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Alle Fragen zu Immuntherapien der MS

Trotz Fasching ging es heiß her beim Expertenchat mit PD Dr. Oliver Neuhaus. Vor allem fragten die Teilnehmer nach dem Wechsel ihrer Therapie. Und zwar sowohl in Richtung Eskalation, aber auch deeskalierend.

Patricia Fleischmann: Liebe Teilnehmer, herzlich willkommen im AMSEL-Expertenchat. Heute geht es um alle Fragen zur Immuntherapie der Multiplen Sklerose. Ab 19 Uhr antwortet Privatdozent Dr. Oliver Neuhaus. Gerne dürfen Sie auch jetzt schon Ihre Fragen stellen.

Patricia Fleischmann: @Axel, hallo und guten Abend! Danke, dass Sie schon mal gepostet haben. Dr. Neuhaus antwortet ab 19 Uhr.

Patricia Fleischmann: @Sonnenschein & Carola, auch an Sie ein herzliches Willkommen!

Privatdozent Dr. med. Oliver Neuhaus

  • 1998-2000 Forschungsstipendiat der Deutschen Forschungsgemeinschaft und der Max-Planck-Gesellschaft am Max-Planck-Institut für Neurobiologie, Abteilung Neuroimmunologie, Martinsried
  • 2000-2002 Assistenzarzt an der Neurologischen Universitätsklinik, Karl-Franzens-Universität, Graz, Österreich
  • 2002-2006 Assistenzarzt an der Neurologischen Klinik, Universitätsklinikum der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf
  • 2006-2007 Funktionsoberarzt an der Neurologischen Klinik, Universitätsklinikum der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf
  • 2006 Abschluss des Habilitationsverfahrens an der Medizinischen Fakultät der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf mit dem Thema: "Immunpharmakologie der Multiplen Sklerose – Wirkmechanismen aktueller und künftiger Therapieansätze"
  • PD Dr. Neuhaus wurde 2003 für seine wegweisenden Arbeiten mit dem Sobek-Nachwuchspreis ausgezeichnet.
  • Seit 2007 Chefarzt der Abteilung Neurologie, Kreiskrankenhaus Sigmaringen, Kliniken Landkreis Sigmaringen GmbH
  • Mitglied der American Academy of Neurology, der Deutschen Gesellschaft für Neurologie, der Deutschen Gesellschaft für klinische Neurophysiologie und funktionelle Bildgebung, des Ärztlichen Beirats der Deutschen Multiplen Sklerose Gesellschaft Bundesverband e.V. und seit November 2007 des Ärztlichen Beirats der Aktion Multiple Sklerose Erkrankter e.V. (AMSEL).

Axel: Gibt es aktuell noch Studien für BTK-Inhibitoren, die RRMS Patienten rekrutieren? Wie finde ich diese?
PD Dr. Oliver Neuhaus: Lieber Axel, da haben Sie mich mit der ersten Frage schon erwischt. Kann ich nicht beantworten.

Axel: Wie ist bitte der Stand bzgl. der gestoppten Rekrutierung bei Tolebrutinib?
PD Dr. Oliver Neuhaus: Auch diese Frage kann ich nicht beantworten.

Patricia Fleischmann: @alle: So schnell kann es gehen. Dr. Neuhaus ist bereits online 😀Einen schönen guten Abend, Dr, Neuhaus!

