Moderator Patricia Fleischmann: Liebe Chatter, ab 19 Uhr antwortet Prof. Mircea Schoenfeld Ihre Fragen rund um die Therapie der Multiplen Sklerose in Coronazeiten. Sie dürfen gern jetzt schon Ihre Fragen stellen oder in der Plauderecke mit anderen Teilnehmern chatten.
Dani: Guten Abend, Ich bin gerade mit der Immuntherapie des Medikamentes Mavenclad (Gladribin Wirkstoff) fertig im 2. Jahr der Therapie. Ausserdem besteht als weitere Beeinträchtigung Asthma bronchiale. Vor dem Beginn der Immuntherapie wurde der Impfstatus aktualisiert. Welcher Wirkstoff würde im vorliegenden Fall den besten Schutz bieten?
Prof. Ariel Mircea Schoenfeld: Cladribin wird über 2 Jahre gegeben. Es ist hochwirksam. Meinen Sie den Schutz vor COVID19? Das lässt sich zur Zeit nicht wirklich sagen.
Prof. Mircea Ariel Schoenfeld
- seit 2007: Professor für Experimentelle Neurologie und funktionelle Bildgebung, Medizinische Fakultät der Otto-von-Guericke Universität Magdeburg
- seit 2017: Ärztlicher Leiter und Mitglied der Geschäftsführung, Kliniken Schmieder Heidelberg
- Schwerpunkt MS,
- Auswahl: Promotionstitel "Amantadin beeinflusst kognitive Prozesse bei Patienten mit Multipler Sklerose"
- jüngste Veröffentlichung zum Thema MS: Hirnmechanismen der abnormen Ermüdung bei MS-Patienten aufgeklärt
Allgemein - Nina: Hallo an alle!
Moderator Patricia Fleischmann: Hallo Nina, , hallo an alle anderen Chatter, die sich zugeschaltet haben und natürlich hallo, Prof. Schoenfeld! Ich bin sehr gespannt auf Ihre Fragen.
Allgemein - Maja: Hallo.. Bin auch gespannt auf heute...
stern11: Sehr geehrter Herr Prof. Schoenfeld, ich habe die Diagnose MS seit 04/18 durch Liqourpunktion bestätigt bekommen. Erste Läsionen waren 2012 sichtbar, 2015 kamen 3 hinzu. Insgesamt sind es jetzt 6 Läsionen, seit 2015 keine Veränderungen.... ich habe auch keine wirklichen Schübe mitbekommen! Man hat mir trotzdem zu einer Therapie geraten, Copaxone habe ich 7 Monate gespritzt und nicht vertragen! Im Mai diesen Jahres hatte ich mit Betaferon angefangen, dieses aber auch abgesetzt, weil ich dachte die Hitze (heißer Kopf) mit leicht subfrebrilen Temperaturen grade bei steigenden Außentemperaturen würde durch das Betaferon kommen. Trotz Absetzen, jetzt schon 4 Monate, habe ich die Beschwerden immer noch und kein Arzt weiß genau warum??? Jetzt ist ein Östrogenmangel festgestellt worden, aber ob das die Ursache ist weiß man noch nicht genau! Kennen Sie einen Zusammenhang mit MS und dieser Symptomatik? Kann ich aufgrund der Coronasituation und meinem eher milden Verlauf noch mit einer Therapie warten? Ich arbeite im Gesundheitswesen und habe daher natürlich ein wenig Angst vor Ansteckung..... Eine weitere Frage wäre, ob sie Aubagio oder Betaferon favorisieren? Vielen Dank
Prof. Ariel Mircea Schoenfeld: Hallo stern11. Ich hätte Ihnen auch zu einer Therapie geraten. Wenn Sie Copaxone und Betaferon nicht vertragen haben, wäre DMF vielleicht eine Option. Ich würde nicht wegen Corona abwarten. Die von Ihnen berichteten Probleme haben möglicherweise nicht mit der Therapie der Multiplen Sklerose zu tun.
