffer warm bis heiß und sind bei Entzündungen eher nicht so gut. Da nimmt man besser die kühl wirksamen Sachen wie Milch, Gurke oder Wassermelone. Diese Nahrungsmittel wiederum sind nichts für die Verfrorenen. Das nur als grober Anhaltspunkt. Dann werden die Sachen zweitens nach ihrer energetischen Richtung eingeteilt, sie können nach innen weisen (Saures, gut bei Schwitzen), oder nach außen (Scharfes, gut wenn man einen frischen Infekt hat), usw. Wirklich gut kann man die chinesiche Ernährungslehre/Diätetik aber erst dann einsetzen, wenn man vorher eine korrekte TCM-Diagnose gestellt hat. Die könnte etwa lauten: Feuchte-Hitze in der Leber und Milz-Qi-Mangel.

Moderator Patricia Fleischmann: 20.27, noch 3 Minuten: Ich rufe schon mal die letzte Fragerunde aus!

Rosemarie: Herr Dr März,Gibt es zur TCM-Diätetik Literatur?Vielen Dank.

Dr. Ulrich März: Hallo Rosemarie, hier 3 Tipps: Barbara Temelie: Ernährung nach den 5 Elementen. Susanne Hornfeck: Die acht Schätze der chinesischen Heilküche. Karola Schneider: Kraftsuppen nach der chinesischen Heilkunde.

Moderator Patricia Fleischmann:
Verehrte Chatter, lieber Herr Dr. März, danke für die sehr angeregte Diskussion heute Abend. In 2 Wochen geht's weiter mit Blasenstörungen bei Multiple Sklerose. Bis dahin vielleicht. Allen eine schöne Zeit!

Redaktion: AMSEL e.V., 07.02.2006