Menopause bei MS

18.11.08 - Patientinnen in den Wechseljahren befinden sich aufgrund des typischen Verlaufs der MS häufig in der Phase einer sekundären Progredienz, so Dr. Silke Leonhardt & Johannes Zeisberger im AMSEL-Expertenchat.

Moderator Patricia Fleischmann: Einen schönen guten Abend an alle AMSEL-Chatter! Heute begrüßen wir gleich ein Expertenteam in unserer Runde: Die Neurologin Dr. Silke Leonhardt und den Gynäkologen Johannes Zeisberger. Auf Ihre Fragen sind wir schon gespannt!

Ari: Bin 54 Jahre alt und weiss erst seit 2005, dass ich MS habe. Hatte wohl bisher gutartigen Verlauf und ausser Gefühlsstörungen im li. Bein ging es mir super gut. Seit mai 2008 ist nun meine Regel erstmalig ausgeblieben bzw. unregelmässig und mit dem Tag genau fing die MS sich bei mir an zu melden mit Störungen auf der ganzen linken Körperseite (Missempfindungen und starker Druck hinter dem linken Ohr. Kortison im Mai brachte nichts und MRT zeigte keine neuen Läsionen, trotzdem sind alle Symtome auch heute nach einem halben Jahr noch vorhanden. Hat der Körper Stress mit der Hormonumstellung? Und würde eine Hormontherapie was ändern? Die Ärzte sagen mir nur, das wäre noch nicht genug erforscht aber sie glauben es nicht. Was meinen Sie dazu?

Dr. Silke Leonhardt & Johannes Zeisberger: Liebe Ari, die Hormonumstellung des Körpers in der Menopause ist eigentlich ein natürlicher Vorgang. Bis heute gibt es keine nachgewiesenen Zusammenhänge zwischen einer Verschlechterung der MS und MS-Symptomen und der hormonellen Umstellung in den Wechseljahren. Eine Hormontherapie würden wir von Wechseljahrbeschwerden abhängig machen. Herzliche Grüße Leonhardt & Zeisberger

 
 
Dr. Silke Leonhardt & Johannes Zeisberger
 
 
Dr. Silke Leonhardt ist Oberärztin für Neurologie am Klinikum Kirchheim-Nürtingen.
 

Tätigkeit hier im Rahmen der stationären Versorgung von neurologischen Patienten und in allen 4 Kreiskliniken mitbehandelnd bei neurologischen Fragestellungen.
Langjährige Erfahrung sowohl mit akuten Fragestellungen der MS.

Johannes Zeisberger ist Oberarzt der Abteilung Gynäkologie am Klinikum Kirchheim-Nürtingen. Seit der Zusammenlegung mit Kirchheim 2004 schwerpunktmäßig dort im ambulanten Operieren und bei minimalinvasiven Eingriffen tätig. Zunehmend mit Problemen MS-kranker Frauen befasst, die über die Neurologie vorgestellt werden.

Marianne: In den kommenden Jahren wird wohl meine Menopause einsetzen. Was kann man tun, um Osteopörose vorzubauen? Zumal unter dem Aspekt, dass ich regelmäßig bei Schüben hohe Cortisonstöße bekomme und meine Knochendichte bereits abgenommen hat. Kann man prophylaktisch etwas tun? Und was macht man, wenn Schäden schon da sind?

Dr. Silke Leonhardt & Johannes Zeisberger: Liebe Marianne, in Ihrem Fall der vermutlich bald einsetzenden Menopause und der Cortisonstoßtherapien ist eine Osteoporosetherapie sicherlich sinnvoll. Sie sollten sich bei Ihrem Frauenarzt über medikamentöse Möglichkeiten beraten lassen, z. B. Hormone, Vitamin D bzw. Calcium. Ein weiteres wichtiges Standbein bei der Osteoporoseprophylaxe ist die Bewegung !!! Herzliche Grüße, Leonhardt & Zeisberger

Marianne: Zu Aris Frage: Die Hormontherapie ist doch verschrien, Krebs zu fördern, vor allem Eierstock- und Brustkrebs. Kann man Frauen heute überhaupt noch guten Gewissens eine solche Therapie anraten? Welche alternativen Mittel gibt es, um Wechseljahrprobleme im Zaum zu halten?