Maja: Guten Abend. Was halten Sie von der "Hit hard and early" Therapie, konkret von einem Wechsel auf Tysabri, aufgrund von einer Zunahme der Läsionen im MRT, aber ohne merkbare Schübe oder Behinderungen. Bis auf die Zunahme der Läsionen fühle ich mich kognitiv und körperlich fit. Danke.
Prof. Ariel Mircea Schoenfeld: Tysabri ist eine sehr wirksame Substanz. Hit hard and early ist keine schlechte Strategie, jedoch stellt sich immer die Frage ob nicht eine first line Therapie auch wirksam wäre?
Kati81: Guten Abend."Hit hard and early" da hab ich auch eine Frage. Mein früherer Neurologe vertrat bei kleinen Schübchen die Meinung "nicht mit Kanonen auf Spatzen schießen" ruhig auch mal was kleines aussitzen. Meine neue Praxis zitierte zuletzt "hit hard and early" und möchte lieber schon auf Kleinigkeiten Kortison geben. Das hat mich verunsichert. Wie ist Ihre Meinung?
Prof. Ariel Mircea Schoenfeld: Die Frage wäre, ob man die Verschlechterung der neurologischen Symptomatik als Schub wertet. Bei neu aufgetretenen Symptomen bzw aktiven Herden im MRT würde ich immer zu einem Cortisonstoß raten.
Marc: Gibt es Neuigkeiten zur Nutzung von Gilenya oder Aubagio als mögliche Therapien zur Abmilderung von Corona Symptomen bei einer bestehenden Infektionen?
Prof. Ariel Mircea Schoenfeld: Imunmodulatoren kommen theoretisch in Frage, um den Zytokinsturm zu bekämpfen. Richtige Daten dazu sind mir allerdings nicht bekannt.
stern11: Was bedeutet DMF? kann es an einem akuten östrogenmangel liegen oder gibt es dieses Problem bei MS allgemein, dass Patienten anfangen subfrebrile Temperaturen und Hitze zu entwickeln aufgrund der MS?
Prof. Ariel Mircea Schoenfeld: DMF ist die Abkürzung für Dimethylfumarat. Der Handelsname ist Tecfidera. Es ist denkbar, dass MS Läsionen tatsächlich auch eine Störung der Temperaturregulation hervorrufen können. Wahrscheinlicher ist jedoch eine Hormondysregulation.
Maja: Nochmal eine Rückfrage zur "Hit hard and early" Strategie. Was wäre eine sinnvolle first line Therapie, wenn DMF nicht wirkt... Aubagio kommt nicht in Frage. Macht es aus Ihrer Sicht Sinn einen Versuch mit den Interferonen bzw. Copaxone zu starten?
Prof. Ariel Mircea Schoenfeld: Ich denke ein Versuch mit Interferonen oder Copaxone macht immer Sinn. DMF ist eine hoch wirksame Substanz und als Eskalationstherapie von Interferone oder Copaxone zu sehen.
Kati81: Sehr geehrter Herr Prof. Schoenfeld, ich hatte nach einer Hernien-OP im letzen Jahr extrem lange mit stärksten Schmerzen und Schmerzkrämpfen tun, die nicht erklärbar waren und auch auf nahezu keine Schmerzbehandlung angesprochen haben. Kann die ms das Schmerzempfinden beeinflussen? Ähnliches gerade im Zusammenhang mit morbus crohn. Der Calprotektinwert ist minimal erhöht, aber mein Allgemeinzustand ist schlecht. Gastroenterologe findet es seltsam. Kann ms dies verfälschen? Bin seit 10 Jahren schubfrei und MRT-stabil, keine ms-bedingten Einschränkungen. Vielen Dank.
Prof. Ariel Mircea Schoenfeld: Ja, Schmerzen sind bei Patienten mit MS ein größeres Problem. Es ist bekannt, dass MS Patienten ein höheres Risiko haben, chronische Schmerzsyndrome zu entwickeln.
stern11: Tecifidera soll ja so flush Symptomatik hervorrufen und ggf. irgendwas mit Meningitis durch PJV Virus auslösen? (bestimmt falsch geschrieben) davor hatte ich Angst! Ist Aubagio auch gut wirksam und vielleicht verträglicher?
