Progrediente Multiple Sklerose

Im Expertenchat mit Prof. Mathias Mäurer ging es neben Ocrelizumab auch um Siponomod, hochdosiertes Biotin, Cannabinoide und mehr. Hier das Protokoll.

Moderator Patricia Fleischmann: Liebe Chatter, heute ist wieder einmal die schleichende Form der Multiplen Sklerose unser Thema. Willkommen im AMSEL-Chat ! Wir sind gepannt auf Ihre Fragen.

Sonni: Hallo Herr Prof. Mäurer, ich habe am ehesten einen sekundär progredienten Verlauf (vermutlich. Initialer Schub, danach gleich Übergang in SPMS), wobei auch schon im Raum stand, dass ich einen primär progredienten Verlauf habe. Eine Freundin hat definitiv PPMS. Bei uns beiden finden sich kaum Lästigen im MRT, aber insbes. die motorischen Einschränkungen verschlechtern sich bei uns beiden schleichend. Trotz dieser für den Laien ähnlicher Verläufe wird uns eine unterschiedliche Medikation angeboten. Ich habe die Option auf Mitoxantron, meine Freundin bekommt seit Kurzem Rituximab, mit der Option auf Ocrelizumab, wenn es zugelassen wird. Soweit ich weiß wirkt Mitoxantron auf die T-zellen, Rituximab auf die B-Zellen. Meine Frage ist nun, ob bei den progredienten Verläufen verstanden ist, welche Zellen bei den degenerativen Prozessen eine größere Rolle spielen. Falls nein, wie wird dann die unterschiedliche Medikation begründet? Mit der verfügbaren Studienlage? Viele Grüße

Prof. Mathias Mäurer: Ich glaube Mitoxantron wurde Ihnen in erster Linie angeboten, weil hier die SPMS durch die Zulassung abgedeckt ist und Rituximab im Moment eine off-label Therapie ist. Mitox hat aus meiner Sicht zu viele NW als das man es heute noch anwenden sollte. Mitox ist ein Immunsuppressivum und reduziert grundsätzlich teilende Zellen/Immunzellen, Rituximab ist ein spezifischen Medikament, das B-Zellen depletiert.

Prof. Dr. med. Mathias Mäurer

Seit 2016 Chefarzt der Klinik für Neurologie in der Stiftung Juliusspital, Würzburg.

  • Davor Chefarzt der Neurologie im Caritas-Krankenhaus, Bad Mergentheim sowie geschäftsführender Oberarzt an der Neurologischen Klinik des Universitätsklinikums Erlangen.
  • Schwerpunkte: Akut-Neurologie, Neurologischen Intensivmedizin, Neuroimmunologie, vor allem bei der Versorgung von Patienten mit Multipler Sklerose.
  • Mitglied des Ärztlichen Beirates der AMSEL
  • 2001 mit dem Sobek Nachwuchspreis ausgezeichnet.
  • Bloggt regelmäßig zu verschiedenen Themen der Multiplen Sklerose auf www.ms-docblog.de

Moderator Patricia Fleischmann: Hallo Sonni, Prof. Mäurer antwortet ab 19 Uhr. Schöner Name bei diesem Regenwetter :-)

Andy: Lieber Herr Prof. Mäurer In Erwartung der Zulassung von "Ocrevus" (vermutlich nicht vor Herbst 2017) möchte ich Sie fragen, ob durch das Medikament eine dauerhafte Verbesserung der ppMS zu erwarten ist - oder ob es sich nach der Einnahme lediglich um eine zeitliche Verzögerung der Symptomzunahme (die Rede war von ca. 6 Monaten) handelt ? Wird die vielversprechende Anwendung von "Biotin" ernsthaft weiter verfolgt ? Danke

Prof. Mathias Mäurer: Biotin wird weiter verfolgt, es wird aktuell eine größere Studie aufgelegt, an der auch deutsche Zentren teilnehmen werden. Ich glaube von Ocrevus kann man eine Verzögerung der Progredienz erwarten, nichts anderes ist im Bezug auf die Studienkohorte gezeigt worden.