Patricia Fleischmann: @Axel, ich suche Ihnen gleich mal einen Link heraus zu einer Übersichtsseite. Dort können Sie bestimmt weiterrecherchieren.
Patricia Fleischmann: Und hier der versprochene Link, vielmehr 2 davon: einer zu MS-Studien in Deutschland, ein weiterer zu MS-Studien weltweit. Über die Filter können Sie recht genau eingrenzen, wonach Sie suchen, auch, ob noch rekrutiert wird, oder aber direkt den Wirkstoffnamen ins Suchfeld eingeben: https://www.amsel.de/multiple-sklerose/ms-wissenswert/teilnehmer-fuer-ms-studien-gesucht/

Sonnenschein: Sehr geehrter Herr Dr. Neuhaus,
ich habe gerade einen Schub hinter mir, 5 Tage Stoßtherapie.
Ich hatte Schwindel, Nystagmus, Kopfschmerzen und Übelkeit…. Komischerweise waren alle neurologischen Untersuchungen ok. VEP,EEG und auch im MRT mit KM hat man nichts neues gesehen…. Ich habe dann trotzdem Kortison bekommen! Gibt solche Schübe ohne Auffälligkeiten im MRT? Wie lange darf man nach 5000 mg Kortison nicht arbeiten und muss vorsichtig sein wegen Infekten?
Ich soll jetzt eine BT anfangen und wollte fragen was der Unterschied zwischen Betaferon und Plegridy ist und welches vielleicht besser verträglich ist? Gibt es auch Alternative Medizin die gut wirken?
Ich habe von einem Coimbra-Protokoll gelesen? Vielen Dank für ihre Antwort
PD Dr. Oliver Neuhaus: Lieber Sonnenschein, ein Schub ist ausschließlich definiert durch neurologische Symptome, die mehr als 24 Stunden andauern. Technische Untersuchungen sind dabei unwichtig. Auch ist es falsch, dass bei einem Schub immer ein neuer MRT-Fleck vorhanden sein muss. Also ja, es gibt auch Schübe ohne MRT-Veränderungen.
Nach 5000 mg Kortison (meist Methylprednisolon oder Prednisolon) gibt es keine Einschränkungen hinsichtlich der Arbeitsfähigkeit. Das hängt davon ab wie Sie sich fühlen.
Betaferon und Plegridy sind beides Beta-Interferone. Beide werden in etwa gleich vertragen.
Alternative Medizin ist vielleicht Thema eines eigenen Chats.
Das Coimbra-Protokoll propagiert sehr hohe Dosen von Vitamin D bei MS. Eine gewisse Dosis, z.B. 20000 Einheiten pro Woche, ist sicher sinnvoll, auch sollte der Blutspiegel in Ordnung sein, mehr aber aus meiner Sicht nicht.

Carola: Hallo Herr Neuhaus, nach etwa 7 Jahren NEDA unter Copaxone hatte ich vor kurzem einen (fraglichen) Schub (im MRT keine erkennbare KM-Aufnahme). Was würden Sie an meiner Stelle tun? Weiter mit Copaxone oder stärker wirksame Substanzen? Sind die Bedenken meines Neurologen, mit meinen 44 Jahren ggf. eine B-Zell Depletierung neu zu beginnen gerechtfertigt? Ist der Nutzen in diesem Alter nicht höher als ein Risiko?
PD Dr. Oliver Neuhaus: Hallo Carola, wenn der Schub nur fraglich war und Sie ansonsten mit Copaxone zurecht kommen, kann es aus meiner Sicht ohne weiteres fortgesetzt werden.

Renate: Hallo Herr Neuhaus
Ich nehme Siponimod.
Wie ist Ihre Meinung dazu zu diesen Medikament?
Wie hoch darf unter Siponimod der Leberwert der GGT Wert Ihrer Meinung nach steigen?
Mein GGT Wert steigt bis auf 200.
Vielen Dank für Ihre Antwort.
PD Dr. Oliver Neuhaus: Hallo Renate,
Siponimod kann bei aktiver SPMS den weiteren Verlauf positiv beeinflussen. Wie alle Immunmedikamente ist es aber auch kein "Zaubermittel". Wenn die Leberwerte vorher normal waren und erst unter Siponimod angestiegen sind, würde ich sie weiter kontrollieren, z.B. alle 6 Wochen. Über 200 sollte aus meiner Sicht der GGT-Wert nicht steigen. Wenn doch, wäre eine Medikamentenpause mit Leberwertkontrollen sinnvoll. Wenn die Leberwerte hoch blieben, wäre nach einer anderen Ursache zu suchen.