Prof. Ariel Mircea Schoenfeld: Ja, Tecfidera kann eine Flush Symptomatik auslösen. PML durch das JC Virus ist bei vielen hochwirksamen MS Therapien ein Problem. Aubagio ist eine Alternative. Die Therapiewahl ist eine individuelle Entscheidung, die Sie mit dem behandelnden Kollegen zusammen treffen müssn.
BR: Guten Abend. Ich habe meine Diagnose MS vor einem halben Jahr durch Zufall erhalten. Seit Oktober ist sie nun durch eine neue Läsion gesichert worden und nehme seit 5 Wochen Dimethylfumarat. Ich arbeite im Gesundheitswesen. Jetzt werden wir gefragt, ob wir uns gegen Corona impfen lassen wollen (keine Verpflichtung). Nachdem ich mit MS noch nicht wirklich Erfahrung habe, weiß ich im Moment nicht, wie ich zu einer Impfung stehen soll? was können Sie mir raten?
Prof. Ariel Mircea Schoenfeld: Die Datenlage zu den neuen Impfungen ist gelinde gesagt schlecht. Grundsätzlich denke ich, dass eine mRNA basierte Impfung unter DMF möglich und auch wirksam sein würde. Eventuell könnte man überlegen eine Therapiepause von einigen Wochen machen.
stern11: Ich habe gehört, dass Betaferon bei Coronainfektion sogar helfen könnte?? Stimmt diese Aussage?
Prof. Ariel Mircea Schoenfeld: Theoretisch ist das möglich. Im Verlauf der Erkrankung kann es zu einer Überaktivierung des Imunsystems kommen, bei der Interferone helfen könnten. Daten dazu kenne ich aber nicht.
X: Guten Abend Herr Schoenfeld, Diagnose 12/2012. Anfangs 6 Monate Copaxone ohne Erfolg, seit Mitte 2013 Tysabri. Ab 2020 nur noch alle 6 Wochen. MRT seit Behandlungsbeginn unverändert. Gehstrecke ist in dieser Zeit von 3km auf ca. 2km gesunken. Vor ca. 8 Monaten neue Sensi-Störungen mit Fußheber-Problematik links. MRT war wieder unauffällig, trotzdem 3 Tage Kortison. Beschwerden haben sich danach komplett zurückgebildet. JCV negativ. Es wird der Tag kommen, an dem Tysabri abgesetzt werden muss. Welche Umstellung funktioniert dann am Besten? Vielen Dank!
Prof. Ariel Mircea Schoenfeld: Das ist keine ganz einfache Frage. Es stellt sich die Frage, ob bei Ihnen die Erkrankung aus der entzündlichen in die neurodegenerative Phase übergegangen ist. Ocrevus wäre dann eine Überlegung wert.
Maja: Entschuldigung noch einmal für die Rückfrage, aber habe ich Sie richtig verstanden, dass Sie Tecfidera als Eskalationstherapie der Interferone bzw. von Copaxone sehen. Gleichzeitig ist es aus Ihrer Sicht aber denkbar einen Wechsel auf Interferone/Copaxone zu versuchen. Habe ich das richtig verstanden bzw. wäre das nicht als Rückschritt zu sehen? Danke nochmals.
Prof. Ariel Mircea Schoenfeld: Danke für die Rückfrage! Interferone und Copaxone sind first line Therapien, die man am Anfang bei milden Verläufen nimmt. Wenn diese nicht ausreichend wirksam sind, ist Tecfidera eine Option. Die Wirksamkeit ist höher als bei Copaxone oder Inrerferone. Ein Wechsel zurück ist eher nicht sinnvoll.
BR: Noch eine Frage. Wieso eine Therapiepause machen? Kann man die Impfung nicht während der Einnahme geben?
Prof. Ariel Mircea Schoenfeld: Doch, man geht davon aus, dass Impfungen grundsätzlich während der Tecfidera Therapie wirksam sind, wobei es möglich ist, dass die Wirksamkeit der Impfungen beeinträchtigt sein kann.