Dr. Silke Leonhardt & Johannes Zeisberger: Liebe Marianne, liebe Ari, eine Hormontherapie wird dann empfohlen, wenn Patientinnen störende Wechseljahrbeschwerden haben oder solche drohen (Osteoporose-Prophylaxe bei Risikopatientinnen). Im Laufe dieser Therapie sind die Patientinnen ja dann in engmaschiger gynäkologischer Kontrolle und gelegentlich sollte ein Auslassversuch erwogen werden. Unter diesen engen Therapievorgaben müssen wir das statistisch insgesamt gering erhöhte Krebsrisiko gegen den Nutzen der Patientin abwägen. Herzlich, Leonhardt & Zeisberger

Synapse: Guten Abend, kann es sein, dass es bis heute keine nachgewiesenen Zusammenhänge gibt, weil auch keiner in diese Richtung forscht? Ich arbeite seit über 14 Jahren mit und für MS Betroffene und stelle häufig Verschlechterungen um die Wechseljahre fest. Verschiedene Neurologen bestätigten mir, das es kaum Literatur zu diesem Thema gibt und es müsse diesbezüglich mehr geforscht werden. Ist dies auch Ihre Meinung? Viele Grüße aus dem Norden

Dr. Silke Leonhardt & Johannes Zeisberger: Liebe Synapse, Patientinnen in den Wechseljahren befinden sich aufgrund des typischen Verlaufs der MS häufig in der Phase einer sekundären Progredienz, das heißt, dass die Schübe ja eher in den Hintergrund treten und sich mehr eine langsam schleichende Verschlechterung einstellt. Wir sehen hier einen offensichtlichen zeitlichen Zusammenhang. Zur Frage, ob es auch einen kausalen Zusammenhang gibt, besteht weiter sicher Forschungsbedarf. Grüße aus Kirchheim, Leonhardt & Zeisberger

Maja: Hi, hab vermutlich nochn bisschen Zeit bis zu den Wechseljahren, bin erst 20 aber neugierig: Was erwartet einen dann denn an Symptomen? Wie kündigen sich die Wechseljahre an?

Dr. Silke Leonhardt & Johannes Zeisberger: Liebe Maja, es gibt Frauen, die haben ihre Wechseljahre und überstehen diese Phase ohne Beschwerden. Bei vielen beginnt es mit Zyklusunregelmäßigkeiten. Die Frauen berichten über Hitzewallungen, Schweißausbrüche, Schlaflosigkeit, Reizbarkeit und Nervosität. In den Wechseljahren steigt auch das Osteoporoserisiko. Grüße, Leonhardt & Zeisberger


Allgemein - Synapse: Schade das es hier so ruhig ist, ich finde das Thema sehr interessant. Im Oktober besuchte ich einen Vortrag zum Thema "Wechseljahre und MS" hier wurde u.a. gesagt, das Hormontherapien die Wechseljahre nach hinten verschieben, den Gedanken finde ich auch nicht so klasse.



Allgemein - Tanja89: hallo zusammen


Synapse: Die Antwort hatte ich erwartet. Die genannten Patientinnen habe aber von über 20 Jahren bis zu 3 Jahren die Diagnose. Nun ist es doch merkwürdig, das es bei den genannten die ersten Vorboten der Menopause gibt und die Verschlechterung der MS merklich ist. Ich fürchte nur, egal ob es einen kausalen Zusammenhang gibt, man kann wenig machen.