Hanna 67: Hallo Herr Neuhaus, wenn die Medikation von Stufe 1 auf Stufe 2 umgestellt werden soll, weil sich der Verlauf geändert hat (moderat unter Copaxone zu aktiv), wird irgendwann versucht, ob die MS unter einer Medikation aus Stufe 1 ausreichend behandelt ist (Verlauf wieder moderat) oder gibt es kein Zurück aus Stufe2?
PD Dr. Oliver Neuhaus: Hallo Hanna, das Stufenschema der MS wird immer mehr verlassen, die Übergänge sind eher fließend. Aber es spricht nichts dagegen, bei stabilem Verlauf auch mal ein "schwächeres" Medikament wieder einzusetzen.

Carola: Danke, ab welchem Alter würde man in der Praxis eher nicht mehr an eine Eskalation denken? Gibt es Daten zur Effektivität von Copaxone im Alter?
PD Dr. Oliver Neuhaus: Liebe Carola, das Alter spielt bei der Wahl von MS-Medikamenten praktisch keine Rolle (außer bei Kindern).
Patricia Fleischmann: Falls Sie etwas mehr zur MS-Therapie im Alter lesen möchten: Das war unter anderem Thema auf dem AMSEL-Symposium 2022: https://www.amsel.de/multiple-sklerose-news/amsel-aktuell/erwartungen-an-neue-therapieansaetze-progrediente-ms-und-ms-im-alter/

Ida: Hallo Hr. Dr. Neuhaus, habe den chronisch schleichenden Verlauf. Seit 3 Jahren bekomme ich Ocrevus, es hilft nicht wirklich. Mir geht es immer schlechter (besonders das Gangbild). Auf welches Medikament könnte ich umsteigen? Oder gibt es zur Zeit nichts anderes? Wann gibt es neue Medikamente die mir helfen könnten? Danke.
PD Dr. Oliver Neuhaus: Hallo Ida, bei PPMS sind die Möglichkeiten eingeschränkt. Es ist sogar zu überlegen, Ocrevus zu beenden, wenn es nicht wirklich hilft.
Alternativ kann immunologisch ein klassischer Steroidstoß versucht werden. Wenn dieser vertragen wird und auch was bringt, dann dieser bis viermal jährlich wiederholt werden. Wenn nicht, dann natürlich nicht.
Bei PPMS stehen eher die symptomatischen Medikamente und Physiotherapie/Ergotherapie im Vordergrund.

Caro: Guten Abend Herr Dr. Neuhaus,
Ich nehme Gilenya und muss beruflich regelmäßig Menschen im Krankenhaus und Altenheim besuchen. Wie gefährlich sind (neben Corona) die Krankenhauskeime und Viren für mich? Bin ich gefährdeter als nicht immunsupprimierte Menschen? Vielen Dank für Ihre Antwort.
PD Dr. Oliver Neuhaus: Hallo Caro, die Erfahrung mit Gilenya ist in dieser Hinsicht ganz gut. Eine wirklich höhere Gefahr durch Viruserkrankungen oder auch durch Krankenhauskeime sehe ich nicht. Die üblichen Hygienemaßnahmen sollten Sie im Krankenhaus und Altenheim schützen.

Orion: Guten Abend
Ich nehme seit 3 Jahren Tecfidera, seither ohne Schub und seit 2 Jahren keine Veränderungen im MRT. Meine Gehfähigkeit nimmt schleichend ab, meine Neurologin meint, ev. ist ein Medikamentenwechsel angebracht.
Ich bin fast 57, wirken da Medikamente überhaupt noch? Ich finde keine Studien zur Medikation bei älteren Patienten.
PD Dr. Oliver Neuhaus: Hallo Orion, wenn Sie unter Tecfidera schubfrei und ohne MRT-Veränderungen sind, ist das Medikament erst mal das richtige. Die schleichende Verschlechterung kann allerdings den Wechsel in die sekundär progrediente Form bedeuten. Und hier wären Immunmedikamente auch nur bei "Aktivität" wirksam, also eben bei Schüben oder MRT-Aktivität.
Pragmatisch empfehle ich erst mal die Fortsetzung von Tecfidera. Wegen des Gehens kann vielleicht Fampyra probiert werden. Natürlich ist auch Physiotherapie sinnvoll.

