Neue MS-Medikamente

20.02.08 - Bis zu einer eventuellen Impfung gegen MS wird es sicher noch länger dauern, so Prof. Thomas Henze im AMSEL-Expertenchat.

Moderator Patricia Fleischmann: Einen wunderschönen guten Abend, verehrte AMSEL-Chatter, verehrter Herr Prof. Henze. Auf Ihre Beiträge zum Thema "Neue MS-Medikamente" sind wir schon gespannt!

Prof. Thomas Henze: Auch von mir einen guten Abend an alle Chatterinnen und Chatter.

Karl Heinz: Sehr geehrte Damen und Herren, welch ein Zeitraum muss zwische Absetzen von Avonex und Neutherapie mit Tysabari liegen Tysabri als Monotherapie Mit freundlichen Grüßen

Prof. Thomas Henze: Hallo Karl-Heinz, ich glaube, Sie hatten die allererste Frage gestellt. Sorry, dass die Antwort jetzt so lange gedauert hat. Die Empfehlung lautet meines Wissens auf 6 Wochen Abstand. Diese würde ich auf jeden Fall einhalten, nach Mitoxantron einen Abstand von mindestens 3 Monaten.

Markus: Guten Tag Herr Prof. Dr. med. Thomas Henze ich nehme schon seit Anfang letzten Jahres das Medikament Tysabri®. Muß ich zwischen diesem und dann dem "neuen" eine Wartezeit nehmen. Sprich sollte ich das Tysabri® erst absetzen und dann ein paar Monate später erst mit dem neuen anfangen? Ich bitte Sir mir diese Frage zu beantworten. Danke. Mit freundlichen Grüßen

Prof. Thomas Henze: Guten Abend Markus, darüber gibt es meines Wissens bislang keine klaren Empfehlungen. Ich würde daher dazu raten, eine immunsuppressive Therapie, z.B. mit Mitoxantron, erst nach mindestens 3 Monaten anzuschließen. Bei einem Wechsel von Tysabri auf ein Interferon sollten m.E. auch mindestens 6 Wochen vergehen.

JIM: Ich leide seit 7 Jahren unter einer PPMS, aktuell keine Medicamente. Ich soll foraussichtlich an einer Studie Phase III von dem Medikament FTY720 in Belgien teilnehmen. 1. Haben Sie Erfahrung mit dem Medikament? 2. Was kann das Medikament mir bringen? 3. Was sind die Nebenwirkungen? In der letzten Reha haben sie bei mir eine Ganganalyse gemacht, und wollen mir Botox spritzen. 1. Was will man mit so einer Intervention bezwecken? 2. Wie kann es helfen? Bringt es mir was? 3. Was sind die Nebenwirkungen? Ich weiss dass es sehr schwierig ist eine Pauschale Analyse von FTY und Botox auf meinen Fall zu machen aber vielleicht kann man trotzdeem näere Informationen bekommen. Vielen Dank JiM

Prof. Thomas Henze: guten Abend Jim, das sind viele Fragen. Das FTY 720 ist Fingolimod, das derzeit vor allem bei schubförmiger MS untersucht wird. Diese Untersuchungen sind weit fortgeschritten und auf Grund von Vorab-Ergebnissen rechnen wir ja auch mit einer Zulassung des Medikamentes irgendwann im nächsten Jahr. Praktische Erfahrungen gibt es damit also noch nicht. Schwerwiegende Nebenwirkungen sind mir nicht bekannt. Ich habe lediglich gehört, dass es wohl zu Beginn der Therapie gelegentlich zu einer Verringerung des Pulses (Herzschlag) kommen kann, die dann aber wieder verschwindet. Das Botox wird bei einer Spastik eingesetzt und kann da sehr hiflreich sein, wenn ein Spezialist diese Therapie vornimmt. Sie muss dann zumeist alle 3 Monate wiederholt werden und sollte von intensiver Krankengymnastik begleitet sein.

