Gesundheitsreform 2004

16.12.03 - Ein Expertenchat mit Werner Fried zum Thema 'Gesundheitsreform, was erwartet uns 2004?'.

Moderator Anja Köhler: Herzlich willkommen zum letzten ExpertenChat in diesem Jahr. Das heutige Thema wird uns kommendes Jahr noch häufig begegnen, darum begrüßen wir heute Abend Werner Fried von der AOK, der sich für uns Zeit genommen hat und Ihre Fragen gerne beantwortet.

micha: Betrifft Chronisch Kranke Zuzahlung /Befreiung?

Werner Fried: Chronisch Kranke, die wegen derselben schwerwiegenden Krankheit in Dauerbehandlung sind, haben künfig generell Zuzahlungen bis zur Höhe von 1 v.H. der jährlichen Bruttoeinnahmen zum Lebensunterhalt zu entrichten. Die Definition "Schwerwiegende Krankheit" bestimmt der Gemeinsame Bundesausschuss.

witti1: In der DMSG in Berlin tauchte Von einem Mitglied die Frage auf ob MS überhaupt zu den chronisch Kranken gehört und daß es unterschiedliche Regelungen geben würde zwischen chronisch Kranken und schwer chronisch Kranken. Ist Ihnen dazu was bekannt? Und wie ist das nun wirklich geregelt?

Werner Fried: Nach unserer derzeitigen Information ist die Definition nicht an Diagnosen ausgerichtet.

Moritz: Guten Abend Herr Fried. Die Belastungsobergrenze für Chronisch Kranke liegt bei 1% Bruttoeinkommen, muß ich ab jetzt selbst über meine Arztrechnungen und Gesundheitsausgaben Buch führen oder hat das die Krankenkasse im Blick?

Werner Fried: Ja Sie müssen die Belege über geleistete Zuzahlungen sammeln. Zu Ihrer Erleichterung hält die AOK Baden-Württemberg hierfür das "AOK-Sparbuch" bereit.

witti1: Sondern, wonach wird das eingeteilt?

Werner Fried: Nach der Anzahl der Arztbesuche im Quartal sowie additiv nach Häufigkeit vollstationärer Krankenhausbehandlungm, Grad der Behinderung bzw. Minderung der Erwerbsfähigkeit, Pflegestufe. Die Entscheidung des Bundesausschusses ist uns noch nicht bekannt.

witti1: ich habe die Diagnose seid Okt 02 und habe dieses Jahr fleissig Quittungen gesammelt wegen der Befreiung. Fängt das ganze Spiel für mich von vorne an. darf ich wirklich zweimal sammeln?

Werner Fried: Die Belastungsobergrenze gilt jeweils für ein Kalenderjahr. Insoweit haben Sie den Nachweis über geleistete Zuzahlungen jedes Jahr neu zu führen.

micha: Sind wir als Chronisch krank eingestuft oder nicht? laut meiner KK nicht, wird neu entschieden!

Werner Fried: Auf meine bisherige Antwort wird verwiesen.

witti1: Wieviel Arztbesuch und welchen Grad der Behinderung braucht man dann um chronisch krank zu sein? Oder gibt es dazu auch noch keine Informationen?

Werner Fried: Die Entscheidung des Gem. Bundesausschusses liegt uns noch nicht vor. Dem Vernehmen nach geht man von 2 Arztbesuchen im Quartal und von einer GdB bzw. MdE von 70 % aus.

Ulf: Guten Abend, Herr Fried! Wie ist das Bruttoeinkommen definiert. Zählt nur das eigene Einkommen des Kranken oder das Haushaltseinkommen?

Werner Fried: Es zählt das Haushaltseinkommen. Wobei für Den Ehegatten und die Kinder Abschläge berücksichtigt werden.

witti1: Ehrlich gesagt mir ist leider auch immer noch nicht ganz klar ob wir nun chronisch Kranke sind oder uns nur so fühlen müssen?

Werner Fried: Leider läßt sich die Frage erst konkret beantworten wenn die Richlinien im Wortlaut vorliegen und die medizinischen Fakten des Einzelfalles ärztlicherseit bestätigt sind.

Ulf: Wie hoch werden die Zuzahlungen für Krankentransporte zur ärztlichen Behandlung sein?

Werner Fried: Zuzahlungen zu den Fahrkosten grundsätzlich 10 %, mind. jedoch 5 €, höchstens jedoch 10 € je Fahrt.

witti1: wie hoch sind die Zuzahlungen für das Medikament copaxone (gelten die 28 Tage packung als ein Medikament trotz extra Packung mit spritzen)? Wie hoch ist die Zuzahlung für Krankengymnastik 2 - 4 mal die Wochen?

Werner Fried: Die Zuzahlungen für verordnungsfähige Arzneimittel richten sich nicht mehr nach der Packungsgröße. Ab 01.01.2004 sind generell Zuzahlungen von 10 %, mind. 5 € höchstens 10 € pro Arzneimittel zu entrichten. Bei Krankengymnastik zahlen Sie künftig 10 % der Kosten + 10 € je Rezept an den Therapeuten.

Ulf: Wie werden sich die Zuzahlungen zu Hilfs- und Heilmitteln berechnen?

Werner Fried: Bei Heilmitteln wird auf die bereits gegebene Antwort verwiesen. Für Hilfsmittel beträgt die Zuzahlung ebenfalls 10 %, mind. 5 € höchstens 10 €

Ulf: Können Krankenkasse nein zu einem verordneten Hilfsmittel sagen?

Werner Fried: Dies hängt von der medizinischen Notwenigkeit im Einzelfall sowie von der Frage der Wirtschaftlichkeit und Zweckmäßigkeit ab.

witti1: Wie kriege ich raus, wieviel die Medikamente der Krankenkasse kostet, damit ich weiss wieviel ich zuzahlen muss?

Werner Fried: Der Abgabepreis für das Arzneimittel nennt Ihnen die abgebende Apotheke.

tine: Nochmal zu den Fahrtkosten, ich dachte diese Leistung sei ganz gestrichen, bis auf ominöse Ausnahmefälle? Wie ist der aktuelle Stand der Dinge?

Werner Fried: Generell werden Fahrkosten zur amb. Behandlung nur dann noch übernommen, wenn sie aus zwingenden medizinischen Gründen notwendig sind und nach vorherigerGenehmigung durch die Krankenkasse. Hierzu hat der Gem. Bundesausschuss am 01.12.2003 als medizinisch begründete Ausnahmen Fahrten zur Dialysebehandlung, Strahlen- und Chemotherapie festgelegt.

Moderator Anja Köhler: Wir bedanken uns bei Ihnen allen für ihre Teilnahme und wünschen Ihnen frohe Festtage. Bis im Neuen Jahr am 20. Januar 2004 zum Thema "Gesunde Ernährung bei MS". Auf Wiedersehen! Der Chat wird nun geschlossen.

Redaktion: AMSEL e.V., 25.09.2006