Mehr Energie trotz Fatigue bei MS

Patricia Fleischmann: Herzlich willkommen, liebe Chatterinnen und Chatter, zu diesem Multiple-Sklerose-Chat von AMSEL!
Ganz herzlich begrüßen möchte ich hier und heute Dr. Martin Menke. Für ihn ist es eine Premiere als Chatexperte, hier bei uns. ?
Erst vorvergangenes Wochenende hat Dr. Menke einen sehr erfolgreichen Workshop auf einer AMSEL-Veranstaltung gegeben. Auf einzelne Themen konnte dort in der Kürze der Zeit nicht eingegangen werden – heute ist Zeit dafür :-) ?️
Dr. Menke antwortet ab 19 Uhr, gern dürfen Sie schon jetzt posten. Auf all Ihre Fragen (gern auch Anregungen) sind wir sehr gespannt! ?

Sally: Hallo Herr Dr. Menke, danke für die Möglichkeit, von Ihnen Einschätzungen zu erhalten. Mein Neurologe differenziert zwischen kognitiver und motorischer Fatigue. In den meisten Artikeln zum Thema stoße ich eher auf keine Differenzierungen, wird eher generell auf ein "zu erschöpft für..." Bezug genommen. Das, was er als Diagnose Fatigue bei mir bezeichnet, äußert sich eher als einschießende Schwäche in Arme und / oder Beine, was dann eben generelle körperliche Schwäche zur Folge hat, nicht so sehr Konzentrationsprobleme oder generelle Erschöpfung. Höchstens auf die Art, wie körperliche Schwäche eben das gesamte System mitbelastet. Beurteilen Sie Unterscheidungen da als zulässig bzw. angebracht?
Dr. med. Martin Menke: Hallo Sally, Ja, man kann hier unterscheiden. Eine kognitive/mentale Fatigue bezieht sich in erster Linie auf Aufmerksamkeitsfunktionen, und die körperliche Fatigue auf die körperliche Belastbarkeit. Die kognitive/mentale Fatigue kann man besser messen. Beide Formen können zusammen oder auch getrennt/betont auftreten.

Stefan: Welche Supplements oder Medikamente empfehlen sie um die fatigue besser in den griff zu bekommen? Ich bin hauptsächlich erschöpft und müde

Dr. med. Martin Menke: Hallo Stefan, breite Frage. Kurz gesagt, eine gesunde Lebensführung ist hilfreich (anti-entzündliche Ernährung), es müssen nicht unbedingt supplements sein (für Propionsäure gibt es eine gewisse Evidenz). Körperliche Aktivität spielt eine große Rolle beim lifestyle (Kraft- und Ausdauertraining). Als Medikament kommt teils Modafinil zum Einsatz, es ist aber nicht offiziell zugelassen.

NinaS: Lieber Herr Dr. Menke, wie kann man es am besten schaffen, seine körperliche Fatigue zu überwinden?

Dr. med. Martin Menke: Hallo NinaS, die Fatigue ist eine Herausforderung, die Geduld erfordert. Körperliche Aktivität spielt eine große Rolle, Kraft- und Ausdauertraining. Was Spaß macht. Dies aber mit Augenmaß, man sollte sich nicht überfordern, sondern eher langfristig trainieren. Beim Training sollte man auch Überhitzung vermeiden.

Stefan: Welche Supplements oder Medikamente empfehlen sie um die fatigue besser in den griff zu bekommen? Ich bin hauptsächlich erschöpft und müde

Dr. med. Martin Menke: Hallo Stefan, zu dem angefragten supplement. Nur kurz gesichtet. Denke, mit einer gesunden, abwechslungsreichen Ernährung könnte man sich das vermutlich sparen.

NinaS: Für mich ist es vorteilhaft, meine körperlichen Aktivitäten (Sport im weitesten Sinne) zu dokumentieren. Das motiviert :-)

Annie: Hallo Herr Dr. Menke, meine Erschöpfungszustände variieren extrem über den Tag. morgens und abends ist es meist ganz gut. In der Mitte des tages ist es katastrophal. Muskelschwäche, kognitive Schwierigkeiten, Sehstörungen, Benommenheit, manchmal Angst. Ich mache dann eine Mittagspause, manchmal mit Schlaf, danach ist es meist besonders mühsam, wieder in den Tag zurück zu kommen. Ich brauche Stunden. Meinen Sie, ich könnte noch anders versuchen, das zu managen?