PM: Sehr geehrter Herr Prof. Henze, hier einige Fragen zum Chat: 1. Tysabri wird nach meiner Kenntis ggw. an über 20.000 Patienten verabreicht. Neue Fälle von PLM sind nicht aufgetreten. Wann rechnen Sie mit einer Änderung der Indikation als Basistherapie? 2. Vor etwa 2 Jahren gab es eine große Euphorie bzgl. FTY720 (Fingolimod) In letzter Zeit ist es still geworden obwohl die Phase III offenbar ohne Zwischenfälle verläuft. Wie schätzen Sie die Bedeutung von Fing. ein auch hinsichtlich neuerer, noch besserer Daten wie z.B. von Campath ? 3. An der Charite geht man aus meiner Sicht mit Studien zu EGCG bei MS sehr interessante Wege. Wie schätzen Sie die Attraktivität solcher Strategien ein ? Vielen Dank

Prof. Thomas Henze: Guten Abend PM, Sie warten sicher schon länger auf eine Antwort. Zu Ihrer ersten Frage: Es sind momentan tatsächlich mehr als 20.000 Patienten, die Tysabri weltweit erhalten. Mit einer Änderung der Indikation, z.B. im Sinne einer Empfehlung für die Basistherapie, rechne ich auf Grund der bekannten PML-Patienten allerdings in der nächsten Zeit nicht. Das kann erst dann geschehen, wenn auch bei diesen 20.000 Patienten keine PML-ERkrankungen oder andere Nebenwirkungen aufgetreten sind. Hier sollte man sicher sehr vorsichtig sein. Fingolimod ist ja derzeit in der "Endphase" der ganzen Untersuchungen und wir werden sicher spätestens in 2009 einiges Neues (und ich denke auch Positives) darüber hören. Es ist mit Campath (also Alemtuzumab) nicht vergleichbar. Daten zu diesem Medikament müssen ja erst noch in größeren Studien gesammelt werden. Es sieht bei der gegenwärtigen Entwicklung aber für so aus, dass in den kommenden Jahren eine größere Anzahl sehr wirksamer Medikamente verfügbar ist, so dass evtl. auch eine "maßgeschneiderte" (schreckliches Wort!) Therapie möglich werden könnte. Es sind aber alles eben auch Medikamente, die sehr einschneidend in das Immunsystem des Körpers eingreifen und evtl. bislang noch nicht bekannte Nebenwirkungen auslösen könnten. Mit EGCG meinen Sie wahrscheinlich grünen Tee, bei dem spezielle Inhaltsstoffe auf die Immunvorgänge bei der MS einwirken können. In der Charité soll hierzu eine Studie beginnen (oderhat schon). Ich weiss allerdings nicht, ob die Menge grünen Tees, die man üblicherweise trinkt, schon als Therapie ausreicht.

maja: ich weiß nicht, ob meine frage geklemmt hat...: welche der neuen oralen therapien wird wohl als erste zur zulassung kommen?

Moderator Patricia Fleischmann: @ maja: es klemmt nichts in diesem Chat, er ist einfach nur sehr gut besucht und es dauert eben etwas, bis alle Fragen kompetent beantwortet sind - ein klein wenig Geduld, bitte. Über "allgemeiner Beitrag" könen Sie sich mit andern Chattern austauschen und so die Wartezeit verlürzen.


Allgemein - maja: @ patrizia: entschuldigung, ich dachte, es wird gleich alles angezeigt..


Prof. Thomas Henze: Guten Abend Maja, es gibt ja mehrere neue und viel versprechende Medikamente. Wann sie auf den Markt kommen, hängt natürlich einerseits von den Erfolgen in den Therapiestudien ab, andererseits aber auch vom Auftreten von Nebenwirkungen und der Dauer des Zulassungsverfahrens durch die Genehmigungsbehörden. Ich vermute, dass das Fingolimod als eines der ersten eine Zulassung bekommen dürfte, aber wohl nicht mehr in diesem Jahr.

aiwa: Guten Abend zusammen. Unsere Frage kann man wohl sehr schwer beantworten, denn schon sehr viele Professoren und Ärzte konnten uns nicht weiterhelfen. Meine Mutter hat seit 10 Jahren MS und ist mittlerweile nicht mehr in der Lage zu sprechen und zu gehen. Sie hat bisher Kortison und die Chemotherapie bekommen, aber leider kein Erfolg. Sie war auch in der Kur in der Nähe von Holland. Und mittlerweile nimmt sie nur noch Baclofen und Sirdalud 2x am Tag. Empfehlen Sie uns vielleicht irgendwas anderes? Wir sind für jeden Weg offen.