Hanna 67: Gibt es Zahlen, wie oft bzw. stark das Rebound-Phänomen bei Zeposia und Ponvory nach Absetzen / Pausieren der Medikation ist?
PD Dr. Oliver Neuhaus: Hallo Hanna, Zeposia und Ponvory gehören zu den S1P-Rezeptorenblockern. Ein großes Rebound-Problem sehe ich hier wie bei den anderen beiden S1P-Blockern Gilenya und Mayzent nicht.

Sonnenschein: Woran erkennt man das man einen schleichenden Verlauf hat?
PD Dr. Oliver Neuhaus: Das ist eine der schwierigsten Fragen. Leichter ist die Definition des Schubes (neurologische Verschlechterung, die mindestens 24 Stunden anhält und Tage bis Wochen dauert und dann ganz oder zum Teil zurückgeht). Der schleichende Verlauf ist langsam, man erreicht anders als beim Schub nicht mehr das Vorniveau. Für die rein schleichenden Formen haben wir keine guten Immunmedikamente. Wir benötigen hier immer das Kriterium "Aktivität".

Hanna 67: Hallo Herr Dr. Neuhaus, noch eine Frage (ich tue mir schwer mit der Umstellung):
Ich habe Jahre lang Copaxone gespritzt, lange ohne Schub, jetzt hatte ich 2019 und 2022 einen Schub. Als Schubauslöser habe ich immer eine psychische Überlastung gesehen, die ich jetzt deutlich besser im Griff habe. Sollte ich von Copaxone auf ein Stufe 2-Medikament oder auf ein anderes Stufe1 Medikament, das stärker ist?
PD Dr. Oliver Neuhaus: Die erste Frage, die Sie nur selbst beantworten können, ist ob Sie wechseln möchten. Wenn nein, ok, da Sie Ihre Schubauslöser im Griff haben. Wenn ja, dann schon ein stärkeres Medikament.

Hanna 67: Danke!
PD Dr. Oliver Neuhaus: Gerne geschehen.

Silke: Hallo Herr Dr. Neuhaus, ich bekomme seit mit ganz kurzer Unterbrechung Tysabri. Mein JC Virus ist negativ, zwischendrin war er mal minimal positiv. Leider bin ich zwischenzeitlich im leicht chronisch progredienten Verlauf. Meine Ärztin denkt aber noch immer, dass ich bei Tysabri bleiben sollte. Sie denkt, dass ich sonst evtl. aufgesetzte Schübe bekäme. Wie ist Ihre Meinung hierzu? Ich habe mittlerweile seit knapp über 20 Jahren MS uns es geht mir verhältnismäßig gut. Vielen Dank für Ihre Meinung
PD Dr. Oliver Neuhaus: Liebe Silke, wenn Sie JC-negativ sind, gibt es bei Tysabri kein relevantes PML-Risiko. Aus meiner Sicht kann das Medikament fortgesetzt werden.