Hallozusammen: Sehr geehrter Herr Prof. Schoenfeld, erstmal vielen Dank für ihr Engagement hier. Mich würden folgende Sachverhalte interessieren. Vor ein paar Jahren wurde bei mir eine transvers ausgedehnte Myelitis mit Oedembildung diagnostiziert, welche neun Monate Kontrastmittel aufnahm und weiterhin überwiegend in der ganzen grauen cervikalen Substanz residiert. Ziemlich zeitgleich wurde bei mir eine Skleritis posterior diagnostiziert, welche sich mittlerweile, wie wohl auch die Myelitis, als rezidivierend herausgestellt hat. Weitere Befunde: Liquor 2x: akt. Lymph + Plasma, normale Zellzahl, ident. OKB (Spiegel), Alb. erhöht, ANA, B2GP-AK positiv, Hautausschläge usw Meine Diagnose lautet CIS bei MS (Uni) Ich bin verunsichert, da mich Neurologen zur Behandlung zum Rheumatologen schicken, welcher sich aber erstmal nicht für zuständig erklärt, mein Auge zu behandeln, aber mit dem Rest nichts zutun haben möchte. Er behandelt mich mit Immunosporin, was sich offensichtliuch (Rückfallfrei) als wirksam erweist. Ich verstehe nicht, warum ich nicht mit einer MS-Basis versorgt werde, was ja in der jetzigen Situation füer mich als Patient besser wäre. Vorallem weil die Neurologen der Meinung sind, dass meine Diagnose als nicht zutreffend anzusehen ist. Ich weiß nicht an wen ich mich wenden sollte?
Prof. Ariel Mircea Schoenfeld: Bei Ihnen scheint es eher um eine Erkrankung aus dem rheumatischen Formenkreis zu handeln. Dass Immunosporin wirksam war spricht auch sehr dafür. Bei der Konstelation wäre eine MS Basistherapie nicht wirklich ratsam.
Hallozusammen: Muß meine Frage erst freigegeben werden?
Moderator Patricia Fleischmann: Nein, nein, sobald sie beantwortet ist, landet sie auch wieder im großen Fenster. Bis dahin steht sie unter dem Link "unbeantwortete Fragen".
X: Gibt es inzwischen Marker, die einen Übergang in die SPMS feststellen? Kann eine MS so schnell, trotz früher Eskalation, in die sekundäre Progredienz umschwenken? Ich bin erst Mitte 30.
Prof. Ariel Mircea Schoenfeld: Es gibt unterschiedlich schnelle Verläufe. Typischerweise beginnt die neurodegenerative Phase wenn Schübe nicht mehr auftreteten und die Symptomatik schleichend zunimmt.
Julia: Guten Abend, ich habe 2015 die Diagnose hochaktive MS und mit Tysabri begonnen. Anschließend immer stabile MRTs und JCV-negativ. Alle paar Monate habe ich wieder eie zeitlang Taubheitsgefühle in der linken Wange wie bei meinem letzten Schub vor Tysabri. Wie ist das zu bewerten bei stabilem MRT? Als Schub? Oder alschronisch aktive Läsion, die evtl sogar weiter wächst? Die aubheitsgefühle scheinen tendenziell wirklich in stressigeren Phasen wiederzukommen.
Prof. Ariel Mircea Schoenfeld: Hallo Julia, es könnte sich am ehesten um eine chronische Schädigung handeln, die mal mehr mal weniger Symptome macht. Einen Schub kann man nicht gänzlich ausschließen, aber ich denke es ist bei der Konstellation eher unwahrscheinlich.
Hallozusammen: Aber meine Diagnose lautet unverrückbar CIS. Ich habe übrigens unspezifische, statische Hirnläsionen in den frontalen Gyri.
Prof. Ariel Mircea Schoenfeld: Auch rheumatologische Erkrankungen können solche Läsionen hervorrufen. Ich würde Ihnen dringend anraten die Diagnose CIS bei einem Kollegen zu überprüfen. Im Chat ist es schwer eine Diagnose zu bestätigen oder zu verwerfen.
Julia: Guten Abend, ich habe noch eine Frage: Bei 8-9 wöchigen Natalizumab-Infusionsintervallen - wie viele Wochen nach der letztenInfusion sollte man sich am besten impfen lassen? In meinem Fall mit dem Totimpfstoff Gardasil 9. Ist da eher ein größerercAbstand nach Infusion oder vor der nächsten Infusion gut?