Prof. Thomas Henze: Guten Abend aiwa, diese Frage ist in einem Chat leider nicht zu beantworten, da ich vieles über den bisherigen Verlauf und auch die aktuellen Symptome sowie die Dosierung der Medikamente wissen müßte. Möglicherweise ist es aber hilfreich, zumindest die Symptome zu verringern, aber auch hier benötige ich einfach mehr Informationen.

Annette: Hallo Prof. Henze ich leide an der sekundär progredienten MS. Gibt es für diese Verlaufsform auch einen Hoffnungsschimmer? Vielen Dank für Ihre Antwot MfG

Niki: Ich leide seit 10 Jahren an MS, schlimmer noch, ich leide an PPMS. Wenn man die Berichte über die laufenden Studien liest, stellt man unweigerlich fest, dass diese sich ausschließlich auf die schubförmige MS (RRMS) beziehen. Ob es sich dabei um die Medikamente Fingolimod, Cladribin, Teriflunomid, Alemtuzumab, MBP8298, Ofatumumab, oder sogar Rituximab handelt, alles dreht sich nur um die RRMS. Kein Wort über die PPMS. Werden ″wir″ bei den wissenschaftlichen Recherchen ganz und gar vergessen, oder rentiert es sich (wirtschaftlich) nicht. Trotzdem die Frage: Wie geht’s weiter mit der Behandlung der PPMS? Wie sehen Sie die PPMS-Behandlungsperspektiven? Könnte Rituximab in absehbarer Zeit zur Behandlung der PPMS zugelassen werden. Dieses Medikament wird in eine Phase III- Studie mit PPMS Patienten getestet, oder bin ich da falsch informiert….?? Danke für Ihre Antwort. Niki

Prof. Thomas Henze: Guten Abend Niki, Sie haben völlig recht damit, dass ganz besonders die Therapien für die RRMS entwickelt werden. Es sind aber - und das ist Ihnen vielleicht neu - auch alle Interferone und Copaxone bei der PPMS untersucht worden, leider aber eben ohne positives Ergebnis. Neue Therapien werden u.a. auf Grund dieser Erfahrung zumeist erst einmal bei der schubförmigen MS untersucht. Es würde sich sicher auch wirtschaftlich lohnen, bei der primär chronischen MS (PPMS) Therapien zu entwickeln. Hier sind die immunologischen Gegebenheiten aber wohl anders, so dass es auch nicht unbedingt verwunderlich ist, dass die "üblichen" Medikamente nicht wirken. Zum Rituximab: Es läuft da tatsächlich eine kleine Studie - soviel ich weiß. Wann die aber beendet ist, ist mir nicht bekannt. Die Zulassung wird dann natürlich wieder vom Ergebnis abhängen. Leider kann ich Ihnen also derzeit keine neuen Therapiemöglichkeiten empfehlen.

michael: Guten Abend Herr Prof. Dr. med. Thomas Henze, in den letzten Tagen wurden sehr positive Meldungen über Rituximab veröffentlicht. Wie beurteilen Sie das Medikament? Wäre es auch für die SPMS geeignet und gibt es z.Zt. laufende Studien in Deutschland? Danke für Ihre Antwort im Voraus!

Prof. Thomas Henze: Guten Abend Michael, für Rituximab wurde vor wenigen Tagen eine kleine Studie veröffentlicht, bei der die Wirksamkeit dieses Medikamentes recht gut belegt werden konnte: Verringertes Auftreten neuer Herde, geringere Zahl an Schüben. Das war aber eine sog. Phase II Studie. Die eigentlichen Zulassungsstudien sind Phase III Studien. Eine solche soll für Rituximab noch in diesem Jahr beginnen. Laufende Studien sind mir nicht bekannt. Das Medikament ist aber schon lange in der Onkologie bekannt und damit verfügbar. Es wird meines Wissens vereinzelt auch bei der MS eingesetzt, dann aber immer nur von Neurologen, die mit der MS-Therapie ganz spezielle Erfahrungen haben (MS-Spezialambulanzen) und dann nur bei Betroffenen, bei denen die gängigen Therapien nicht ausreichten.