Fragestellerin: Hallo Herr Dr. Neuhaus,
ich habe zwei Fragen zu meiner Lymphopenie unter MS-Medikation:
Ich habe 1,5 Jahre Tecfidera genommen, unter dem ich jedoch MS-Aktivität hatte.
Meine Lymphozyten absolut waren unter DMF immer so bei 0,9.
Nun nehme ich aktuell seit 08/2022 Zeposia. Meine Lymphozyten absolut sind dadurch ziemlich in den Keller gegangen, ich bewege mich immer zwischen 0,3 und 0,4.
Nun meine Fragen:
1. Wie ist das mit der Lymphopenie:
Ist Lymphopenie gleich Lymphopenie oder macht es einen Unterschied, ob die Lymphozyten absolut tatsächlich reduziert sind wie unter DMF oder aber, wie jetzt unter dem S1P-Modulator in den Lymphknoten zurückgehalten werden, also, wenn ich das richtig verstanden habe, zwar noch da, aber nicht mehr im peripheren Blut messbar sind?
2. Erklären sich dadurch unterschiedliche Grenzwerte bei den Lymphozyten der verschiedenen Medikamente und falls nein, wodurch dann?
3. Wie lange würde man solch eine Lymphopenie tolerieren bzw. ab wann würde man ein Absetzen und einen Wechsel des Medikamentes diskutieren?
Ganz herzlichen Dank für die Beantwortung meiner Fragen und Ihr Engagement hier!
PD Dr. Oliver Neuhaus: Hallo, tatsächlich gibt es bei verschiedenen MS-Medikamenten verschiedene Lymphopenie-Grenzwerte. Bei Tecfidera will man 500/µl nicht unterschreiten, weil hierunter das PML-Risiko steigt.
Bei den S1P-Rezeptorenblockern kann man bis 200/µl runtergehen =0,2/nl ohne dass es hier ein erhöhtes Risiko gibt.
Pragmatisch können Ihre Werte bei Zeposia toleriert werden solange Sie keine erhöhte Infektanfälligkeit bemerken.

Mania: Hallo Hr. Dr. Neuhaus,
ich hatte neulich ein Gespräch mit einer Patientin, die mich fragte warum ich Kesimpta nehme, denn Ocrevus sei viel besser (wirksamer).
Gibt es hierzu schon Erfahrungswerte? Studien konnte ich nicht finden.
Liebe Grüße
PD Dr. Oliver Neuhaus: Hallo Mania, Sie sprechen das Grundproblem an, dass es zwar verschiedene Vergleichsstudien zwischen jeweils zwei MS-Medikamenten gibt, jedoch keine große Studie, die alle untereinander vergleicht. So gibt es tatsächlich keine Kesimpta-Ocrevus-Vergleichsstudie. Beides sind Antikörper gegen B-Zellen (Ofatumumab und Ocrelizumab), und ich habe keine Hinweise, dass eines wirklich stärker oder schwächer ist als das andere.

Kleeblatt: Hallo, ich habe seit ca. 20 Jahren MS. Werde jetzt 40. Verschiedene Medikamente. Zuletzt von Tecfidera auf Copaxone gewechselt. Darunter 2 Schübe. Neurologe empfiehlt Kesimpta oder Gylenia. Ich habe großen Respekt vor Nebenwirkungen und laut UKE in Hamburg sind die hochwirksamen Therapien zwar bei Schubreduktion gut aber Progression verhindern sie anscheinend auch nicht? Wie sehen sie das?
Wäre es auch eine Option nochmal auf Betaferon oder Aubagio zu gehen, obwohl es nicht den Leitlinien entspricht? Ich aber wirklich einfach Angst habe vor den Immunsuppresiva. Danke!
PD Dr. Oliver Neuhaus: Hallo Kleeblatt, auch Kesimpta und Gilenya zählen zu den Immunmodulatoren. Der Effekt auf die Progression ist bei den meisten MS-Immunmedikamenten nicht geklärt.
Der Wechsel auf eines dieser beiden Medikamente, welches Ihr Neurologe Ihnen empfiehlt, ist bei hoher Schubaktivität sinnvoll.