Dr. med. Martin Menke: Hallo Annie, die Fatigue kann im Alltag eine richtige Belastung sein, frustrierend. Die geschilderte Situation scheint mir komplex, vielleicht wäre eine ausführliche Betrachtung in einer Reha angebracht.

Stefan: Was genau ist propionsäure und was macht es mit der MS?

Dr. med. Martin Menke: Hallo Stefan, Propionsäure kann nach bisherigen Erkenntnissen womöglich dazu beitragen, dass sich der Gesamtstoffwechsel im Körper verändert, weniger entzündlich ist. Es ist eher ein Baustein im Gesamten. Für andere supplements gibt es wenig Evidenz, gute Studienergebnisse. Vitamin D, im normalen Rahmen, könnte auch hilfreich sein.

NinaS: Was meinen Sie mit "langfristig trainieren"? Eher weniger intensiv, dafür öfter?

Dr. med. Martin Menke: Genau, man sollte keine kurzfristigen Erfolge erwarten, das könnte frustrieren, weil es vielleicht nicht so schnell geht. Lieber konsequent in mäßigen Portionen trainieren, das ist nachhaltiger. Und, ja, die Dokumentation der auch kleinen Erfolge motiviert.

Stefan: Welche dosierung empfehlen sie bei der propionsäure? Ich nehme in der früh aubagio und magnesium l threonat. Zu mittag das anti fatigue komplex sowie omega 3 und am abend vor dem schlafen gehen magnesium bisglycinat. Und alle 3 tage 20.000 einheiten vit d3. Was halten sie davon

Dr. med. Martin Menke: Propionsäure, z.B. 2 x 500 mg am Tag. Vitamin D je nach Spiegelkontrolle, 3 x 20.000 Einheiten könnte im Sommer (UV-Licht) etwas viel sein, ggf. mal eine Spiegelkontrolle machen lassen. Bei den anderen genannten Substanzen ist vermutlich Omega-3 hilfreich (anti-entzündlich), für die Fatigue ist mir zumindest gerade keine Studie geläufig.

Stefan: Vit D spiegel erhebe ich alle 2 monate mit den leberwerten. Welchen vitamin d spiegel sehen sie als optimal für ms betroffene?

Dr. med. Martin Menke: Wichtig ist v.a., dass man keinen Mangel hat, ansonsten darf der Spiegel im hochnormalen Bereich liegen (35-50 ng/ml).

Patricia Fleischmann: Kleine Ergänzung zur Diskussion: Weil hier mehrfach das Stichwort Propionsäure bei MS gefallen ist, wollte ich auf einen Bericht darüber hinweisen.

Veronika: Guten Abend,

wie wird eine Fatigue diagnostiziert?

Gibt es hierfür spezielle Fragen oder Tests?

Kann man dann anhand des Ergebnisses einen Grad der Behinderung beantragen und/oder weitere Hilfen für Haushalt z.B.?

Hintergrund: Ich bin alleinerziehend mit zwei Kindern, bin oft wie gelähmt, vor allem in der Früh, irgendwie geht alles aber nur unter massiver Anstrengung und Stress. Mir bereitet dieser Stress Sorgen, da ich ja diesen eigentlich vermeiden sollte um Symptome gering zu halten. Dazu gehören: Schwindel, kribbeln, Sehstörungen, Benommenheit, Erschöpfung, Augenflimmern, Abgeschlagenheit, Kraftlosigkeit, Gliederschmerzen, Gelenkschmerzen, Muskelschwäche, ich bin extrem schnell genervt und empfinde jede soziale Interaktion als extrem anstrengend. Ziehe mich stark zurück und das schlägt noch mehr auf die Psyche.

Danke im Voraus!