Michaela: Guten Abend. Ich habe progrediente MS, bin mit Mito ziemlich am Ende. Jetzt habe ich von einer Studie mit Erythropoetin gehört. Haben Sie damiit erfahrungen gemacht oder wissen Sie, wo das gemacht wird? Danke, Michaela

Prof. Thomas Henze: Guten Abend Michaela, Erythropoietin ist ein körpereigener Stoff, der wesentlich bei der Vermehrung roter Blutkörperchen beteiligt ist und außerdem offenbar in der Lage ist, die Selbstzerstörung (Apoptose) von Nervenzellen zu verringern oder zu verhindern. Es ist also keine Immuntherapie. Derzeit wird meines Wissens eine kleine Studie in der Neurologischen Universitätsklinik Göttingen durchgeführt, bei der Patienten nach einer Sehnervenentzündung mit diesem Medikament behandelt werden. Einzelheiten dazu sind mir aber nicht bekannt.

maja: wie schätzen sie die verlässlichkeit von daten aus studien ein, die von der pharmaindustrie gesponsert werden? mir fällt es z.b. schwer zu glauben, daß laut beyond-studie sowohl betaferon als auch copaxone eine schubreduktion von angeblich 79 % nach 3,5 jahren bringen sollen. bislang war immer nur von ca. 30 % die rede. ich kann das ehrlichgesagt nicht so ganz glauben...

Prof. Thomas Henze: Guten Abend Maja, bei den Studienergebnissen kommt es natürlich immer auch darauf an, welche Parameter miteinander verglichen werden. Man kann generell sicher davon ausgehen, dass die Ergebnisse der Studien - auch wenn sie durch die Pharmaindustrie gesponsort sind - Überprüfungen standhalten. Dass die Ergebnisse dann in einem möglichst günstigen Licht dargestellt werden, ist allerdings oft auch wahr. Eine gute Quelle für kritische Informationen sind daher die Empfehlungen der DMSG, da sich in ihnen der Ärztliche Beirat sehr kritisch mit den Studienergebnissen aller Studien auseinander setzt.

maja: in welcher situation würden sie einem patienten empfehlen, (noch) keine therapie zu machen? der anteil von patienten, die "umsonst" mitbehandelt werden, soll ja nicht unerheblich sein..

Prof. Thomas Henze: Hallo Maja, auf Grund der Tatsache, dass bei der schubförmigen MS auch ohne Schübe zumeist eine entzündliche Aktivität besteht, wird ja zu Recht empfohlen, möglichst früh mit der Therapie zu beginnen. Ich kann Ihnen daher keine generelle Situation nennen, in der ich Ihnen ein Abwarten empfehlen würde. Das geht immer nur individuell. Natürlich gibt es immer wieder auch Betroffene, die dann "umsonst" mitbehandelt werden. Das ist bei dem vielgestaltigen Verlauf der MS aber auch nicht völlig zu verhindern.

ba: Sehr geehrter Herr Henze, habe seit 92 gesicherte MS (inzw. sek.chr.progr. Verlauf mit aufgesetzten Schüben). Als Basistherapie seit 2000 Rebif 44, vorher 3 Jahre Betaferon. 2003 und 2004 Mitoxandron (60mg/m²), wonach eine Stabilisierung eingetreten ist. Nach einem erneuten Schub stellt sich nun die Frage eines Medikamentenwechels. Welche Zulassungskriterien sind an Tysabri geknüpft? Vielen Dank.

Prof. Thomas Henze: Guten Abend ba, Tysabri darf nach den Zulassungsbestimmungen nur bei schubförmiger MS (und nach Versagen einer Therapie mit Interferonen oder Copaxone) sowie bei von Beginn an rasch fortschreitender schubförmiger MS eingesetzt werden. Bei Ihnen wäre evtl. ja auch noch ein weiterer Versuch mit Mitoxantron möglich, da Sie die obere Dosisgrenze noch nicht erreicht haben. Man kann diese Therapie ja auch ggf. "strecken", das heißt die Behandlung verlängern, indem man nicht - wie eigentlich üblich - 10mg/m2 Körperoberfläche gibt, sondern nur 5mg/m2. Das müßte man aber individuell besprechen.

