Schneller, höher, weiter?

Mit der Borg Skala geht kann man getrost trainieren, so Sabine Lamprecht im AMSEL-ExpertenChat vom 04.04.06.

Moderator Patricia Fleischmann: Liebe Chatter, einen schönen guten Abend an alle! Heute begrüße ich Sabine Lamprecht zum AMSEL-ExpertenChat mit dem Thema Sport und Bewegung bei MS. Ab 19 Uhr antwortet unsere Expertin. Ihre Fragen können Sie freilich jetzt schon abschicken.

Regina: Guten Abend Frau Fleischmann, guten Abend Frau Lamprecht, kann man durch Überanstrengung beim Sport (Joggen) - also training im anaeroben Bereich einen Schub begünstigen ?

Sabine Lamprecht: Guten Abend Regina, Überanstrengung ist sicherlich zu vermeiden. Empfehlenswert wäre die Verwendung der Borg-Skala (im Intrernet abrufbar), die sich am subjektiven Empfinden orientiert. Ob direkt ein Schub auslösbar ist, wird kontrovers diskutiert

caro: Ich habe eine sekundär, chronisch, progrediente MS. Ich habe in letzter Zeit festgestellt, je öfter ich Muskeltraining mache, umso schlechter kann ich laufen. Ich bin in vergangener Zeit 2x in der Woche zum "Kiesertraining" (Muskelaufbautraining) gegangen, letzte Woche habe ich nur 1x trainiert, war vorher aber 3 Wochen zur Reha-Kur gewesen. Habe insgesamt 4 Wo. kein Kiesertraining gemacht und war nach dem 1. Mal total fertig. Kann das sein, daß ich mich überfordere ?

Sabine Lamprecht: Liebe Caro, vorsicht vor Überforderung. Bitte orientieren sie sich an der Borg-Skala. Krafttraining sollten Sie in einem physiotherapeutisch geleiteten Bereich absolvieren. Die Therapeuten müssen Erfahrung in der Betreuung neurologischer Patienten haben.

Inès: Ständig früher eintretende Schwäche führten dazu, daß ich immer weniger Sport machte, aus Angst bei Überanstrengung einen Schub zu provozieren. Als Folge ist meine Muskulatur jetzt völlig schwach. Wie kann ich die Muskulatur wieder aufbauen, mit welchen Sport? Welche max. Belastung? Ist Es möglich?

Sabine Lamprecht: Liebe Ines, gerade bei Schwäche wäre Sport und gezieltes Training sinnvoll. Empfehlenswerte Sportarten sind Nordic walking, therapeutisches Klettern, Laufband und Gleichgewichtstraining , auch an Geräten. Belastung: siehe Borg-Skala

Frage: Guten Abend Frau Fleischmann, guten Abend Frau Lamprecht, kann man durch Überanstrengung beim Sport (Joggen) - also training im anaeroben Bereich einen Schub begünstigen ?

Sabine Lamprecht: Guten Abend Regina, Überanstrengung ist sicherlich zu vermeiden. Empfehlenswert wäre die Verwendung der Borg-Skala (im Intrernet abrufbar), die sich anm subjektiven Empfinden orientiert. Ob direkt ein Schub auslösbar ist, wird kontrovers diskutiert.

Moderator Patricia Fleischmann: Kleiner Hinweis an alle Chatter: Über das Fled "allgemeiner Beitrag" können sich untereinander austauschen, während Sie auf die ExpertenAntwort warten.

Regina: In welchem Bereich sollte der Puls beim Ausdauersport bleiben ? Stimmt die Formel wie bei Gesunden ? 220- Lebensalter davon ca. 75 %?

Sabine Lamprecht: Hallo Regina, bei neurologischen Patienten kann diese Formel keine Anwendung finden, da vereinfacht ausgedrückt, der Herzmuskel kräftiger ist asl z.B. Arm-, Beinmuskulatur. Bitte orientieren Sie sich auch um Tagesschwankungen zu berücksichtigen an Ihrem subjektivem Empfinden.

Regina: Das Problem bei mir ist, daß der Sport sehr viel Spaß macht und auch das verausgaben eine streßmindernde bzw. frustabbauende Methode für mich ist. Ich stelle erst im nachhinein fest, daß es zuviel war. Ich weiß nicht so richtig wonach ich mich richten soll ?

Sabine Lamprecht: Liebe Regina, selbstverständlich dürfen Sie nach dem Sport wie jeder andere die Anstrengung spüren. Zu "viel" ist es erst, wenn Sie am nächsten Tag noch erschöpft sind.

Toni: Was kann man als Rollifahrer für Übungen machen?

Sabine Lamprecht: Lieber Toni, es gibt in der medizinischen Trainingstherapie viele Geräte, die für Rollifahrer ideal sind, z.B. Armfahrrad, Seilzugtraining, sogar Laufbandtraining mit Gewichtentlastungssystem. Als Sportart könnten Sie entsprechend Ihren Möglichkeiten Baskettball, Federball, Bogenschießen oder auch "Reiten" oder tauchen ausüben. Asls einfache Übung genügt schon das Rollstuhlfahren an sich, besonders im Gelände und häufiges hochstützen mit Armen und evtl Beinen aus dem Rollstuhl.