Mania: Wenn Kesimpta und Ocrevus sich so ähneln, warum ist Kesimpta für die Ppms nicht zugelassen? Liegt es nur daran, dass die Zulassungsstudie keine ppms Patienten einschloss? Ist ein off Label use sinnvoll?
PD Dr. Oliver Neuhaus: Hallo Mania, Kesimpta wurde bei PPMS einfach nicht geprüft.
Einen Einsatz ohne Zulassung ist bei MS-Medikamenten nicht sinnvoll, da die Krankenkassen hier üblicherweise nicht mitmachen.

Kleeblatt: Hallo nochmal. Ja ich weiß das Kesimpta und Gylenia zu den Immunsuppresiva gehören. Deswegen möchte ich diese ungern. Die Frage ist ob es einen Versuch Wert ist von Copaxone auf Aubagio oder Vumerity zu gehen? Tecfidera habe ich abgebrochen wegen Magenprobleme. Da soll Vumerity ja besser vertragen werden?
Nochmals Danke!
PD Dr. Oliver Neuhaus: Wenn Sie Tecfidera nur wegen der Magenbeschwerden abgebrochen haben, können Sie gerne Vumerity versuchen. Der Wirkmechanismus ist derselbe.

Patricia Fleischmann: @alle: Einen

  • Überblick über sämtliche Immuntherapien,
  • Videoanimationen zu den Wirkstoffklassen,
  • eine LIste nach Wirksamkeitskategorien

finden Sie hier auf amsel.de:
https://www.amsel.de/multiple-sklerose/behandeln/verlaufsmodifizierende-ms-therapie/

Odin1983: Hallo Hr. Dr. Neuhaus, Ich habe seit 12 Jahren ms, nehme seit 2 Jahren Siponimod und mein Gesundheitszustand wird immer schlechter! Sitze mittlerweile im Rollstuhl!… haben sie eine Idee ob es eine Alternative gibt zu Siponimod, denn ich bin mehr als ratlos, denn von den Ärzten Heißt es „es gibt nichts“(nicht mehr nehmen??!) odin1983
PD Dr. Oliver Neuhaus: Hallo Odin, das ist wirklich eine schwierige Situation. Wenn außer der schleichenden Verschlechterung keine Aktivitätszeichen vorhanden sind (Schübe oder neue MRT-Flecken), sind die Immunmedikamente nicht wirklich wirksam. Dann wäre tatsächlich auch das Weglassen von Siponimod zu überlegen, wobei ich weiß, wie schwer diese Entscheidung fällt.
Auch ohne Immunmedikamente wären symptomatische Behandlungen, Physiotherapie oder auch eine MS-Reha wirksam.

Carola:Wie stark ist denn die Evidenz dass eine gut therapierte RRMS den Übergang in eine SPMS verhindert oder verzögern kann?
PD Dr. Oliver Neuhaus: Hallo Carola, eigentlich recht stark: wir haben seit über 20 Jahren Immunmedikamente bei MS, und tatsächlich sehen wir insgesamt spätere Berentungen, längere Arbeitszeiten, geringere Behinderung. Diese indirekten Parameter sprechen für den Sinn einer gut therapierten RRMS.

Carola: Lässt sich ausschließen, dass es sich dabei um eine Verzerrung aufgrund der verbesserten Diagnostik und der damit verbundenen häuftigeren Erfassung leichterer Verlaufsformen handelt?
PD Dr. Oliver Neuhaus: Nein, ausschließen lässt sich das nicht. Aber wir wissen, dass mit den immer ausgefeilteren McDonald-Diagnosekriterien die sichere MS-Diagnose sehr früh gestellt werden kann. Damit kann früher mit Immunmedikamenten begonnen werden, was sich positiv auf den weiteren Verlauf auswirkt.