Bert: Hallo Herr Prof. Henze, zur Zeit ist eine Vielzahl von neuen Medikamenten in Phase II oder Phase III Studien. Es gibt dabei auch Ankündigungen, dass etwas dabei ist für Leute wie ich mit sek. chron. prog. MS. Darf man da in absehbarer Zeit Hoffnung haben für bessere Therapien als jetzt auch bei SCP MS? mfG

Prof. Thomas Henze: Guten Abend Bert, das lässt sich momentan noch nicht absehen. Es laufen ja praktisch immer erst Studien zur schubförmigen MS und auch da wird vor 2009 wohl kein neues Medikament auf den Markt kommen.

chris: Hallo Herr Professor. Meine Fragen: a) Wie ist der Stand von remyellinisierenden Medikamenten bzw. wann ist damit zu am Markt rechnen ? b) in einem Focus letztes Jahr war ein Bericht über Impfungen in welcher zu lesen war, dass Wissenschaftler die Chancen eine Impfung gegen MS zu kreieren als nicht unwahrscheinlich einstufen. Wissen Sie hierzu Näheres ? Vielen Dank.

Prof. Thomas Henze: Guten Abend Chris, zur Verbesserung der Remyelinisierung habe ich derzeit keine neuen Kenntnisse. Medikamente stehen leider nicht zur Zulassung an, zumindest nicht an absehbarer Zeit. Die Chance, eine MS durch Impfung zu behandeln, wird ja schon seit langem diskutiert. Es wird wohl nicht so leicht und so rasch möglich sein, eine Impfung zu entwickeln, da man mit einer solchen Impfung ja immer auf einen spezifischen Immunvorgang zielt. Bei der MS gibt es aber sicher mehrere davon und es gibt ja - wie wir mittlerweile wissen - auch mehrere unterschiedliche Formen der MS. Es wird also sicher noch längere Zeit dauern, bis man sich einem solchen Ziel nähert.

Eriwin: Ich erhielt vor 3 Jahren die Diagnose MS. Seither spritze ich Avonex, sehe mich aber gleichzeitig immer wieder nach alternativen Medikamenten um. Vor längerer Zeit las ich in der Tageszeitung, dass Weleda ein MS-Medikament auf Hanfbasis auf den Markt bringen möchte.Dies sollte laut Bericht auch schon weit fortgeschritten sein. Können Sie weitere Informationen darüber geben?

Prof. Thomas Henze: Hallo Eriwin, über dieses MEdikament von Weleda ist mir nichts bekannt. "Hanfbasis" bedeutet aber, dass es sich um Cannabis bzw. ein Cannabinoid handeln dürfte. Diese Medikamente wirken nach gegenwärtiger ERkentnis gegen einzelne Symptome der MS (Schmerzen, Spastik) und sind in Deutschland bislang nicht zugelassen. Avonex wirkt ja immunmodulierend, es nimmt also Einfluß auf das Immunsystem. Diese Therapie sollten Sie daher, wenn Sie sie vertragen, weiter führen. Gegen Symptome wie Schmerzen oder Spastik bei MS gibt es jeweils mehrere Behandlungsmöglichkeiten. Cannabis steht da sicher nicht an erster Stelle.

Cat: Guten Abend. Gibt es Medikamente, welche die Myelinscheiden "reparieren" und wenigstens teilweise verloren gegangene Fähigkeiten (laufen,...) wieder herstellen können - vielleicht in einigen Jahren?

Prof. Thomas Henze: Hallo Cat, nein, solche Medikamente gibt es leider nicht und es ist derzeit auch nicht absehbar, wann ein solches Medikament auf den Markt kommen könnte.