Dr. Silke Leonhardt & Johannes Zeisberger: Hallo Synapse, wir denken schon, dass hier bezüglich des kausalen Zusammenhangs zwischen MS-Verschlechterung und Menopause weiter Forschungsbedarf besteht, denn erst wenn der kausale Zusammenhang geklärt sein sollte, können auch kausal-wirkende Medikamente entwickelt werden. Bisher sind die Therapien in diesem Lebensabschnitt entweder beim Frauenarzt Wechseljahr-betont oder beim Neurologen MS-spezifisch, eine fächerübergreifende kausale Therapie gibt es momentan nicht. Leonhardt & Zeisberger

Moderator Patricia Fleischmann: Hi Tanja, ich glaube Du hast auch noch etwas Zeit bis zur Menopause, oder? [Zur Erklärung für alle, die hier neu sind: Tanja89 ist regelmäßig hier im Chat, daher kennen wir uns schon, virtuell zumindest ;-)]


Allgemein - Tanja89: hi hi, hallo, ja das stimmt, aber ist ja trotzdem interessant zu lesen, was da für fragen aufkommen und war in knapp 30 jahren auf mich zu kommt :-D



Allgemein - Synapse: So, ich werde mich mal verabschieden, ich schaue immer gbannt auf meinen Bildschirm und es passiert so wenig. Sehr schade, denn ich finde es klasse, dass auch dieses Thema mal im Expertenchat behandelt wir. Werde morgen alles durchlesen. Einen schönen Abend und gute Nacht an alle.


Moderator Patricia Fleischmann: Gute Nacht, Synapse!

Karen: Wie ist das mit den zusätzlichen Kalziumportionen, ich habe gehört sowas kann sich auch im Körper anlagern bei Leuten, die viel Milch trinken oder Nahrungsergänsung machen, auch bei Männern, die gar keine Wechseljahre haben und macht dann Probleme in den Gelenken und Gefäßen. Stimmt dass?

Dr. Silke Leonhardt & Johannes Zeisberger: Liebe Karen, wenn die Calciumtherapie unter ärztlicher Kontrolle erfolgt, sollten sich keinerlei solche Probleme zeigen. Beschwerden und Symptome ergeben sich nur bei Calciumüberdosierung. Gegen regelmäßiges Milchtrinken ist aber wirklich nichts einzuwenden. Grüße, Leonhardt & Zeisberger

Tanja89: guten abend :-) hab da mal eine frage, die etwas aus der reihe tanzt. und zwar: (kurze vorinfo: bekam mal rebif 22, 44 und tysabri ohne erfolg) nun stand rituximab und mitox im raum, da mal aber davon ausgeht, dass ich eine b-zellen form der ms habe oder eigene sonderform wie nmo, fiel die entscheidung auf rituximab. hatte heute die 1. infusion. vor allem meinten die ärzte, dass unter mitox die regelblutung ausbleiben kann (bin 19 jahre und daher wollten sie das nicht riskieren) wissen sie, ob es unter rituximab auch dazu kommen kann? vielen dank! :-) lg, tanja

Dr. Silke Leonhardt & Johannes Zeisberger: Hallo Tanja, wir haben mit Rituximab keine Erfahrung, da Rituximab derzeit ja nur in Studien angewendet wird. Wir empfehlen Ihnen also, dieses Thema mit Ihrem Studienbetreuer zu besprechen, Ihre Erfahrungen mit dem Medikament sind für die Studie wichtig ! Haben Sie mit Ihrem Studienbetreuer das Thema Verhütung unter dieser Therapie besprochen ? Herzliche Grüße, Leonhardt & Zeisberger


Allgemein - Tanja89: wie gehts ihnen heute so frau fleischmann?


Moderator Patricia Fleischmann: @Tanja: Bestens, danke, und Dir? - Ich meine aber, ich hab Dir das Du auch angeboten, oder ist das schon Alzheimer bei mir? Dabei bin ich nicht mal doppelt so alt wie Du...


Allgemein - Tanja89: oh, danke nochmals :-) hab heute fast 12 stunden in der uniklinik verbracht wegen rituximab, war etwas langweilig und hingezogen, bin ziemlich platt aber sonst bassts :-) und das alter hat ja echt nix zu sagen, nette und böse menschen gibts in jedem alter


Moderator Patricia Fleischmann: 12 Stunden Klinik, das ist ganz schön heftig. Mir würde da der Arm lahm vom vielen Lesen. Das ging aber wenigstens, Lesen meine ich, oder?