Dr. med. Martin Menke: Hallo Veronika, für die Diagnose einer Fatigue brauchen wir mehrere Dinge. 1. ein gutes Gespräch. 2. Fragebögen, die die körperliche und kognitive/mentale Fatigue erfassen. 3. PC-Diagnostik um die kognitive/mentale Fatigue zu objektivieren. Für die körperliche Fatigue ist die Messdiagnostik schwieriger, hier sind das Gespräch und ein geübtes Auge (ärztlich, physio- und ergotherapeutisch wichtig).

Beim Grad der Behinderung kann eine Fatigue von Relevanz sein, hier wird man sich aber vermutlich die Summe der Einschränkungen anschauen. Auch diese Schilderung erscheint mir komplex und bedarf vielleicht einer Zuwendung in mehreren Bereichen, vielleicht spielt auch eine depressive Komponente eine Rolle. Auch hier würde ich eine Betrachtung in einer Reha, in der die notwendigen Bereiche vorhanden sind (ärztlich, Physio, Ergo, Neuropsychologie, Psychologie, Sozialdienst) empfehlen.

Stefan: Probionsäure zur mahlzeit? Haben sie eine Empfehlung welches ich kaufen soll? Gibts das bei der Apotheke?

Dr. med. Martin Menke: Es wird zur Mahlzeit eingenommen tendenziell besser vertragen. Habe keine besondere Empfehlung betreffend eines Präparates.

NinaS: Grundsätzlich gegen Entzündung nehme ich mal verdünnten Apfelessig, der antientzündlich wirken soll. Vielleicht ist das auch bei MS sinnvoll?

Dr. med. Martin Menke: Hierzu sind mir keine Studienergebnisse bekannt. Wie gesagt, eine abwechslungsreiche, gesunde Ernährung ist geeignet um im Kontext anderer Maßnahmen zu einer Verbesserung der Fatigue beizutragen. Auf der Seite der AMSEL gibt es einen guten Part zu Ernährung, der lohnt sich anzuschauen.

Müde: Was tun, wenn alleine duschen oder Essen zubereiten so erschöpfend ist, dass man sich ausruhen muss. Für Krafttraining ist seit einem Jahr keine Energie mehr da. Auch Sport im Wohnzimmer ist aufgrund der extremen Erschöpfung nicht zu denken. Zudem plagen mich aktuell Schwindel, Schlafstörungen, Sehstörungen sowie Depressionen. Was zusätzlich belastet.

Dr. med. Martin Menke: Hallo Müde, ja, das ist so eine Situation, wo der gut gemeinte und sinnvolle Vorschlag betreffend körperliche Aktivität zu kurz greift. Auch hier kommen viele Dinge zusammen: starke Fatigue, psychische Symptome (oft treten diese als Folge auf), Schlafstörungen (diese tragen zur Fatigue bei). Dies ist etwas, was man nur mit der neurologischen Praxis alleine erstmal nicht gut händeln kann. Eine Reha könnte auch hier ein guter Schritt sein, damit man die Spirale wieder in die richtige Richtung dreht.

Adda: Ist es richtig, dass auch Physiotherapie gegen Fatigue hilft?

Was halten Sie von Hippotherapie?

Dr. med. Martin Menke: Hallo Adda, Ja, Physiotherapie (Bewegungstherapie) hilft. Es gibt Studienergebnisse zu vielen anderen Aktivitäten, auch z.B. Lauftraining, Yoga. Hippotherapie (Bewegungstherapie am/auf dem Pferd) ist eine schöne und hilfreiche Therapieform, in erster Linie aber betreffend Gangunsicherheit. Zu einem verbesserten Lebensgefühl könnte diese Therapie beitragen, das wäre auch schon mal was.

Rose: Guten Abend,

ist Ihnen etwas bekannt, dass ASS bei Fatigue helfen kann?

Wenn ja, würde mich die Dosierung interessieren, die man einnehmen soll.

Subjektiv habe ich den Eindruck, dass viel trinken, bei heißen Temperaturen gerne auch gekühlte Getränge, mir bei meiner Fatigue manchmal helfen. Ich komme an machen Tagen damit auf eine Trinkmenge von 3 bis maximal 4 Litern und habe wie gesagt den Eindruck, dass die Fatigue dann nicht ganz so schlimm wird. Dazu würde mich Ihre Meinung interessieren.

