Moderator Patricia Fleischmann: Werte AMSEL-Chatter, ab 18.30 Uhr antwortet Prof. Thomas Henze hier zum Thema Symptome erkennen und behandeln bei Multipler Sklerose. Gern dürfen Sie schon jetzt ihre Fragen stellen.
Marianne: Guten Abend, Herr Prof. Henze, was wären bitte die wichtigsten zu beachtenden Punkte, um ein gutes Fatigue-Management im Alltag hinbekommen zu können, wenn man es mit einer geistigen und körperlichen Fatigue bei Anstrengung zu tun hat?
Prof. Thomas Henze: schönen guten Abend auch von mir an alle Chatter und schön, dass Sie heute teilnehmen. Ich hoffe Ihre Fragen ausreichend beantworten zu können.
Marianne: Wie würde denn wohl bitte ein gutes Pausenmanagement bei Fatigue aussehen? Immer wieder Pausen machen, bevor sich körperliche oder geistige Müdigkeit/Erschöpfung zeigt? Oder bewusst immer etwas länger aushalten und bewusst in die Müdigkeit/Erschöpfung gehen?
Marianne: Was halten Sie von der App "elevida" , die Menschen mit MS-Diagnose bei Fatigue helfen soll? Konnten Ihre PatientInnen von dieser profitieren? Ist sie die Mühen eines Versuches wert?
Prof. Thomas Henze: guten Abend Marianne, ich versuche mal Ihre Fragen zur Fatigue gesammelt zu beantworten: ein wichtiger Schritt ist natürlich eine gute Tagesplanung. Legen Sie sich die schwierigsten Aufgaben auf den Zeitpunkt, an dem Sie erfahrungsgemäß am leistungsstärksten sind. Das Planen des Tagesablaufs ist insgesamt sehr wichtig, regelmäßige Pausen helfen Ihnen, alle Aufgaben möglichst gut zu bewältigen. Überlegen Sie auch, wie Sie ggf. zu Hause Wege verkürzen können oder hilfreiche Geräte benutzen, all diese Dinge, die man unter dem Begriff "Ergonomie" zusammen fassen kann. Sie können auch sicher immer wieder mal kurz über Ihre Leistungsgrenze hinausgehen, planen Sie dann aber Erholungszeit ein. Wirkungsvoll ist außerdem oft ein regelmäßiges, langsam beginnendes und sich dann steigerndes Training (z.B. Ergometer, Spazierengehen, Fahrrad, je nach eigenem Interesse und Fähigkeiten). Auch das sollten Sie möglichst in den Tag einplanen.
Allgemein - Marianne: Vielen Dank für die Möglichkeit des Expertenchats, liebes AMSEL-Team!
Prof. Dr. med. Thomas Henze
- bis Oktober 2016 Ärztlicher Direktor der Reha-Klinik Passauer Wolf / Klinik am Regenbogen in Nittenau, einer Fachklinik für Neurologische Rehabilitation; seitdem als Neurologe in einer MS-Schwerpunktpraxis in Regensburg tätig
- als Experte für die Behandlung von Patienten mit Multipler Sklerose bekannt, sowohl in der Akutneurologie als auch der Rehabilitation
- Autor und Herausgeber des Patientenratgebers Multiple Sklerose, zuletzt 2020 in der 4. Auflage erschienen
- unter anderem maßgeblich an der Entwicklung deutscher Leitlinien für die MS-Rehabilitation beteiligt
- zahlreiche Vorträge vor MS-Patienten im Rahmen von Veranstaltungen der AMSEL e.V.