Allgemein - Tanja89: die haben da einen flachbildfernseher im raum hängen, das ist noch besser :-) blättern wäre eher schlecht gewesen, hatte es in der armbeuge


Annie: Welche Symptome kommen bei der menopause und bei MS vor? Kann man da etwas mit einem Schub verwechseln oder umgekehrt für die Wechseljahre halten, obwohl ein Schub der Grund dafür ist?

Dr. Silke Leonhardt & Johannes Zeisberger: Guten Abend, Annie, wenn Sie in den Wechseljahren als MS-Patientin Beschwerden haben, empfehlen wir Ihnen zu Ihrem Frauenarzt oder Neurologen zu gehen. Diese können Sie dann normalerweise zuverlässig beraten, was die Ursache Ihrer Beschwerden ist. Herzlich, Leonhardt & Zeisberger

DSL: ich habe seit 51/2 J.Ms+spritze seit 5 J.Betaferon.mein Zyklus liegt zwischen 24 und 47 tagen.ich bin 39 Jahre. Besteht die Möglichkeit, dass langsam die Wechseljahre eintreten ?

Dr. Silke Leonhardt & Johannes Zeisberger: Liebe Chatterin, Betaferon kann Zyklusstörungen machen, aber mit 39 Jahren ist es ja auch nicht ausgeschlossen, dass Sie in die Wechseljahre kommen. Zwar früh, aber möglich. Grüße, Leonhardt & Zeisberger

Karen: Danke für ihre Antwort.Täglich einhalber bis 1 Liter Milchmachhen also nichts aus?

Dr. Silke Leonhardt & Johannes Zeisberger: Liebe Karen, bin selbst ausgesprochener Milchfreund, ich trinke selbst so viel. Macht nix und schmeckt gut, Grüße, Leonhardt


Allgemein - Tanja89: meine antwort hatte es nicht abgeschickt :-(


Moderator Patricia Fleischmann: Verehrte Chatterinnen, das war's schon wieder für heute. Ich danke Dr. Silke Leonhardt und Johannes Zeisberger für Ihre kompetenten interdisziplinären Antworten heute Abend! In zwei Wochen am 2. Dezember 08 geht es weiter mit Prof. Herbert Schreiber zu einem kognitiven Thema: "Beeinflusst die mS mein Denken?" Ich freue mich auf ein Wieder-Chatten und wünsche allen einen schönen weiteren Abend!

Tanja89: vielen dank für die antwort! hatte ich vergessen anzusprechen, unterhalten und eher über verhütung und war mir im 1. moment auch noch klar, weil wir ja auch deshalb das dem mitox vorgezogen hatten.... werd ich in 2 wochen mal ansprechen! ist wie immer halt, die besten fragen kommen einem leider oft dann, wenn man wieder daheim ist.... vielen dank nochmals für die beantwortung der fragen und noch einen netten abend wünsche ich!

Dr. Silke Leonhardt & Johannes Zeisberger:


Allgemein - Tanja89: schönen abend noch und bis bald mal wieder :-)


Moderator Patricia Fleischmann: @Tanja: Oh weh, welche Antwort auf welche Frage denn ? Kannst Du sonst die Frage einfach nochmal per Mail an patricia.fleischmann@amsel-dmsg.de schicken? Ich seh hier nichts Offenes mehr und habe unser Expertenteam auch schon verabschiedet. Frau Dr. Leonhardt und Johannes Zeisberger würden aber "nacharbeiten"...

Moderator Patricia Fleischmann: Okay, jetzt ist es drin, Dein Danke, s. oben. Das war ja keine Frage mehr oder?


Allgemein - Tanja89: war ja nur eine antwort von mir, von daher keine frage mehr, eher ein danke an die experten, hatte es aber einfach nochmal getippt :-)


Moderator Patricia Fleischmann: Die Experten lesen Deine Antwort auf jeden Fall noch, weil ich Ihnen das fertige Protokoll in Papierform zuschicke, keine Sorge also, und danke fürs Nochmal-Tippen - tschüssi!


Allgemein - Tanja89: bin dann mal wech, schlönen abend wünsche ich dir noch!



Allgemein - Tanja89: oki, danke und tschüssi


Redaktion: AMSEL e.V., 18.11.2008