Lieben Dank!

Dr. med. Martin Menke: Hallo Rose, ASS hat man bis vor einiger Zeit gegeben bei Fatigue, hat dies aber aufgrund nicht überzeugender Studienergebnisse bzw. klinischer Erfahrung verlassen. In der Frage wird auch das Thema Temperaturmanagement angesprochen, dies ist sehr wichtig. Genügend trinken, Schatten aufsuchen bzw. zuviel Sonne meiden, Kühlkleidung tragen, kühlere Tageszeiträume nutzen. Ein erhöhte Trinkmenge beißt sich leider oft mit einer neurogenen Blasenstörung, die muss man sich ggf. getrennt anschauen.

Stefan: Soll man vor einnahme den propionsäurewert im blut bzw. stuhl erheben? Was ist der optimale zielwert?

Dr. med. Martin Menke: Dazu ist mir nichts bekannt, weder zu einem Testwert noch zu einem Zielwert.

Müde: Reha ist beantragt, komme im September zu Ihnen in den Quellenhof. Bis dahin ist es noch lange...

Dr. med. Martin Menke: Das freut mich, dass Ihnen bereits die Reha bewilligt wurde. Und Ja, wenn durch die Fatigue derartige Einschränkungen entstehen, dann bedeutet dies Warten und Geduld.

NinaS: Vom Quellehof habe ich gelesen. Ist dieser empfehlenswert? Ich war bereits einmal im Medical Park Loipl, was sehr gut war.

Dr. med. Martin Menke: Es gibt einige Kliniken, die sich gut mit MS auskennen und ein ähnliches Diagnostik- und Therapieangebot haben und entsprechend passende Anlaufstellen sind. Für meinen Teil kann ich sagen, dass ich es so erlebe, dass man sich dort mit Erfahrung und problemorientiert den verschiedenen Fragestellungen widmet.

Stefan: Natriumproponat oder calciumprobonat? Wechselwirkung mit vitamkn d3 möglich?

Dr. med. Martin Menke: Ich finde das gut, dass die Fragen diesbezüglich so in die Tiefe gehen. Welche Variante in den Studien verwendet wird, das ist nicht so einfach ersichtlich. Wechselwirkung mit Vitamin D3 wäre mir nicht bekannt, halte ich für unwahrscheinlich.

Veronika: Dankeschön, eine Reha mit zwei Kindern ist tatsächlich schwierig durchzuführen weil die Betreuungsmöglichkeiten begrenzt sind. Eine Mutter-Kind-Kur hatte ich bereits vor der Diagnose. Ggfs wäre das eine Idee in entsprechenden für MS spezialisierten Einrichtungen. Können Sie Empfehlungen aussprechen? Es ist so schwierig an gute Ärzt:innen zu gelangen die aufklären, behandeln und beobachten und situationsangepasst handeln.

Seit März bin ich auf Plegridy eingestellt, weil ich auf Copaxone einen allergischen Schock erlitten habe. Sind Nebenwirkungen bekannt bei Plegridy die ebenfalls die Fatigue begünstigen?

Dr. med. Martin Menke: Hallo Veronika, es gibt Einrichtungen, die das anbieten. Es lohnt sich bei den spezialisierten Kliniken im Aufnahme-Management nachzufragen.

Dr. med. Martin Menke: @Veronika, ergänzend. Würde nicht denken, dass Plegridy zur Fatigue beiträgt. Manchmal können Interferon-Beta-Präparate depressive Störungen auslösen oder verstärken, da gibt es eine gewisse Schnittmenge zur Fatigue.

Stefan: Wie hilfreich is kältekammer bzw kryotherapie bei fatigue?

Dr. med. Martin Menke: Gibt es keine verwendbaren Studienergebnisse hierfür.

Annie: Ist es möglich, dass der Schweregrad einer "fatigue" über den Tag stark schwankt - oder ist das dann was anderes?