- seit März 2002 Mitglied des Ärztlichen Beirates der Deutschen Multiple-Sklerose-Gesellschaft (DMSG)
Moderator Patricia Fleischmann: @Marianne: Sehr gern bieten wir den Expertenchat an und sind froh, so kompetente Experten dafür gewinnen zu können. Übrigens gibt es ab sofort bei der AMSEL jeden Dienstag ein besonderes Angebot, im Rahmen des AMSEL-Dienstags www.amsel.de/dienstag
Moderator Patricia Fleischmann: @Marianne: Schön, dass Sie sich schon melden. Prof. Henze antwortet ab 18.30 Uhr. Ich wollte Sie nur auf den Fatigue-Manager hinweisen, eine Broschüre https://www.amsel.de/service/shop/amsel-infomaterial/mit-fatigue-leben-s-01 und ebenso auf das MS-Tagebuch, eine App https://www.amsel.de/multimedia/ms-tagebuch-app/ Solange noch etwas Zeit ist :-)
Leni: Sehr geehrter Herr Prof Henze, wie sehen Sie die Gabe von Weihrauch bei MS? Ich nehme nur Vitamin D 1000 einmal täglich. Gibt es bei MS vegetative Störungen im Sinne von Körpertemperatur (Flush-Symptomatik, heißes Gesicht). Ich bin seit 08/20 ohne Therapie, hatte Betaferon abgesetzt (nur 2 Monate gespritzt), weil man dachte es würde davon kommen. Dies war aber nicht der Fall .....die Symptomatik besteht weiterhin... allerdings im Winter nicht so stark wie im Sommer?!? Ich habe noch eine andere Frage, seit 2-3 Tagen zuckt mein unteres Augenlid, kann das ein Schub sein? Mein Kalium Wert ist minimal erhöht 5.1. Vielen Dank
Prof. Thomas Henze: Weihrauch ist bei MS bislang nur wenig untersucht, ist wahrscheinlich nicht schädlich, kann aber eine Immuntherapie nicht ersetzen. Für Vitamin gilt ja ähnliches: eine positive Wirkung auf das Immunsystem ist bislang nicht nachgewiesen, zumindest nicht in qualitativ hochwertigen Studien. Vitamin D 1000 1x pro Tag ist aber wohl ok. ja, vegetative Störungen bei MS gibt es immer wieder, die Flush-Symptome sind allerdings eher selten. Das Zucken des Augenlids ist als isoliertes Symptom sicher kein Schub, vielmehr ein sehr häufiges Symptom, was in Deutschland wahrscheinlich jeder mal für kurze Zeit verspürt. Die Erhöhung des Kaliums dürfte eher nicht der Auslöser sein; ich würde den Wert aber nach 2 Wochen mal kontrollieren lassen.
Allgemein - Marianne: @ Patricia Fleischmann: Leider ist die Fatigue-Broschüre online als vergriffen gemeldet! Ich warte schon sehnsüchtig darauf, dass sie wieder verfügbar sein wird! Vielen Dank für den Hinweis auf die App!! Ich schau sie mir gerne an!
Sunny: Hallo Herr Prof. Henze, bevor mein rechtes Bein immer steifer wurde, hatte ich ein kribbeln drin. Das gleiche mache ich jetzt mit dem linken Bein durch. Wird das linke Bein demnächst auch steif? Phyisio hilft nicht, wobei ich nach der Physio immer platt bin und kaum die Füße heben kann, bin auch schon mehrmals gestolpert. Habe keine Kraft in den Beinen. Seit neuesten wird mein Becken auch immer steifer. Seit letztes Jahr bekomme ich Ocrevus. Was kann ich tun?
Prof. Thomas Henze: Ihre Schilderung hört sich für mich am ehesten wie ein Schub an, ein solcher sollte also unbedingt ausgeschlossen werden. Sprechen Sie mit IHrem Neurologen am besten über diese Symptome und fragen ihn, ob eine Cortison-Schubtherapie aus seiner Sicht sinnvoll ist. Gibt es aktuelle MRT-Bilder Ihres Rückenmarks?
Moderator Patricia Fleischmann: @Marianne, das ist natürlich schade, dass die Broschüre vergriffen ist. Das Gute an einem MS-Tagebuch ist, dass man selbst besser abschätzen lernt, welche Tätigkeiten und Kombinationen von Tätigkeiten die Fatigue verstärken. Ich hoffe, es klappt mit der App.
Uwe: Guten Abend, kann man bei Anstrengung erkennen und unterscheiden, ob die Muskeln aufgrund reduzierter Belastung schneller schlapp machen oder ob die neuro-muskuläre Ansteuerung nicht mehr funktioniert
Prof. Thomas Henze: ebenfalls guten Abend. Nein, das kann man nicht sicher unterscheiden. Generell würde ich aber davon ausgehen, dass es meist eine zu große Belastung ist, was durch Training gebessert werden kann. Zur genauen Antwort bräuchte ich aber mehr Informationen und einige weitere Befunde.
Hannes: Guten Abend Herr Prof. Henze, Kortison z.b. 3x1000 mg trotz Corona oder vermeiden wenn möglich?