Matro: Hallo Herr Professor Mäurer, ist Ocrelizuab schädlich? und greift es auch andere Organe an? es wird ja Intravenös gegeben, wenn ich richtig informiert bin...

Prof. Mathias Mäurer: Ja es wir intravenös gegeben. Die Studienergebnisse weise darauf hin, dass es gut relativ gut verträglich ist und auch innerhalb der Studien keine wesentlichen Sicherheitssignale gegeben hat. Aber natürlich muss man die Substanz in der Zukunft gut beobachten.

Helm: Guten Abend Prof. Mäurer! Wie genau ist die sekundär progrediente Form der MS eigentlich zu diagnostizieren? Nach meinem "hinhören" hat sich diesbezüglich einiges verändert oder ist "weicher" geworden?

Prof. Mathias Mäurer: Das ist eine gute Frage, denn das ist tatsächlich nicht ganz trivial. Der Übergang in eine sekundäre Progression ist nämlich kein Zeitpunkt sondern eher ein Zeitraum. Nach Lehrbuch ist eine SPMS dadurch gekennzeichnet, dass es auch zwischen den Schüben zu einer Verschlechterung kommt, wobei die Dynamik dieser Verschlechterung stark variieren kann.

Staub: Was sind konkret die Anforderungen um ocrevus bei ppms verschrieben zu bekommen?

Prof. Mathias Mäurer: Noch kennen wir ja die Zulassung nicht genau. Aber wahrscheinlich ist Ocrevus besonders sinnvoll bei kurzer Erkrankungsdauer, Zeichen der Krankheitsaktivität und erhaltener Gehfähigkeit.

Helm: ist es richtig, dass auch aktive Läsionen bei SPMS vorkommen können?

Prof. Mathias Mäurer: Ja klar, letztlich ist die SPMS die Fortsetzung einer initial schubförmigen Erkrankung. Die Schübe stehen nicht mehr so im Vordergrund, dafür ist die neurodegenerative Komponente der Erkrankung mehr wahrnehmbar. Aus meiner Sicht lohnt sich bei noch vorhandenen Aktivität auch immer die Diskussion über eine Immuntherapie.

Tanja: Guten Abend, ich habe seit September 2016 einen MS-Schub, MS ist bei mir zwar noch nicht bestätigt, aber aufgrund der Symptomatik sehr wahrscheinlich. Ein Schädel MRT im September und eine Lumbalpunktion im September haben einen Normalbefund geben, jedoch habe ich seitdem eine progrediente Verschlechterung meiner Symptome. Meine Symptome sind Taubheitsgefühle auf der linken Gesichtshälfte (1. Symptom), Sehstörungen, Schwindel, Kopfschmerzen, Tinitus, Nackensteifigkeit, Erschöpfung, einschlafende Arme und Beine linksseitig und seit 4 Wochen Missempfindungen in Hand und Fuß linksseitig verbunden mit Schwäche, Beschwerden in der Halswirbelsäule und Brustbeinschmerzen. Meine Neurologin möchte noch keine Medikamente verabreichen bis sich entzündliche Läsionen im Gehirn zeigen, da sie sagt, dass ein progredienter Verlauf der MS ohne Läsion zu Beginn des 1. Schubs eher unwahrscheinlich (15 %) sei und sie eher von einem langen 1. Schub oder einer Psychosomatik ausgeht. Wie sind Ihre Erfahrungswerte hierzu? Wäre das Anfertigen eines aktuellen MRTs sinnvoll? Vielen Dank

Prof. Mathias Mäurer: Also ein negatives MR und eine unauffällige LP wären aus meiner Sicht gute Gründe mal eine 2. Meinung einzuholen. Nehmen sie es mir nich übel, aber Diagnosen über den Rechner sind unmöglich, dafür muss man sie persönlich mit allen Unterlagen sehen.

Yvi: Hallo , Herr Professor Mäurer. Wird das Medikament auch für die sekundäre progrediente MS zugelassen ?