Dr. med. Martin Menke: Hallo Annie, Ja, das gibt es, können verschiedene Umstände dazu beitragen.

Patricia Fleischmann: @NinaS und alle, die sich für Ernährung bei Multipler Sklerose (MS) interessieren: Diese AMSEL-Seite liefert jede Menge Infos, zur anti-entzündlichen Ernährung, Diäten, auch zur Darmflora, was mit Begleiterkrankungen ist etc.

Adda: Meine Neurologin möchte keine Physiotherapie verschreiben, weil sie meint, ich hätte keine motorischen Ausfallerscheinungen…

Dr. med. Martin Menke: Hallo Adda, vielleicht können Sie Ihre Neurologin zu etwas anderem überzeugen. Z.B. KG am Gerät, das wäre auch Bewegungstherapie. Wie oben geschrieben, Kraft- und Ausdauertraining helfen. Sie dürfen, nach Möglichkeit, auch selber aktiv werden (Joggen, Radfahren, Schwimmen).

NinaS: Welche Reha-Kliniken würden Sie empfehlen oder wo kann man sich verlässliche Informationen diesbezüglich holen?

Dr. med. Martin Menke: Man kann z.B. suchen, welche Reha DMSG-zertifiziert ist.

Stefan: Bei hohen dosen vitamin d3 besteht ja gefahr eine hyperkalzämie. Da wäre calciumpropionat eher schlecht oder?

Dr. med. Martin Menke: Kann die genaue Zusammensetzung (wieviel Calcium?) der Präparate nicht benennen, aber eine Kontrolle des Serumkalziums ist vermutlich beim nächsten Praxisbesuch auch noch drin.

NinaS: @Patricia Fleischmann: Danke!

Patricia Fleischmann: Sehr gerne :-)

Walter91: Hallo Herr Dr Menke,

Ich bin 34 Jahre alt, MS besteht seit 11 Jahren, MRT seit 7 Jahren stabil, diagnostizierte ADHS und Autismus vermutet. Zusätzlich habe ich eine Familie mit Kleinkind ohne weitere familiäre Unterstützung. Beim Kind vermuten wir auch ADHS. Ich arbeite Vollzeit im Homeoffice und mir fällt es immer schwerer die Arbeitszeit zu schaffen. Fange früh an damit ich spätestens 16 Uhr Feierabend machen kann. Allerdings geht es ab 14 Uhr mit der Konzentration und Energie merklich nach unten. Ritalin hat das etwas abgefedert aber dann bin ich meist gegen 17-18 Uhr so platt dass ich erstmal 30-60 min schlafen/ausruhen muss.

Dann noch Einkaufen oder Zeit mit Familie kostet zusätzlich Kraft, lässt meine Reizschwelle weiter sinken. Zwischen den Aktivitäten brauch ich auch meistens Ruhepausen, lange Einkaufen mit Schlangestehen ist sehr schmerzhaft in den Füßen. Merke auch, dass Missempfindungen zu nehmen. Leider wache ich auch oft müde auf trotz 7 Stunden durchschlafen.

Allgemein viel Tagesmüdigkeit, Lichtempfindlich, usw. Spricht das auch für MS Fatigue oder vermutlich eher ein Zusammenspiel MS + Neurodivergenz?

Können Sie hier etwas empfehlen? Ich versuche schon Bildschirmpausen, gesunde Ernährung, 5000-7000 Schritte täglich, Frische Luft etc.

Dr. med. Martin Menke: Hallo Walter91, hier wird eine Situation beschrieben, die für viele schwierig ist. Wenig Energie, aber Arbeit, Kinder, Haushalt... Dabei ist es wichtig, genügend Pausen einzubauen, nicht zu lange. Der Tag sollte strukturiert werden, Tätigkeiten sollten priorisiert werden. Nicht zu vergessen braucht man die Unterstützung und das Verständnis seines Umfeldes (was nicht immer gegeben ist).

Die bisherigen Pausen sind schon mal gute Ansätze.

Zur Frage MS und/oder Neurodivergenz, die ist berechtig, lässt sich aber hier nicht gut lösen.