Prof. Thomas Henze: Momentan gehen wir davon aus, dass diese Kortison-Dosis die Gefahr einer Infektion durch das Corona-Virus wohl etwas erhöhen kann. Es ist aber immer auch eine Frage der Abwägung: Wenn ein Schubsymptom sehr problematisch und beeinträchtigend ist, ist die Therapie indiziert. Möglich ist ja auch, dass Sie sich krank schreiben lassen für 2 Wochen, wenn die Therapie unbedingt notwendig ist.
Marianne: Vielen Dank für Ihre Antwort, Herr Prof. Henze! Könnten Sie bitte noch etwas zur Fatigue-App "elevida" sagen? Profitieren Ihre Patienten davon? Ist sie ie Mühen wert, sie zu probieren?
Prof. Thomas Henze: gern. Ich persönlich kenne diese App nicht im Detail, weiß nur, dass sie in einer wirklich guten wissenschaftlichen Studie vor etwa 2 Jahren gute Ergebnisse "geliefert" hat. Es spricht aus meiner Sicht jedenfalls nichts gegen eine Anwendung derselben.
Leni: Dieses heiße Gesicht, was sich wie Fieber anfühlt, kann also ein durch die MS bedingtes Symptom sein?? Man hat aufgrund dieser Symptomatik ein MRT gemacht, aber ein Schub war nicht zusehen. Durch dieses Symptom kann ich keine Therapie machen, weil es sich anfühlt als wäre ich krank! Bislang konnte mir keiner bei diesem Problem helfen? Kann man irgendwas dagegen tun? Vielen Dank
Prof. Thomas Henze: eine klare Therapie-Empfehlung kann ich Ihnen leider nicht geben. Das Symptom tritt ja z.B. auch bei einer Immuntherapie mit Tecfidera häufiger auf und kann dann z.B. mit Aspirin behandelt werden. Am besten fragen Sie Ihren Neurologen oder Ihren Hausarzt, ob aus deren Sicht Probleme mit der Einnahme von Aspirin bei Ihnen bestehen (z.B. Magengeschwüre, Störung der Blutgerinnung, Asthma); ansonsten könnten Sie es zumindest mal ausprobieren. Könnte ggf. bei Ihnen noch eine andere Autoimmunkrankheit vorliegen?
Allgemein - Marianne: Vielen Dank für Ihre Einschätzung zur elvira-App, Herr Prof. Henze!
Allgemein - Marianne: @ Patricia Fleischmann: Liebe Frau Fleischmann, ich bin in der Nutzung von Apps, in denen man Daten von sich selber eingibt, noch neu und ungeübt. Instinktiv habe ich solche Befürchtungen, die Daten könnten wie bei den Fitness-Trackern möglicherweise von den Krankenkassen oder anderen Stellen für Zwecke verwendet werden, die einen später woöglich selber in Bedrängnis bringen. Teilen Sie diese Bedenken hinsichtich des MS-Tagebuches nicht?
Moderator Patricia Fleischmann: @Marianne: Ich kann nur für die AMSEL-App sprechen und Sie hier beruhigen: Keine Daten gehen an Dritte. Es ist wohl richtig, dass solche Apps grundsätzlich auch für weitere Zwecke genutzt werden können. In dem Zusammenhang sehe ich da eher Daten für Studienzwecke, also nichts, was mit Ihnen direkt als Person zu tun hat. Im Zweifel die App mal anschauen und nur für sich selbst in Papierform ausfüllen und auswerten. Dann sind Sie safe :-)
Allgemein - Marianne: @ Patricia Fleischmann: Vielen Dank für Ihre Antwort! - Ich fitz mich auf jeden Fall dort ein und ja, stimmt, Papierform ginge ja auch noch - super, danke!
Leni: Ich habe viele Untersuchungen machen lassen, aber bis jetzt ist nichts dabei rum gekommen! Es belastet mich sehr. Welche Autoimmunerkrankungen könnten denn so etwas auslösen? Vielleicht sollte man dann in diese richtig noch weiter suchen?!
