Moderator Anja Köhler: Guten Abend und herzlich willkommen zum heutigen ExpertenChat mit Frau Professor Haas. Wir freuen uns auf Ihren Beitrag.
Karina: Nehme derzeit REBIF 40. Setze ich mich einem erhöhten Schubrisiko aus mit einer Schwangerschaft?
Prof. Judith Haas: Unter der Therapie mit Rebif sollten Sie nicht schwanger werden. Wenn Sie eine Schwangerschaft planen sollten Sie die Medikation absetzen. Die Schwangerschaft selbst ist eine Phase mit einem geringem Schubrisiko.Die Schubrate sinkt während der Schwangerschaft und im letzten Drittel der Schwangerschaft kommen Schübe nahezu nicht mehr vor.Ein erhöhtes Schubrisiko besteht nach der Geburt.Wenn Sie stillen möchten sollten Sie eine Schubprophylaxe mit Immunglobulinen anwenden, wenn Sie nicht stillen , können Sie zur Schubprophylaxe die Therapie mit Rebif wieder beginnen.
Ulrike: Werde zur Zeit noch nicht mit Interferonen therapiert, da ich schwanger werden möchte. Kann ich dennoch - bei einem evt. Schub - jederzeit Kortisoninfusionen bekommen, auch wenn vielleicht schon eine Schwangerschaft besteht?
Prof. Judith Haas: Wenn Sie zum Zeitpunkt des Schubes schon schwanger sind , würde man in den ersten 3 Monaten der Schwangerschaft versuchen den Schub mit der Gabe von Immunglobulinen zu beeinflussen. Das Risiko einer Cortisontherapie wenn Sie nötig ist , wird aber als gering eingeschätzt und ist kein Grund die Schwangerschaft abzubrechen . Schübe treten auch in der Frühschwangerschaft nur selten auf ,da die Schwangerschaft ja das Schubrisiko von Beginn an herabsetzt.Wenn Sie eine MS mit hoher Schubaktivität vor der geplanten Schwangerschaft hatten oder haben und die Schwangerschaft nicht prompt eintritt , sollten Sie mit Ihrem Arzt sprechen, ob nicht eine Immuntherapie mit Immunglobulinen bis zum Eintritt der Schwangerschaft durchgeführt werden kann.
Karina: Was muß ich während einer Schwangerschaft beachten?
Prof. Judith Haas: Schwangerschaft und Geburt verlaufen bei einer MS Kranken Frau normal und nicht unterschiedlich im Vergleich zu nicht MS kranken Frauen. Auch die Geburt sollte unabhängig von der Diagnose MS vom Geburtshelfer geleitet werden.Die Entbindung kann auf natürlichem Wege erfolgen.Ein Kaiserschnitt ist nicht aus Gründen der MS zu empfehlen. Auch eione Spinalanaesthesie kann erfolgen , wenn es sich als notwendig erweist und die Mutter dies wünscht.Nach der Entbindung ist das Schubrisiko besonders in den ersten 3 Monaten erhöht.Wenn das Kind gestillt werden soll und dies ist zu empfehlen ,auch für die MS kranke Mutter , da Stillen das Schubrisiko senkt,sollte eine immunprophylaktische Therapie mit Immunglobulinen durchgeführt werden , die unmittelbar nach der Entbindung beginnen sollte.Stillt die Mutter nicht ist bei schubförmiger MS eine der modernen Immuntherpien zu empfehlen.
Claudia: Hallo! Frage: Sind Copaxone ein Risiko vor oder während der Schwangerschaft?
Prof. Judith Haas: es liegen bislang keine Hinweise dafür vor , daß Copaxone ein Risiko darstellt. Die Hersteller können aber nicht für eine Unschädlichkeit garantieren, da entsprechende Daten nicht vorliegen.Wenn Sie unter einer Therapie mit Copaxone schwanger werden , gibt es aber auch keinen Grund die Schwangerschaft abzubrechen , da ein Risiko bisher nicht bekannt ist.Dennoch sollte man sich an die Empfehlungen der Hersteller halten , die während einer Therapie mit Copaxone eine sichere Empfängnisverhütung empfehlen.Sobald eine Schwangerschaft eingetreten ist , sollte man die Therapie mit Copaxone beenden.Eine immunprophylaktische Therapie ist während der Schwangerschaft in der Regel nicht nötig, da während der Schwangerschaft nahezu keine Schübe auftreten.
Claudia: Noch eine weitere Frage: Ich habe gelesen, dass eine Empfängnis bei Blasen- und Nierenbeschwerden (durch MS) beeinträchtigt wird bzw. nicht mehr geht. Was steckt dahinter?
Prof. Judith Haas: Das ist mir nicht bekannt.
Marianne: Kann durch eine Schwangerschaft eine MS ausgelöst werden?
Prof. Judith Haas: Eine Schwangerschaft kann keine Ursache der MS sein.Allerdings gehen hormonelle Unstellungen , insbesondere das Wochenbett mi einer erhöhten Schubrate einher und auch mit einem erhöhten Risiko , daß ein erster Schub auftritt.Dies ist aber nur der Fall , wenn die MS schon in der betroffenen Frau stumm und ohne Symptome vorhanden war und dann durch die hormonelle Umstellung über die Schwelle tritt und erstmals klinische Symptome macht.
Eva: Hatte vor 8 Wochen den ersten Schub, spritze jetzt Rebif 22 . Wie lange sollte ich warten bevor ich eine Schwangerschaft einplane?
Prof. Judith Haas: Wenn innerhalb eines Jahres keine weiteren Schübe auftreten und auch die Kernspintomograpghie keine Aktivität der Erkrankung zeigt,ist ein günstiger Zeitpunkt eine Schwangerschaft zu planen.
Diana: Ich nehme seit einem Jahr Copaxone. Mich wuerde interessieren wie ich mich verhalten soll, wenn ich eine Schwangerschaft plane. Vom Hersteller bekam ich die Information, dass ich das Medikament kurz vor dem Eisprung absetzen soll. Dann testen ob es geklappt hat und wenn nicht das Medikament wieder bis zum nächsten Eisprung nehmen. Ist dies praktikabel?
Prof. Judith Haas: Falls der Hersteller davon ausgeht , daß innerhalb von 24 Stunden kein Risiko mehr vom Copaxone ausgehen kann , ist dies eines Lösung über die Sie mit Ihrem Gynäkologen sprechen sollten. Längere Pausen von mehr als 3 Tagen pro Monat könnten aber den Therapieerfolg gefährden. Als Alternative kommt bei Kinderwunsch eine Therapie mit Immunglobulinen in Betracht. Sprechen Sie mit Ihrem Neurologen, wie hoch er den Therapieerfolg von Copaxone in Ihrem Fall einschätzt und das Risiko eines Therapiewechsels.
Moderator Anja Köhler: Wir danken Ihnen allen für Ihre Teilnahme am heutigen ExpertenChat. Der ExpertenChat wird in Kürze beendet! Ihnen allen noch einen schönen Abend!
Redaktion: AMSEL e.V., 04.03.2003