Prof. Ariel Mircea Schoenfeld: ja ein größerer Abstand ist sicher anzuraten, da Tysabri die Imunantwort abschwächt. Bei dem Rhythmus von 8-9 Wochen wäre die 5 Woche eine Option.
Hallozusammen: Sind meine Befunde denn mit einem CIS in Einklang zu bringen? Und wenn nein, warum nicht?
Prof. Ariel Mircea Schoenfeld: Ich glaube ich habe die Frage schon beantwortet.
Julia: Vielen Dank für Ihre Antworten! Meinen Sie, dass es bei 8-9wöchigem Infusionsintervall Sinn ergibt, die Serumskonzentration von Tysabri zu messen? Sie kennen natürlich überhaupt nicht meinen Fall, aber wad empfehlen Sie tendenziell bei Kinderwunsch bzgl Tysabri und eventueller Medikamentalternative, wenn vor Therapiebeginn eine hohe Aktiviät vorlag und in den 5 Jahren danach alle MRTs stabil waren?
Prof. Ariel Mircea Schoenfeld: Bei Kinderwunsch gibt es verschiedene Ansichten. Bei einer hohen Aktivität der Erkrankung würde Natalizumab bis zur 24. -30. Schwangerschaftswoche weitergegeben werden können, allerdings in 6-wöchentlichen Intervallen. Im letzten Drittel der Schwangeschaft würde man auf die Gabe verzichten. Nach der Entbindung wird eine Wiederaufnahme zügig angestrebt, wobei man vorher anstillen muß.
Claudia: Guten Abend Prof. Schoenfeld, habe die Diagnose MS 1985 bekommen. Am Anfang mit Schüben, jetzt mit sekundär chron.-progred. Verlauf. Habe bei Schüben Cortison bekommen, nehme seit 2006 Fampyra . Im MRT verändert sich seit vielen Jahren nichts. Keine neuen Herde. Ist es sinnvoll so weiterzumachen, meine Beschwerden nehmen zu. Gehe regelmäßig zur Physiotherapie, fahre Rad (Liegerad m. 3 Rädern).
Prof. Ariel Mircea Schoenfeld: Ja, es ist sehr sinnvoll wenn Fampyra hilft.
BR: ich hab noch eine Frage zum Tecfidera. Warum soll man kein Ibuprofen nehmen? Was wäre eine Alternative?
Prof. Ariel Mircea Schoenfeld: Tecfidera und Ibuprofen sind beides Medikamente, die die Nieren belasten können. Die Kombination zweier nephrotoxischer Arzneimittel ist deshalb zu vermeiden.
Hallozusammen: Vielen Dank Herr Prof. Schönfeld
Prof. Ariel Mircea Schoenfeld: Gern geschehen.
Julia: Mir fält gerade noch eine Frage ein: Bei langjähriger Therapie mit Tysabri seit Krankheitsbeginn - können Sie evtl den Prozentsatz derer nennen, die dann von RRMS zu SPMS übergehen? Nach wie vielen Jahren etwa? Und kann ich mir SPMS schon tendenziell so vorstellen, dass das Gehvermögen dann immer schlechter wurd? Oder was bringt SPMS so tedenziell mit sich mit?
Prof. Ariel Mircea Schoenfeld: Das ist nicht ganz so einfach eine zeitliche Angabe zu machen. Die Dynamik hängt von der Krankheitsaktivität und der Plastizitätsreserve ab. Grundsätzlich geht man davon aus, dass bei ca 60-80% der Patienten mit RRMS die Erkrankung im Verlauf in eine SPMS übergeht. Die SPMS führt zu einer Verschlechterung der meisten MS Symptome. Das Gehen ist leider häufig betroffen.
Claudia: Vielen Dank, Herr Prof. Schoenfeld.
Prof. Ariel Mircea Schoenfeld: Gern geschehen, Claudia.