Adda: Mein Problem ist, dass ich nach Sport oft so erschöpft bin, dass für den Rest des Tages gar nichts mehr geht. Hilft da nur, in kleinen Schritten anzufangen?

Dr. med. Martin Menke: Ja, lieber beim nächsten Mal etwas weniger trainieren, dann hoffentlich mit einem guten Gefühl belohnt werden und dranbleiben und vorsichtig steigern, das bringt auf lange Sicht mehr.

Rose: Die Fatigue stellt für mich das größte Problem meiner MS-Erkrankung war. Ich bin im Moment deswegen auch nicht mehr berufstätig,weil nicht möglich. Meine alltäglichen Aufgaben kosten mich so viel Kraft, dass für andere Dinge (Beruf, Freizeit, Vergnügen) keine Kapazität ist. Ich laufe generell sehr langsam und an meiner körperlichen Fitness zu arbeiten ist überhaupt nichtzh denken. Mein Herz und die Lunge weißen keine krankhaften Veränderungen auf und trotzdem habe ich bei körperlicher Anstrengung das Gefühl, dass ich nicht richtig Luft bekomme und mich auf meinen Knien abstützen muss um mich akut zu erholen und wieder zu Kräften zu kommen. Ist das ein Zeichen für den Abbau von Kraft und wie beurteilen Sie die von mir geschilderten Beschwerden?

Vielen Dank!

Dr. med. Martin Menke: Hallo Rose, für gut 70% ist die Fatigue eines der drei wichtigsten Symptome, für 25% das wichtigste (Einschränkung!) Symptom. Natürlich darf man auch hier an einer Verbesserung arbeiten, zudem wäre aber womöglich eine kognitive Verhaltenstherapie hilfreich, um mehr Akzeptanz für diese schwierige Situation zu gewinnen. Ich bitte um Verständnis, zu den körperlichen Einschränkungen kann ich mit diesen Angaben keine verlässliche Aussage machen.

Adda: Mein Problem ist, dass ich nach Sport oft so erschöpft bin, dass für den Rest des Tages gar nichts mehr geht. Hilft da nur, in kleinen Schritten anzufangen?

Dr. med. Martin Menke: @Adda, eine Ergänzung. Es kann auch hilfreich sein, wenn man den Sport z.B. morgens betreibt, einfach, weil es dann noch kühler ist. Daran denken: genügend trinken (wie gesagt, das beißt sich gerne mal mit einer Blasenstörung). Sport verbessert nicht nur die Fatigue, auch die Lebensqualität.

Patricia Fleischmann: Werte Chatter, ich weise darauf hin, dass wir noch eine gute Viertelstunde im Chat haben - falls es noch Fragen rund um die Fatigue bei MS gibt: gerne her damit :-)

Stefan: Aktuel keine probleme aber was empfehlen sie um blasenstörung vorzubeugen?

Dr. med. Martin Menke: Man kann im klassischen Sinne einer Blasenstörung nicht vorbeugen. Sofern sie denn auftritt, sollte man die Art der Störung eingrenzen und dann die geeignete Therapie wählen. Bei leichten Störungen können Beckenbodengymnastik oder Biofeedbackmethoden vorteilhaft sein, ohne gleich zu einem Medikament zu greifen.

NinaS: An alle Interessierte: Derzeit mache ich bei einer MS-Sport-Sprechstunde mit. Dr. Dr. Zimmer vom Institute for Sport and Sport Science an der TU Dortmund University bespricht mit einem, welcher Sport für einen möglich ist und begleitet Erfolge nach einigen Monaten. Informationen können hier angefordert werden: ms-sprechstunde.sport.fk16@tu-dortmund.de

Das wurde bei der DMSG beworben.

Dr. med. Martin Menke: Vielen Dank für den Hinweis. Hört sich nach einer guten Sache an, individualisierte Begleitung beim Sport. Sehr schön, merke ich mir.

Patricia Fleischmann: Und beim Thema Sport und MS wäre es natürlich auch wichtig, auf diese AMSEL-Seite hinzuweisen: Sport und Multiple Sklerose

Hier gibt es grundsätzliche Tipps zum Sport/ zur Bewegung bei MS und es wird auf unglaublich viele Sportarten en Detail eingegangen. Kann man also auch als Anregung nutzen.