Toni: Guten Abend, Hallo Herr Dr. Neuhaus, ich habe drei Fragen: Wann weiß man, dass man mit der Therapie aufhören kann? Was sagen ihre Quellen, wann können wir erwarten, woher MS tatsächlich kommt und die dritte Frage, muss ich alle immunstärkenden Mittel meiden (Basistherapie Vumarity). Vielen Dank🤔
PD Dr. Oliver Neuhaus: Hallo Toni, der richtige Zeitpunkt mit einer Therapie aufzuhören wurde nie in Studien untersucht. Als Regel kann man sagen: bei 3-jährigem vollständigem Krankheitsstillstand (keine Schübe, keine MRT-Veränderungen, keine schleichende Verschlechterung) kann gewagt werden, das Medikament abzusetzen - immer mit dem Risiko dass die MS doch wieder kommt. Deshalb wird bei Stabilität eher nicht das Absetzen empfohlen. Der andere Grund, ein Immunmedikament abzusetzen, wurde oben schon besprochen, also wenn der Verlauf auf eine Nichtwirksamkeit hinweist. Die Frage nach der Ursache der MS bleibt wohl noch lange offen. Wir wissen viel von einem Öffnen der Blut-Hirn-Schranke wahrscheinlich vor der Pubertät - wobei das "MS-Virus" weiterhin nicht bekannt ist. Außerdem wird eine "Neigung zu Autoimmunität" gefordert. Wenn Sie Vumerity nehmen, können Sie sich ansonsten normal verhalten. So genannte "immunstärkende" Mittel - die die Schulmedizin übrigens nicht kennt, sind bei MS nicht hilfreich, da MS keine Immunschwäche, sondern eine Überaktivität des Immunsystems ist.

Miabim: Hallo Herr Dr. Neuhaus,
ich nehme seit einem halben Jahr Kesimpta. Jetzt kämpfe ich seit 4 Wochen mit einer Sehnerventzündung (Mrt stabil, aber VEP stark verzögert).
Ist es zu früh um die Wirkung von Kesimpta in Frage zu stellen?
Außerdem hätte ich eine Frage, die nichts mit Immuntherapie zu tun hat: Habe jetzt 3× 1g Kortison bekommen und letzte Woche 3×2g. Keine Besserung des Visus (ist bei 30%). Macht eine Plasmapherese Sinn ( auch wenn man nichts im Mrt sieht)?
Danke und Grüße
PD Dr. Oliver Neuhaus: Hallo Miabim, ein Schub unter Kesimpta weist auf eine für Sie nicht vollständige Wirksamkeit hin. Wir geben aber üblicherweise jedem Immunmedikament 6 Monate, um die Wirksamkeit zu beurteilen. Es erst einmal fortzusetzen z.B. mit MRT-Kontrolle wieder in einem halben Jahr wäre ok.
Sehnerventzündungen lassen leider häufig anhaltende Visusminderungen zurück. Eine Plasmapherese wäre schon zu überlegen.

Patricia Fleischmann: @alle: Falls Sie etwas mehr zur MS-Therapie im Alter lesen möchten: Das war unter anderem Thema auf dem AMSEL-Symposium 2022:

https://www.amsel.de/multiple-sklerose-news/amsel-aktuell/erwartungen-an-neue-therapieansaetze-progrediente-ms-und-ms-im-alter/

Toni: Guten Abend, Hallo Herr Dr. Neuhaus, ich habe drei Fragen: Wann weiß man, dass man mit der Therapie aufhören kann? Was sagen ihre Quellen, wann können wir erwarten, woher MS tatsächlich kommt und die dritte Frage, muss ich alle immunstärkenden Mittel meiden (Basistherapie Vumarity). Vielen Dank🤔
PD Dr. Oliver Neuhaus: Hallo Toni, der richtige Zeitpunkt mit einer Therapie aufzuhören wurde nie in Studien untersucht. Als Regel kann man sagen: bei 3-jährigem vollständigem Krankheitsstillstand (keine Schübe, keine MRT-Veränderungen, keine schleichende Verschlechterung) kann gewagt werden, das Medikament abzusetzen - immer mit dem Risiko dass die MS doch wieder kommt. Deshalb wird bei Stabilität eher nicht das Absetzen empfohlen.
Der andere Grund, ein Immunmedikament abzusetzen, wurde oben schon besprochen, also wenn der Verlauf auf eine Nichtwirksamkeit hinweist.
Die Frage nach der Ursache der MS bleibt wohl noch lange offen. Wir wissen viel von einem Öffnen der Blut-Hirn-Schranke wahrscheinlich vor der Pubertät - wobei das "MS-Virus" weiterhin nicht bekannt ist. Außerdem wird eine "Neigung zu Autoimmunität" gefordert.
Wenn Sie Vumerity nehmen, können Sie sich ansonsten normal verhalten.
So genannte "immunstärkende" Mittel - die die Schulmedizin übrigens nicht kennt, sind bei MS nicht hilfreich, da MS keine Immunschwäche, sondern eine Überaktivität des Immunsystems ist.

