MS und Sport II

02.11.04 - Vom Walking sind viele begeistert - nachzulesen im ExpertenChat mit Daniela Krusche.

Moderator Patricia Fleischmann: Brrrrrr, was für ein trübes Nieselwetter! Umso freudiger begrüße ich Sie, liebe ChatTeilnehmer zu unserer heutigen Fragerunde. Ein "Hallo und Willkommen" auch an Daniela Krusche, Krankengymnastin in Bad Wildbad, die in den kommenden eineinhalb Stunden ihr Wissen zum Thema "MS und Sport" mit uns teilen wird!

Bobo: Hallo Frau Krusche, was eignet sich denn am besten zum Trainieren von Gleichgewicht und Kondition? Ich suche nach einer Sportart oder Übungen, die ich zuhause und ohne Anleitung machen kann.

Daniela Krusche: Zu Sportarten, die Sie zu Hause durchführen können, gehört sicherlich das Ergometertraining bei dem man ein ganz individuelles Ausdauertraining gestalten kann, abhängig von der jeweiligen Leistungsfähigkeit. Übungen, die Sie selbständig auch im Sinne der Gleichgewichtsschulung durchführen können, sollten Sie sich ein oder mehrmalig von Ihrer Krankengymnastin/en zeigen lassen, da diese auf Ihre Symptomatik individuell abgestimmt sein sollten.

Bobo: "Ergometer" war nochmal was?

Daniela Krusche: Entweder ein Hometrainer, oder ein Bewegungstrainer der Ihre eigene Aktivität unterstützt.

Klausi: Hallo Frau Krusche, vom Sehen kennen wir uns. Ich war '93 6 Wochen lang im Quellenhof. Meine Frage: Bis vor 3 jahren bin ich viel gejoggt, nun leider in dem Ausmaß nicht mehr möglich. Seither ist meine Beinmuskulatur stark geschrumpft! Erschreckend, wie schnell das geht! Was könnte ich tun? Danke.

Daniela Krusche: Wenn das Joggen nicht mehr möglich ist, vielleicht könnte es dann mit Walking funktionieren? Das Erhalten der Aktivität der Beinmuskulatur könnte man auch mit gezieltem Eigentraining erreichen. Die Übungen/Aktivitäten wiederum sollten Sie mit Ihrem Therapeuten erarbeiten, der Ihre spezielle Situation kennt.

Moderator Patricia Fleischmann: Zum Thema "Walking" oder "Nordic Walking": Beim letzten Aktionstag der AMSEL am 3. Juli 2004 waren einige ganz begeistert von dieser Sportart. Speziell die Stöcke seien eine große Hilfe, der Gang bei regelmäßigem Walken aufrechter.

Marie: Guten Abend Frau Krusche! Meine Frage betrifft die maximale Herzfrequenz beim Walking. Errechne ich die genauso wie bei Gesunden, also 220 minus Lebensalter? Und: Kann ich mir einen Trainingsplan erstellen, der berücksichtigt, dass ich an manchen Tagen eben nicht trainieren kann, weil ich körperlich nicht in der Verfassung dazu bin? Zur Zeit habe ich das Gefühl, dass ich, kaum habe ich eine gewisse "Fitness" erreicht, nach einer MS-bedingten Pause wieder von ganz vorne anfangen muß mit dem Training...

Daniela Krusche: Das Gefühl nach einer Trainingspause wieder von vorne anfangen zu müssen, kennen sicher sehr viele Menschen mehr oder weniger stark ausgeprägt. Das heißt,wenn wir uns über einen bestimmten Zeitraum nicht in der gewohnten Art und Weise fordern, geht dieser Effekt, der aus dem Training resultiert, wieder verloren. Ein Trainingsplan an sich kann so gestaltet sein, dass genügend Pausen enthalten sind, dass genügend Zeit zwischen den Trainingseinheiten liegt, um dem Körper die Möglichkeit zur Erholung zu bieten, dass auch mal kleinere Einheiten mit weniger Intensität eingelegt werden, wenn man sich nicht so gut fühlt. Die Herzfrequenz ist abhängig von Ihrer persönlichen aktuellen Leistungsfähigkeit und da würde ich mich nicht an Normzahlen orientieren (die von einem völlig gesunden Organismus ausgehen), sondern daran wie belastet Sie sich nach einem körperlichen Training fühlen.