Manuela: Guten Abend, ich habe die Diagnose MS im Sommer 2000 bekommen und hatte seitdem jedes 1 Jahr einen Schub - außer 2007. Ich habe von 2001-03/2006 Copaxone gespritzt und dann ab 04/2006 Avonex. Unter Avonex gab es im Mai 2006 einen Schub. Seitdem erst jetzt gerade (seit dem Wochenende) ganz aktuell meinen neuen Schub. Der Neurologe empfiehlt, bei einem weiteren Schub auf Tysabri zu wechseln. Ich bin unsicher - müssen es zwei Schübe im Jahr sein oder grundsätzlich weitere Schübe unter Avonex. Was empfehlen Sie? Ich bin halbstags berufstätig und möchte es natürlich auch lange bleiben! Danke und viele Grüße

Prof. Thomas Henze: Guten Abend Manuela, mit Avonex kann man - wie mit den anderen Interferonen oder Copaxone - die Schubzahl ja in der Regel nicht auf Null bringen. Ich schließe mich daher Ihrem Neurologen an, der Ihnen Tysabri nach dem Auftreten eines weiteren Schubes empfiehlt. Sollte sich in einem jetzt aktuellen MRT allerdings ein deutlich schlechterer Befund als zu Beginn der Avonex-Therapie zeigen, wäre m.E. der Wechsel zu Tysabri auch jetzt schon zu diskutieren.

chris: Hallo Herr Professor. Meine Fragen: a) Wie ist der Stand von remyellinisierenden Medikamenten bzw. wann ist damit zu am Markt rechnen ? b) in einem Focus letztes Jahr war ein Bericht über Impfungen in welcher zu lesen war, dass Wissenschaftler die Chancen eine Impfung gegen MS zu kreieren als nicht unwahrscheinlich einstufen. Wissen Sie hierzu Näheres ? Vielen Dank.

Prof. Thomas Henze: Hallo Chris, diese Frage hatte ich eben schon beantwortet.

Biene: Hallo Herr Prof. Henze, meine Frage wie lange kann Tysabri verabreicht werden. Gibt es hierzu schon Langzeitstudien trotz der kurzen Zulassungszeit des Medikamentes?

Prof. Thomas Henze: Guten Abend Biene, nein, solche Studien gibt es noch nicht. Es wird aber meines Wissens bei einigen amerikanischen Patienten schon ca. 4 Jahre gegeben, offenbar auch erfolgreich und ohne das Auftreten größerer Unverträglichkeiten oder Nebenwirkungen. Eine zeitliche Begrenzung ist also derzeit nicht bekannt.

Moderator Patricia Fleischmann: @ PM: Wenn Sie auf www.amsel.de "egcg" in die Suche oben links eingeben, erfahren Sie alles über die Charité-Studie. Wenn ichs recht erinnere, sind erste Ergebnisse nicht mehr in diesem Jahr zu erwarten. Auf www.amsel.de werden wir Sie jedoch rechtzeitig informieren. Da EGCG nur in sehr geringen Dosen in grünem Tee vorkommt, hat Teegenuss wohl keine therapeutische Wirkung (abgesehen davon, dass er ähnlich Kaffee sehr wach macht).

Schnecke: Guten Abend, Herr Professor Henze, wie beurteilen Sie die Sicherheit von Rituximab?

Prof. Thomas Henze: Guten Abend Schnecke, Rituximab ist ein hochwirksames Medikament, welches die Zahl von B-Lymphozyten in Blut und Nervenwasser verringert. Über die Sicherheit sind - nach den Erfahrungen mit anderen MS-Medikamenten - derzeit noch keine klaren Aussagen möglich. Am wichtigsten ist eine genaue Indikationsstellung und sehr engmaschige Überwachung während der Therapie.

Moderator Patricia Fleischmann: Liebe Chatter, in zwei Wochen, am 04.03.08, gehts weiter im Chat, dann mit Dr. Orhan Aktas von der Berliner Charité zum Thema "Forschungsansätze", also möglicherweise eine Vertiefung der heutigen Beiträge.

Biene: Vielen Dank Herr Prof. Henze für Ihre Informationen, Sie haben mir gut geholfen!

Prof. Thomas Henze: Gerne geschehen, einen schönen Abend Ihnen und allen Chattern!


Allgemein - ba: Danke Herr Prof. Henze!


Moderator Patricia Fleischmann: Verehrte Chatter, haben Sie vielen Dank für Ihre interessierten und interessanten Beiträge! Herzlichen Dank auch an Herrn Prof. Henze für seine kompetenten Antworten und allen noch einen schönen Abend!

Redaktion: AMSEL e.V., 19.02.2008