Regina: Die Angst vor "zuviel" schwingt irgendwie mit. Es ziept oder kribbelt nämlich immer irgendwo. ;-) Das ist für mich eindeutiger - danach kann ich mich besser richten. Vielen Dank Frau Lamprecht.

Sabine Lamprecht: Liebe Regina, lassen Sie sich nicht durch die Angst vor "zuviel" in Ihrem Sport hemmen. Meiner Erfahrung nach ist es besser, Sie üben Ihren Sport sorgenfrei aus, auch wenn es einmal "zuviel" sein sollte. Das alleine bewirkt keinen Schub und beim nächsten Mal kann es wieder ganz anders sein. Ansonsten können Sie ja die Belastung ja reduzieren. Weiterhin viel Spaß bei Ihrem Sport.

Toni: Was kann man mit dem Terraband machen? Und welche "Hausmittel" gibt es noch, ohne ein Fitnesscenter oder den Pferdestall aufsuchen zu müssen (bin gegen beides allergisch)?

Sabine Lamprecht: Lieber Toni, Theraband sind vergleichbar mit Seilzugübungen. Es gibt inzwischen viel kleine Broschüren und Bücher, zum Teil sogar kostenlos als Beigabe beim Kauf eines Therabandes. Gehen Sie diese Übungsanleitungen mit Ihrer Physiotherapeutin durch, damit sie Ihnen Ihre optimalen Übeungen zusammenstellt. Generell können Sie auch vieles selbst ausprobieren: alles nach außen oben ist empfehlenswert mit wenig Widerstand und viel Wiederholungen trainieren die Übungen langsam ausführen und auf Ausweichbewegungen achten Viel Spaß und Erfolg

Toni: Was empfehlen Sie im Alltag, um das Nachvornsinken zu vermeiden?

Sabine Lamprecht: Lieber Toni, Nachvornesinken bedeutet oft Rumpfschwäche. Dafür sind Theraband-Übungen wie gesagt, nach hinten oben sehr zu empfehlen. Ausserdem auch jede Kräftigung des Schultergürtels wie z.B. auch das vorher genannte Hochstützen im Rollstuhl. In der Physiotherapie wäre Vojta-Therapie zu empfehlen. Wenn Sie wollen und können, ist das "Krabbeln" ein ideales Training.

Toni: Was ist Woita?

Sabine Lamprecht: Lieber Toni, Vojta ist eine neurophysiologische physiotherapeutische Behandlungstechnik, die von Physiotherapeuten mit entsprechender Zusatzqualifikation angewandt wird. Vojta ist ideal bei Schwäche, aber auch bei Tonuserhöhung. Vojta ist neben der Bobath-Therapie die erfolgreichste physiotherapeutische Behandlungstechnik bei MS.

kivoki: Es kann auch so gehen: Habe die Diagnose vor 7 Jahren bekommen, habe seither 8 Martahons absolviert. Mir hilft das alles für mein Wohlbefinden. Schlecht ging es mir immer nur dann, wenn ich faul auf der Haut lag und nichts getan habe.

Sabine Lamprecht: Lieber Kivoki, neue Erkenntnisse in der Neurorehabilitation geben Ihnen vollkommen recht. Alles spricht für bessere Erfolge bei höherer Behandlungs- und Trainingsintensität. Ob für jeden gleich ein Marathon empfehlenswert wäre, ist fraglich.

Moderator Patricia Fleischmann: Gratulation kivoki! Und für wann ist der nächste Marathon geplant?

carmen: Muss man bei Läsionen im Lendenbereich etwas beachten? Keine Situps oder so?

Sabine Lamprecht: Liebe Carmen, Plaques im Lendenwirbelsäulenbereich sprechen nicht gegen Bauch- oder Rückenmuskeltraining. Sollten die Läsionen jedoch Bandscheibenvorfälle oder Wirbelsäulenveränderungen sein, sollten Sie Situps absolut vermeiden. Leider sind Situps allgemein keine sehr sinnvolle Bauchmuskelübungen.

kivoki: Durch Trainingsrückstand habe ich letzte Woche in Rom abgebrochen, und mein nächstes Ziel ist im Herbst Berlin. Dennn-das ist auch wichtig, sobald es zur Quälerei wird sollte man vernünftig sein und aufhören!

Sabine Lamprecht: Lieber Kivoki, Sie haben dadurch exakt die Borg-Skala angewandt. Nur das subjektive Empfinden zählt.

carmen: Wo findet man die Borgskala im Netz?

Sabine Lamprecht: Liebe Carmen, bei google "Borg Skala" eingeben.

carmen: Danke & einen schönen Abend noch

Moderator Patricia Fleischmann: Liebe Chatter, liebe Frau Lamprecht, für heute schließt der AMSEL-Chat. Am Dienstag, 18.4. geht's dann weiter mit Prof. Kieseier und dem Stand der Forschung in der MS. - Danke für Ihre Beiträge und einen schönen Abend!

Redaktion: AMSEL e.V., 04.04.2006