Prof. Thomas Henze: ja, das wäre sicher sinnvoll, da das Symptom Sie ja sehr belastet. Meines Erachtens sollte eine Überfunktion der Schilddrüse ausgeschlossen werden und ich empfehle Ihnen auch, sich bei einem Rheumatologen vorzustellen, da es in der Rheumatologie nicht nur autoimmun Gelenkerkrankungen gibt, sondern auch zahlreiche weitere Autoimmunerkrankungen, die eventuell einen Flush mit auslösen können.
Sunny: Das sind noch die Auswirkungen eines Schubes. Dieser wurde mit Cortison und Blutwäschen behandelt. MRT Rückenmark hab ich nicht, der Neurologe will immer nur Kopf.
Prof. Thomas Henze: vielleicht können Sie ihn ja doch dazu bringen, ein MRT von Hals- und Brustwirbelsäule machen zu lassen; das ist auf jeden Fall indiziert und hilft mit, den Krankheitsverlauf zu beurteilen. Auf jeden Fall lassen die von IHnen geschilderten Symptome auch an Rückenmark-Herde denken. Therapeutisch ist KG sehr wichtig, ggf. ergänzt durch Medikamente gegen Spastik wie Baclofen oder Tizanidin, und, wenn die nicht ausreichend helfen, auch Sativex-Spray.
Uwe: Macht es Sinn, bei regelmäßigem Training öfters an die Leistungsgrenze und immer mal wieder kurz darüber, wie oben erwähnt, zu gehen und lässt sich dadurch z.B. der EDSS verbessern?
Prof. Thomas Henze: wenn Sie regelmäßig trainieren, können Sie Ihre Leistungsgrenze ruhig mal überschreiten. Der EDSS lässt sich dadurch mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht verbessern, aber Ihre Leistungsfähigkeit und - wahrscheinlich jedenfalls - auch Ihr Wohlbefinden (was ja wichtiger ist als der EDSS).
Moderator Patricia Fleischmann: @ Marianne: Genr geschehen :-)
Marianne: Was könnte man wohl bitte am einfachsten und wirkungsvollsten bei vermehrtem Harndrang und einer überaktiven Blase machen? Immer wieder trainieren, den Urin möglichst lange zu halten?
Prof. Thomas Henze: das wichtigste ist in Ihrem Fall wahrscheinlich, über 2 bis 3 Tage ein Miktionsprotokoll zu führen, also genau aufzuschreiben, wieviel Sie zu welcher Uhrzeit trinken, wieviel Urin Sie lassen einschließlich Uhrzeit, wie oft der Harndrang kommt und ob Sieden Urin halten können. Mit diesem Protokoll sollten Sie unbedingt zu einem Urologen, am besten Neuro-Urologen gehen, der bei Ihnen dann Blut- und Harnuntersuchungen und eine Ultraschall-Kontrolle des sogenannten Restharns machen wird (wieviel Urin bleibt nach dem Wasserlassen in der Blase?). Mit diesen Befunden kann er Ihnen dann eine Therapie empfehlen, z.B. eine Kombination aus Beckenbodentraining und einem Medikament. Das alleinige Aufhalten des Urins ist jedenfalls nicht allein hilfreich.
Leni: Ok, vielen Dank für die Antworten! Ja es belastet mich sehr, die Schilddrüsenwerte waren immer ok! Aber Rheumatologisch habe ich mich noch nicht vorgestellt! Das werde ich dann in Angriff nehmen! Ich habe nämlich das Gefühl das es nicht von meiner MS kommt (man hat ja so ein Bauchgefühl)! Einen Termin beim Endokrinologen habe ich noch ob da irgendwas mit den Hormonen nicht stimmt!
Prof. Thomas Henze: auch das ist eine gute Idee!
C.W.: Hallo Herr Prof. Henze, können getrübte Stimmung / depressive Phasen als Vorboten von körperlichen Symptomen (Schübe oder Progress) vorkommen? Ich hatte im letzten Jahr 2 Phasen, wo es mir jeweils mental nicht so gut ging. Kurze Zeit später hatte ich dann auch körperliche Probleme (Aktivität d. MS / Progress?). Vielen Dank! Christian
Prof. Thomas Henze: Darüber streiten sich meines Wissens die Wissenschaftler noch. Andererseits ist es gut bekannt, dass traurige Ereignisse oder Stimmung durchaus eine Verschlechterung von Symptomen auslösen können. Wenn es sich dann um einen Schub handelt (z.B. neuer Herd im MRT) müßten Sie zusammen mit Ihrem Neurologen auch über eine Änderung der Immuntherapie nachdenken oder, wenn Sie eine solche bislang nicht erhalten, beginnen.