Prof. Mathias Mäurer: Ich hoffe, das Roche auch eine Studie bei SPMS macht. Aktuell wird es keine Zulassung für SPMS geben, weil es hierzu keine Studiengrundlage gibt.

Matro: Noch eine Frage: wird es Ambulant gegeben oder muß man ins Krankenhaus?

Prof. Mathias Mäurer: Das geht ambulant sehr gut - die ganze Prozedur dauert aber ca. 6 Stunden, ist also ein langer Tag.

Helm: Wann ist mit Siponimod zu rechnen und wie groß sind die Gefahren eines Virusrückfalls, wenn bereits Gürtelrose und Postzosterneuralgie durchgemacht wurde?

Prof. Mathias Mäurer: Na ja, wenn sie einen Zoster durchgemacht haben, dann sind sie ja erst einmal wieder immunologisch geboostert. Daher ist das kein spezielles Risiko. Ich denke dieses Jahr wird Siponimod nicht mehr kommen.

Matro: Muss man nach der Infusion tagelang zuhause bleiben oder darf man sofort unter Menschen gehen?? Vielen Dank

Prof. Mathias Mäurer: Wenn sie sich nach der Infusion wieder fit fühlen (die meisten sind am Folgetag etwas abgeschlagen) können sie alles machen was sie wollen.

Helm: Ich habe mal von einer Kombination von Interferon und Tetracyclinen gelesen, ist diese dann auch für SPMS vorgesehen?

Prof. Mathias Mäurer: Ja, das ist richtig, aber davon hat man schon lange nichts mehr gehört - da gibt es aus meiner Sicht aktuell nichts greifbares.

Matro: Mein Neuro sagte: erst im Sommer kann man mit Ocrevus rechnen, haben sie schon neue Infos, wann es zugelassen wird und auf den Markt kommt?

Prof. Mathias Mäurer: Für die schubförmige MS wird es Herbst werden. Für die PPMS ist ein sog. Compassionate Use („Anwendung aus Mitgefühl“) Programm aufgelegt - darunter versteht man den Einsatz (noch) nicht zugelassener Arzneimittel an Patienten in besonders schweren Krankheitsfällen, die mit zugelassenen Arzneimitteln nicht zufriedenstellend behandelt werden können.

Helm: Können Sie anhand der MRZ-Reaktion Rückschlüsse auf den Verlauf schliessen? Bei mir sind es nur Röteln. Alles weitere normal

Prof. Mathias Mäurer: Ich habe neulich mal etwas gelesen, dass man versucht hat über die MRZ Reaktion PPMS von RRMS zu unterscheiden. Meines Wissens hat das nicht funktioniert - aber unter Vorbehalt.

Helm: Gibt es Untersuchungen zum zeitlichen Verlauf der Erkrankung und wann Ruhe einkehrt?

Prof. Mathias Mäurer: Es gibt Untersuchungen zum zeitlichen Verlauf, aber letztlich geht es ja um den individuellen Fall - und den muss man individuell beurteilen. Da kann es auch mal sein, dass von selbst gar keine Ruhe einkehrt.

Helm: Was heißt das jetzt in meinem Fall?

Prof. Mathias Mäurer: Verstehe die Frage nicht - für welchen Fall?

Helm: Wissen Sie , wer zu Stammzellenmobilisation durch hyperbaren Sauerstoff forscht?

Prof. Mathias Mäurer: Ich lese und höre viel - aber das ist mir leider unbekannt.

Matro: Muss man nach der Infusion, wenn man sie verträgt und sie auch wirkt, andere Medis wie Fampyra Backofen usw.. weiter einnehmen?

Prof. Mathias Mäurer: Baclofen und Fampyra sind Medikamente zur symptomatischen Therapie. Ocrelizumab ist eine immunmodulatorische Therapie, dh sie moduliert das Immunsystem und schützt vor weiterer Aktivität, macht aber die Symptome primär nicht besser. Daher wird man auch weiterhin von symptomatischen Medikamenten profitieren und diese weiterhin einnehmen.