NinaS: Was sind Biofeedbackmethoden?

Dr. med. Martin Menke: Zum Beispiel, wenn man die Muskelanspannung des Beckens in ein akustisches Signal überträgt. Mit diesem Signal kann man dann besser lernen, das Muskelareal anzusteuern oder auch zu entspannen.

Stefan: Was haltet sich von EMS training? Dsrf man das bei ms überhaupt?

sally: Danke für Ihre Beratung. Sie haben mehrfach geschrieben, dass Sie um Verständnis bitten, dass Sie auf die Distanz natürlich nur bedingt Einordnungen vornehmen können. Die Mischsituation aus "war da mal ein Schub dazwischen im Subtext, der die Lage mit verschlechtert hat?" über "liegt die Situation wirklich primär an der Fatigue?" oder "na ja, jünger werden wir ja nunmal alle nicht, was ist als altersgerecht einzustufen?" macht den Umgang zusätzlich schwierig und begrenzt auch eine Beratung durch die Neurologen vor Ort. Wüssten Sie von irgendwelchen Diagnosemethoden, die etwas mehr Objektivität in den Bereich Fatigue bringen können bzw. zukünftig bringen werden?

Dr. med. Martin Menke: Verstehe den Punkt. Man kann die Fatigue schon ganz gut objektivieren, v.a. die kognitive/mentale Fatigue, dies macht am PC und testet v.a. die sogenannte Alertness (grob gesagt: wie schnell reagiere ich auf einen Reiz und wie gut über eine gewisse Zeit). Dazu gibt es Fragebögen, z.B. häufig im Gebrauch sind der WEIMuS oder FSMC. Die Erfassung der körperlichen Erschöpfung ist diagnostisch aufwendiger und nicht so gebräuchlich.

Patricia Fleischmann: Last, not least, hat AMSEL hier eine Menge Fitness-Videos zum Mitmachen online gestellt, für fitte, wie eingeschränktere Menschen mit MS:

Und hier, mit der Video-Reihe "In Bewegung bleiben" zeigen Klaus Gusowski und Flavius Vorovenci vom Quellenhof in Bad Wildbad ganz gezielte Übungen für einzelne Bereiche:

???‍?

Stefan: Könnte der strom die nerven schädigen?

Dr. med. Martin Menke: Zu EMS-Training ist mir keine Studie bei der MS bekannt. Grundsätzlich gibt es viele therapeutische Anwendungen im Bereich der MS, bei denen Strom eingesetzt wird. Etwas unscharf formuliert (Bauchgefühl) würde ich nicht denken, dass EMS-Training schadet.

Stefan: Mir hat bewegung im kühlen wasser sehr geholfen. Also wassergymnastik mit gewichten für mukelaufbau und schwimmen für Ausdauer. Das kühle Wasser lässt einen länger durchhalten und man fühlt sich erfrischt

Dr. med. Martin Menke: Danke für diese Ergänzung, da wäre wieder das Stichwort Temperaturmanagement, die Vermeidung einer Überhitzung. Das Temperaturoptimum (für die Nervenfunktion) bei Menschen mit MS liegt häufig niedriger als bei nicht betroffenen Personen.

NinaS: Lieber Herr Dr. Menke, vielen Dank für Ihre Antworten und Hinweise! Herzliche Grüße aus Berlin

Dr. med. Martin Menke: Sehr gern geschehen.

Patricia Fleischmann: Liebe Chatterinnen und Chatter, haben Sie vielen Dank für Ihre offenen Fragen heute Abend!

Ein riesiges DANKESCHÖN geht an Dr. Martin Menke vom Rehazentrum Quellenhof in Bad Wildbad für sein Engagement hier im Expertenchat von AMSEL ?

Weiter im Chat geht es nach einer Sommerpause am Dienstag, 16. September.

Thema und Experte erfahren Sie im Vorfeld über amsel.de und über den AMSEL-Newsletter.

Ich wünsche Ihnen allen einen schönen restlichen Dienstagabend ?