Julia: Ich hoffe, das ist ok, dass ich so viel frage. :) Bei stabilen cMRTs unter 5 Jahren Tysabri ohne Schubsymptome mit viellt 2-3 MRTs von HWS&BWS ohne Läsionen - ist es wichtig, regelmäßig auch MRTs von HWS&BWS zu machen? Wenn ja, in welchen Abständen?
Prof. Ariel Mircea Schoenfeld: Es hängt ein wenig davon ab wo die Läsionen vorher waren. Falls es vorher Läsionen im Myelon gab sollte man das tun. Die Abstände hängen von der klinischen Symptomatik ab. Wenn die Klinik stabil ist reicht es alle 1-2 Jahre, aber lieber ein Mal öfter als zu selten.
stern11: Wo wären Läsionen im Gehirnbereich eigentlich sichtbar, wenn sie eine Störung der Temperaturregulation hervorrufen würden?
Prof. Ariel Mircea Schoenfeld: Die Region für die Temperaturregulation befindet sich im Zwischenhirn. Es gibt aber auch Einflüße aus der Inselrinde.
Marc: Was passiert mit Fragen, die sie im Chat nicht beantworten?
Prof. Ariel Mircea Schoenfeld: Ich versuche alle Gragen zu beantworten. Ich bin nur nicht so schnell im Tippen...
Moderator Patricia Fleischmann: @Marc, ein klein wenig Geduld, bitte; der Chat ist ja noch nicht zu Ende ;-)
Alexandra: Guten Abend, was halten Sie von linolsäurearmer Ernährung bei progredienter MS zusätzlich zur Therapie. Als eigentliche Therapie bekomme ich Ocrevus.
Prof. Ariel Mircea Schoenfeld: Es gibt einzelne Berichte, dass eine linolsäurearme Ernäherung hilfreich ist.
stern11: Also in welchem Bereich des Gehirns? Vielen Dank für die Antworten
Prof. Ariel Mircea Schoenfeld: Die Region für die Temperaturregulation befindet sich im Zwischenhirn.
Hallozusammen: Eine Rückfrage noch.. an wen wende ich mich, wenn ich vom Neurologen zum Rheumatologen und umgekehrt geschickt werde, keine richtige Diagnose habe und das ganze seit sieben Jahren mitmache?
Prof. Ariel Mircea Schoenfeld: Ich denke ich würde Ihnen empfehlen in einer Spezialambulanz für Rheumatoplogie eines größeren Krankenhauses oder Uniklinikums zu gehen. Dort könnte man Ihren Fall interdisziplinär angehen.
Marc: Aubagio wurde eigentlich wegen der antviralen Eigenschaften in Betracht gezogen..
Prof. Ariel Mircea Schoenfeld: Ja, theoretisch ist das sehr gut denkbar.
Julia: Herzlichen Dank noch für die hilfreichen Antworten.
Prof. Ariel Mircea Schoenfeld: Gern geschehen.
stern11: Wenn Läsionen an der temperaturregulation schuld wären, wo wären die Läsionen im MRT denn sichtbar, also in welchem Gehirnbereich? Vielen Dank
Prof. Ariel Mircea Schoenfeld: Im Zwischenhirn und in der Inselrinde
Moderator Patricia Fleischmann: Liebe AMSEL-Chatter, haben Sie vielen Dank für Ihre Fragen heute im Multiple-Sklerose-Chat! Ein besonders großes DANKE geht natürlich an unseren Chatexperten, Herrn Prof. Schoenfeld! Übrigens haben wir ausnahmsweise auch im Dezember einen Expertenchat für Sie in Arbeit: Dr. Verena Isabell Leussink, Neurologin und Ernährungsexpertin antwortet dann - mehr oder minder passend zur Plätzchenzeit - auf alle Fragen zu Multipler Sklerose und Ernährung. Näheres demnächst auf amsel.de, wo Sie ab morgen auch das Chatprotokoll zu heute finden. Bis dahin: Machen Sie es gut!
Moderator Patricia Fleischmann: PS: Die offenen Fragen beantwortet Prof. Schoenfeld selbstredend noch - einfach eingeloggt bleiben, bis die Antwort steht. Gern dürfen Sie sich solange über die Plauderecke unterhalten :-)
Redaktion: AMSEL e.V., 18.11.2020