Helm: Kann man davon ausgehen, dass jeder MS-Patient mal progredient wird? Und kann der Neurologe in Zukunft individueller entscheiden, solange noch entzündliche Aktivität vorliegt, welche Therapie sie/er für angemessen hält?

Prof. Mathias Mäurer: Wenn man die Erkrankung in der Initialphase nicht oder unzureichend behandelt gehen ca. 60% der initial schubförmigen MS Patienten in einen sekundär chronisch progredienten Verlauf über.

Moderator Patricia Fleischmann: Liebe Chatter, in der Plauderecke, das ist das 2. Schreibfeld, können Sie sich auch gern untereinander austauschen und Ihre Erfahrungen teilen.

Sabo: Hallo Herr Prof. Mäurer, Stehen beim Übergang vom schubförmigen Verlauf zur SPMS eher motorische Verschlechterungen im Vordergrund oder kann sich die SPMS auch mehr durch Verschlechterung und Ausbreitung der Symptome wie z.B. Kribbeln, stromlaufen, Taubheitsgefühl und stärkere Spastik äußern?

Prof. Mathias Mäurer: Also sensible Symptome sind in jeder Phase der MS ein häufiger Begleiter, daher würde ich diese paroxysmalen Symptome (die sie beschreiben) nicht als Gradmesser heranziehen, auch wenn sie sicherlich nerven. Wichtig ist es vor allem auf die kognitiven Symptome zu achten - diese stehen häufig bei progredienten Verläufen sehr im Vordergrund.

Helm: Wie denken Sie über die neuen Optionen zu Cannabis ab dem 01.03.? Sehr viele Patienten praktizieren hiermit bereits nicht nur symptomatische Therapie ;-)

Prof. Mathias Mäurer: Cannabis kann für einzelne Patienten sicherlich sinnvoll sein - wobei ich hier immer THC in der entsprechenden Aufbereitung empfehlen würde und das bekommen sie auch jetzt schon ohne jedes Problem. Rauchen ist Mist, daher stehe ich da überhaupt nicht dahinter.


Allgemein - Flower: Hallo Frau Fleischmann, darf ich auch eine Frage stellen, die nicht direkt mit dem Hauptthema zu tun hat?


Moderator Patricia Fleischmann: Hallo Flower, ich denke, das geht ok :-)

tournesol: Wie kann man die verschiedenen Formen der MS voneinander unterscheiden? Gibt es dafür bestimmte Kriterien?

Prof. Mathias Mäurer: Da könnte ich jetzt ziemlich viel zu schreiben. Ganz kurz gesagt, weit über 80% der Patienten beginnen schubförmig und gehen - wenn schlecht behandelt - in die sekundär progrdiente MS über. Ca. 10% der Patieten habe nie Schübe und sind von Anfang an progredient - PPMS. Hier ist das Verhältnis Männer Frauen gleich, die Patienten sind bei Krankheitsbeginn älter und das Rückenmark ist häufiger betroffen.

Helm: Sie: Ich habe neulich mal etwas gelesen, dass man versucht hat über die MRZ Reaktion PPMS von RRMS zu unterscheiden. Wie sah diese Unterscheidung aus?

Prof. Mathias Mäurer: Wie hoch der Prozentsatz der MRZ Reaktion im Vergleich bei den beiden Verlaufsformen ist.

Flower: Hallo Herr Dr. Mäurer, haben Sie in Ihrer langjährigen Praxis erlebt, dass Gelenk- und Gliederschmerzen als Nebenwirkung beim Interferon auftreten. Ich meine damit nicht die üblichen grippeähnlichen Symptome. Die Schmerzen sind nach 4 Jahren Spritzen aufgetreten und gehen jetzt weg, nachdem ich seit Mitte Dezember pausiert habe....

Prof. Mathias Mäurer: Ich habe solche Beschwerden schon im Zusammenhang mit IFN gehört - in Ihrem Fall muss man sicherlich einen Zusammenhang herstellen, wenn die Beschwerden nach dem Pausieren weg sind.