Sunny: Baclofen und Tizanidin hab ich schon ausprobiert. Hilft bei mir bei Spastiken nicht. Unter Baclofen konnte ich gar nicht mewhr gehen. Wie bekomme ich wieder Kraft in den Beinen. Stehen ist bei mir problematisch, Beine sind einfach zu schnell müde.
Prof. Thomas Henze: dann sollten Sie noch Tizanidin, am besten in einer eher kleinen Dosis ausprobieren, und, wenn auch das nicht hilfreich ist, das schon genannte Sativex-Spray. Das kann Ihnen der Neurologe dann verschreiben.
Leni: Eine Frage hätte ich noch welche Körpertemperatur ist oral gemessen normal? Bei mir morgens zw. 36.3-36.9 und nachmittags 36.9-37.3) im Sommer auch mal höher .... Kann diese im Sommer auch höher liegen durch das warme Wetter?
Prof. Thomas Henze: bis 37.0 Grad gilt die Körpertemperatur als normal, danach ist sie erhöht und ab etwa 38.0 Grad spricht man von Fieber. Das warme Wetter spielt bei der Regulation der Körpertemperatur allerdings fast nie eine Rolle.
Marianne: Ich habe in der letzten Monaten öfters wiedekehrend, am Abend, wenn ich ins Bett gehe, das innere Gefühl, an den Körperseiten zu zittern (man sieht von außen allerdings nichts). Innerlich fühlt es sich so an, wie wenn man vor Kälte zittern würde,- also irgendwie ist es ein Zittern ohne Frieren. Kann dies auch eine Sensibilitätsstörung durch die MS bedingt sein oder muss ich dabei an etwas anderes denken?
Prof. Thomas Henze: ich würde sicher so wie Sie auch zunächst an ein MS-Symptom denken. Haben Sie denn mal in einer solchen Phase Fieber gemessen?
toni: Guten Abend Prof. Thomas Henze, Guten Abend allen ein der Runde, ich bin nach kleinen Aktivitäten Einkaufen oder Kochen, so ermüdet, dass ich schmerzen am Genzen Körper verspüre und gleichzeitig beginnt die Spastik in meinen Beinen, Frieren und Mattigkeit. Nach der Einnahme von Backofen/ Paracetamol kommt es zu Hitzewellen dann wieder Frieren. Gibt es eine Empfehlung dem engeren zu Wirken? Durch Naturheilmittel oder anderen Medikamenten? Besten Dank für ihre Antwort
Prof. Thomas Henze: das ist im Rahmen dieses Chats schwer zu beantworten, da müsste ich noch mehr über Ihre Erkrankung und auch die bisherige Therapie wissen, z.B. Immuntherapie, Dosis des Baclofen usw. Haben Sie dann auch Fieber?
Astrid: Sehr geehrter Herr Prof Henze, ich leide seit meinem ersten und schweren Schub letztes Frühjahr unter wiederkehrenden, neuropathischen Schmerzen im Auge und in der linken Körperhälfte. Ich habe dagegen Gababentin 300 mg verordnet bekommen. Das macht mich allerdings sehr müde und ich nehme es nur ungern. Gibt es andere Medikament/ Methoden gegen neuropathische Schmerzen?
Prof. Thomas Henze: ja, Sie könnten einerseits mit Gabapentin 300 beginnen, erst nur abends, dann langsame weitere Steigerung und nach etwa 1 bis 2 Wochen auch tagsüber. DAs muss man immer ganz individuell machen. Andere Medikamente sind Pregabalin oder evtl. auch Lamotrigin, aber immer in Absprache mit IHrem Neurologen und immer nur langsam steigernd.
Sunny: Falls ich Herde im Rückenmark habe, kann ich deshalb so schlecht gehen? Wie könnte man mir dann helfen?
Prof. Thomas Henze: wenn trotz Ocrelizumab Herde im Rückenmark entstehen, müßte man auch über eine andere Immuntherapie nachdenken. Auf jeden Fall kann es sein, dass Rückenmark-Herde das Gehen oft verschlechtern.
Hucki: Muss jeder Schub mit Cortison behandelt werden?