Bobo: Wo ich mich schon als krankengymnastisches Greenhorn geoutet habe: Was sind denn Bobath-, Vojta-, PNF- und Bunkow-Therapie? Klingt alles ganz interessant, ich kann aber mit den Begriffen leider nichts anfangen.

Daniela Krusche: Alle von Ihnen genannte Therapien sind Behandlungskonzepte innerhalb der Krankengymnastik, die zum einen stimulativ (Brunkow-Konzept) oder durch Erleichtern von normalen Bewegungen durch den Therapeuten (Bobath-Konzept) auf das Zentrale Nervensystem einwirken. Alle diese Konzepte sind Behandungsmöglichkeiten, die eine normale Motorik bzw.ein Verbessern der Motorik zum Ziel haben.

suse: Der eine Arzt sagt "nach Schub 6 Wochen schonen", der andere "natürlich können Sie im Schub Sport betreiben". Wie sieht man das bei Ihnen in der Klinik?

Daniela Krusche: Zu Beginn eines Schubes oder auch im akuten Schub raten wir von sportlichen Aktivitäten ab. Ab wann Sie diese Aktivitäten wieder aufnehmen, ist abhängig von Ihrem eigenen Wohlbefinden und der eigenen momentanen Belastbarkeit. Wenn Sie Ihre sportlichen Aktivitäten wieder aufnehmen, sollten Sie darauf achten, Erschöpfungszustände zu vermeiden. Ihre Aktivität auf Ihr aktuelles Leistungsniveau anpassen.

Melek: Ich habe schon immer sehr wenig Sport gemacht, habe auch momentan keine Beschwerden außer bei Müdigkeit ein bißchen Gleichwichtsstörungen. Wird trozdem Sport empfohlen?

Daniela Krusche: Sie müssen nicht mit irgendwelchen sportlichen Aktivitäten beginnen, wenn Sie seither keinen Sport betrieben haben oder nur sehr wenig. Allerdings ist es sinnvoll, die kleinen Schwächen, auch im Bereich Gleichgewicht, anzugehen, um zu verhindern dass sie sich verstärken.

Marie: Danke Frau Krusche, kann es also sein, dass mein individueller Trainingsplan dann so aussieht: 1x/Wo Muskelaufbau, 2x/Wo Walking von 15-20 min und dann Sonntags noch eine längere Wanderung von vielleicht 2 Std. Gehzeit? Weicht natürlich total ab von den Trainingsplänen in den Büchern für Gesunde, aber würde mich mit meiner MS vielleicht noch lange mobil und halten!?

Daniela Krusche: An den sogenannten Büchern für Gesunde sollten wir uns deshalb nicht so stark orientieren, weil diese von einem intakten Nervensystem ausgehen. In Ihrem vorgeschlagenen Trainingsprogramm sind die Komponenten Muskelaktivität, Koordination und Ausdauer enthalten, also genau die Bereiche, die wir dem Körper so lange wie möglich erhalten wollen. Wenn Sie diese Trainingseinheiten gut auf die Woche verteilen ( evtl. auch einen Ruhetag einlegen) und Ihr subjektives Belastungsgefühl beachten, haben Sie Ihrerseits alles zu einem Erhalt beigetragen.

Marie: Vielen Dank Frau Krusche, ich nehme aus diesem Chat neues Wissen mit und die Erkenntniss, dass auch beim Sport weniger mehr sein kann! Nach dem Aktionstag für junge MS-Kranke habe ich schon mein Muskeltraining erfolgreich umstellen können (Trainingseinheiten und -intensität reduziert), dies werde ich jetzt auch mit meinem Walking tun. Herzlichen Dank!!!

Daniela Krusche: Walking an sich kann man sehr individuell gestalten. Da Sie zu dieser Gestaltung ja bereits Anregungen bezüglich der Intensität bekommen haben, wünsche ich Ihnen sehr viel Erfolg beim Training.

Moderator Patricia Fleischmann: Herzlichen Dank für Ihre spannenden Fragen zum Thema "MS und Sport"! Ich denke, wir haben alle etwas dazu gelernt. Daher auch ein besonders herzliches Dankeschön an Daniela Krusche, unsere heutige ChatExpertin - ich wünsche allen noch einen angenehmen Dienstagabend!

Schon einmal hatten wir das Thema "MS und Sport":Lesen Sie nach, was im AMSEL-ExpertenChat damals an interessanten Fragen aufkam.

Redaktion: AMSEL e.V., 25.09.2006