Charly: Wie ist aktuell der Stand der Forschung bei der Reperatur der Nerven und der Myelinschicht. Ich hatte große Hoffnungen in Anti Lingo gesetzt.

Prof. Mathias Mäurer: Ja, das hat sich leider im Moment noch nicht erfüllt. Ich denke zwar, dass auf diesem Gebiet das letzte Wort noch nicht gesprochen ist, aber im Moment ist Anti-Lingo nicht spruchreif. Der beste Schutz vor Zerstörung ist und bleibt derzeit eine effiziente Immuntherapie.

Helm: Ist eine tageszeitliche Muskel-Schwäche ab ca. 13.00 ein Zeichen für SPMS? Habe ich jetzt seit über einem Jahr und schränkt meinen Tag 50% ein...

Prof. Mathias Mäurer: Eine motorische Fatigue - so würde ich das nennen was sie beschreiben - ist zwar bei SPMS häufig anzutreffen, aber es ist kein spezifischen Symptom für eine bestimmte Phase der Erkrankung.

Flower: Besteht dann eine Wahrscheinlichkeit, dass ich ähnliche Beschwerden habe, wenn ich auf ein anderes Medikament, Capaxone oder Betaferon umsteige?

Prof. Mathias Mäurer: Wenn die Beschwerden unter einem Interferon aufgetreten sind, besteht die Möglichkeit, dass es bei Copaxone keine Problem gibt, denn dies ist ein völlig anderer Wirkstoff.

Flower: Danke! :-)

Prof. Mathias Mäurer: gern geschehen

Sonni: Welche Medikamente setzen Sie bei SPMS ein? Gegen Interferone hab ich neutralisierende Antikörper...

Prof. Mathias Mäurer: Bestimmte Interferone habe sogar eine Zulassung für SPMS, aber wenn sie NABs haben macht das keinen Sinn. Ansonsten rücke ich eigentlich immer mehr ab von dem Begriff SPMS - mir ist wichtiger ob jemand noch Zeichen der Aktivität hat, Schübe oder neue MR Läsionen. Und in solche Fälle nutze ich die gesamte Palette - aber das ist auch immer eine Einzelfallentscheidung.

Helm: Wie behandelt man motorische Fatigue?

Prof. Mathias Mäurer: Gute Frage, Thema für einen eigenen Chat. Die Basis ist immer eine potente Immunmodulation, dann sinnvolle Einteilung des Tagesablaufes, Sport und ggf. auch bestimmte Medikamente (z.B. SSRI)

E.S.: Guten Abend, ich bin 65 Jahre alt und leide seit 1985 an MS, jetzt PPMS. Gibt es für mich z.Z. ein Medikament, was mir helfen könnte?

Prof. Mathias Mäurer: Wie schon vorher gesagt - auf der Grundlage so weniger Infos kann ich niemanden beraten. Allgemein gesagt, es ist zu erwarten, dass Ocrelizumab für die Behandlung der PPMS zugelassen wird. Ob es etwas für sie ist, müssen sie mit Ihrem Neurologen besprechen.

Helm: Hat das Konzept die SPMS alle 3-Monate mit Cortison zu behandeln den Sinn, die Blut Hirn Schranke zu schliessen? Und gibt es eine weitere Substanz, die etwas ähnliches kann?

Prof. Mathias Mäurer: Kortison hat keinen Einfluss auf den Verlauf der Erkrankung. Kortison wird in dieser Konstellation aber häufig als symptomatische Therapie zur Reduktion von Spastik verwendet.


Allgemein - Sabo: Gibt ja noch nicht so viele Themen für die nächste Zeit. Vielleicht findet Frau Fleischmann ja einen "freiwilligen" für das Thema "motorische Fatigue" Fände ich sehr interessant.


Sonni: Ich habe weder Abgrenzungen Schübe noch neue Läsionen. Genau genommen hatte ich nur initial Kontrastmittelaufnehmende Läsionen (3 Stück, gefunden Mitte 2010), danach wurden nur noch 2 fragliche Läsionen ohne Kontrastmittelaufnahme gefunden (das ist auch schon 2,5 Jahre her). D.h. Sie würden diesen Verlauf nur symptomatisch behandeln?