Prof. Thomas Henze: nein, gerade in Pandemie-Zeiten empfehle ich, nur solche Schübe mit Cortison zu behandeln, deren Symptome für Sie wirklich eine deutliche Beeinträchtigung darstellen. Sie sollten mit Cortison dann aber eher 2 Wochen in Quarantäne gehen bzw. sich isolieren, um wirklich kein Risiko einzugehen.
Moderator Patricia Fleischmann: @ alle: Es bleiben nur noch ein paar Minuten hier im Chat, falls Sie noch Fragen haben.
Sunny: Vielen Dank, dass man hier Fragen stellen durfte.
Prof. Thomas Henze: Sehr gerne geschehen!
Uwe: Wenn die Sehschärfe kontinuierlich schlechter wird...gibt es Tests oder bildgebende Verfahren, die erkennen, ob es sich um eine MS-bedingte Sehnervschädigung handelt? Wenn ja, kann man hier auch "trainieren"?
Prof. Thomas Henze: ja, das kann üblicherweise der Augenarzt mit einer sogenannten okulären Kohärenztomographie herausfinden (OCT), ist eine kurze Untersuchung ohne Belastung, wird aber nicht immer von den Krankenkassen bezahlt. Ein Training gibt es meines Wissens leider nicht bislang, ggf. ist aber eine Brillenverordnung hilfreich.
Leni: Im Sommer wo es so warm war, ging dazu meine Körpertemperatur auch mal hoch bis 37.5-37.8 ... auch wenn ich duschen gehe geht die Körpertemperatur kurz auf bis 37.2 ... ist das dann auch nicht normal ?
Prof. Thomas Henze: es gibt schon Betroffene, bei denen die Körpertemperatur bei Umgebungshitze ansteigt. Manchmal sind dann neben dem Duschen auch kühlende Getränke oder auch Kühlkleidung sinnvoll und wirksam.
Leni: Vielleicht habe ich auch eine Störung der Körpertemperatur was durch Betaferon ausgelöst wird?
Prof. Thomas Henze: darüber habe ich allerdings bislang noch nichts gehört oder gelesen, die Therapiezeit mit Betaferon war bei Ihnen außerdem ja recht kurz.
Marianne: Ja, Fieber habe ich keins gehabt beim "Zittern ohne Frieren". Vielen Dank für Ihre Antwort!
Prof. Thomas Henze: gern.
Allgemein - zaza: @Marianne, im Shop der AMSEL kann ich die Broschüre bestellen. Und es gibt einen ERklärfilm zu Fatigue auf der AMSEL seite.
Moderator Patricia Fleischmann: Werte Chatter, für heute schließt der Multiple-Sklerose-Expertenchat. Prof. Henze beantwortet sicher noch die offenen Fragen. Haben Sie vielen Dank, dass Sie heute dabei waren. Ein riesiges DANKE für sein Engagement im MS-Chat geht an Prof. Thomas Henze. Und der nächste Chat ist dann am 16.3., Experte udn Thema erfahren Sie rechtzeitig auf amsel.de oder auch, indem Sie unseren Newsletter abonnieren: https://www.amsel.de/service/newsletter/anmeldung/ - Ich wünsche allen miteinander noch einen schönen, wenngleich für viele ungewöhnlich ruhigen Faschingsdienstagabend!
Allgemein - Marianne: @zaza: vielen Dank für den Hinweis! Super!!! Ich hatte bei der dmsg.de geschaut und da ist die Broschüre als vergriffen gemeldet. Vielen Dank für den Hinweis!!!
Moderator Patricia Fleischmann: @zaza: Danke für die Hinweise, speziell auch zum Erklärfilm! https://www.amsel.de/video/ms-und-fatigue-was-kann-helfen/
Moderator Patricia Fleischmann: @ alle: Untereinander können Sie sich gern noch austauschen über das untere Schreibfeld "Plauderecke".
Allgemein - Marianne: Vielen herzlichen Dank für die Antworten und die interessanten Fragen und dafür, dass es die Möglichkeit des Experten-Chats gibt. Das ist richtig toll!!!!
Allgemein - Astrid: Vielen Dank für die Antwort!
Moderator Patricia Fleischmann: @ Astrid,Marianne und alle anderen: Danke für Ihr Feedback, das freut uns sehr und spornt uns weiter an :-)
Redaktion: AMSEL e.V., 18.02.2021