Prof. Mathias Mäurer: Ich müsste die Bilder sehen, um das vernünftig beantworten zu könne. Aber neue Läsionen sind eine Zeichen für Aktivität und das gehört dann richtig (immunmodulatorisch) behandelt.

E.S.: Guten Abend, ich bin 65 Jahre alt und leide seit 1985 an MS, z.,Z. PPMS. Gibt es für mich ein Medikament, das mir helfen könnte? Vielen Dank

Prof. Mathias Mäurer: hatte die Frage gerade beantwortet - s. unten

Helm: Ich verabschiede & bedanke mich für den Chat-Abend!

Prof. Mathias Mäurer: Schönen Abend und danke für die rege Diskussion.

Moderator Patricia Fleischmann: Hallo Sabo, danke für den Vorschlag; die Fatigue ist allmal ein Thema für einen Multiple Sklerose-Chat. Versuche das für den April unterzubringen.

Moderator Patricia Fleischmann: Noch knapp 20 Minuten - der nächste Chat findet erst am 21. März statt. Wer also noch Fragen hat, nun wäre der Zeitpunkt günstig :-)

Sonni: Sie haben oben geschrieben, dass Sie vom Begriff SPMS abrücken und aufgrund von Schüben und neuen MR Läsionen urteilen. Wie klassifizieren Sie dann einen Verlauf mit schleichender Verschlechterung aber OHNE Schübe und neue MR Läsionen?

Prof. Mathias Mäurer: Als "nicht aktiv". Diese Klassifizierung ist auch nicht von mir sondern es ist der allgemeine Konsens der MS Experten über die neue Klassifizierung von Krankheitsverläufen aus dem Jahr 2013. Diese Klassifizierung wird sich zunehmend durchsetzen. Lublin et al. Neurology. 2014 Jul 15;83(3):278-86.

Jürgen: Wie würden sie die Dosierung mit Kortison befürworten bei SPMS. Ich habe fast alle Medis durch mit bescheidenem Erfolg und soll auf Mitox, bzw Ocrevus wenn es den kommt. Immo halte ich mich mehr schlecht mit alle 3 Monate 3*1g Kortison über Wasser. Meine Wegstrecke nimmt aber so rapide ab, das ich wohl bis Herbst nur noch kriechen kann.

Prof. Mathias Mäurer: Wie schon gesagt, ich denke nicht, dass Kortison hier die Lösung ist. Wenn es wirklich so rapide abnimmt, muss man etwas tun. Aber wie gesagt, ohne sie zu kennen kann ich nicht empfehlen. Nur generell rasch progrediente Fälle kann man natürlich immer noch mit Mitox abfangen, aber auch Medikamente wie Endoxan oder Rituximab können zum Einsatz kommen.

Sonni: Entschuldigen Sie bitte, dass ich so nachhake - wie behandelt man den 'nicht aktiven' Verlauf außer mit Mitoxantron? Gar nicht?

Prof. Mathias Mäurer: Richtig - unsere Medikament sind Entzündungshemmer, wenn keine Entzündung da ist, muss man überlegen, ob Nutzen und Risiko im richtigen Verhältnis stehen und das gilt natürlich auch für Mitox. Auf der anderen Seite heißt es natürlich nicht, dass man im Einzelfall auch anders entscheiden kann.

Sonni: Okay. Herzlichen Dank für Ihre Antworten!

Prof. Mathias Mäurer: gern geschehen

Moderator Patricia Fleischmann: Liebe Chatter, haben Sie Dank für Ihre Teilnahme hier und heute im Multiple Sklerose-Chat der AMSEL. Ein besonders großes DANKE geht an Herrn Prof. Mathias Mäurer für sein Engagement als Experte. Allen miteinander wünsche ich einen schönen restlichen Abend.

Redaktion: AMSEL e.V., 21.02.2017