Dominik: Hallo ,ich bin 30jahre alt und habe die ms Diagnose 2014 erhalten (taube haut am Bein ) und seit dem hatte ich keinen Schub . Ich habe mir tecfidera angefangen aber nicht vertragen und bin dann direkt auf gilenya gewechselt , das hat bis vor ca 3 Jahren auch gut funktioniert aber dann hat so langsam die Leber nichtmehr mitgemacht , jetzt bin ich seit 6 Wochen auf kesimpta . Wie ist den so die Langzeit Prognose/Erfahrung bei so einem Verlauf ?
PD Dr. Oliver Neuhaus: Hallo Dominik, die individuellen Prognosen sind schwierig. Eine Faustregel ist: wer wenig MRT-Flecken bei Diagnosestellung hat, hat meist auch weiterhin einen günstigeren Verlauf. Sofern Sie mit Ihrem MS-Medikament den Krankheitsstillstand erreichen, kann dieser auch länger anhalten.

Dominik: Und ist so ein starkes Medikament wie kesimpta überhaupt notwendig?
PD Dr. Oliver Neuhaus: Die Frage ist berechtigt. Eigentlich könnte auch ein "schwächeres" Medikament wie Interferon oder Copaxone genommen werden.

Patricia Fleischmann: Im Rahmen des AMSEL Dienstag (--> AMSEL veranstaltet jeden Dienstag etwas für MS-Erkrankte und ihre Angehörigen) stehen weitere interessante Termine an: am 7.3. gibt es einen Gesprächskreis für alle mit frischer MS-Diagnose, am 14.03. folgt ein Webseminar zu Schlafstörungen bei MS. - Hier gehts zu weiteren Infos und den Anmeldemodalitäten:
https://www.amsel.de/service/amsel-web-seminare/

caro: Dürfte ich da nochmal auf meine Frage zurück kommen: Wie lange sollte man unter Gilenya schubfrei sein, damit ein Wechsel zuu einem "schwächeren" Medikament in Frage kommen könnte?
PD Dr. Oliver Neuhaus: Hier gibt es keine konkreten Studien, aber das "Rückstufen" ist jederzeit möglich - immer mit dem Risiko, dass die MS sich wieder meldet.

Sonnenschein: Laut meines Wissens müssen MS Patienten Entzündungen im Körper vermeiden, ist es dann hilfreich entzündungshemmende Stoffe und Essen zu sich zunehmen ?
PD Dr. Oliver Neuhaus: Man hat früher untersucht, ob Antibiotika, die bakterielle Entzündungen unterdrücken, bei MS hilft. Die Antwort war nein. Dasselbe gilt bei Antivirusmitteln.
"Entzündungshemmende Stoffe" sind jedoch die über 25 Immunmedikamente, die für die MS zugelassen sind - sie unterdrücken die Entzündung im zentralen Nervensystem.

Sonnenschein: Noch eine Frage zu Betaferon und plegridy … warum ist das zweite Medikament niedriger dosiert und wird nur alle 2 Wochen gespritzt und Betaferon alle 2 Tage??
PD Dr. Oliver Neuhaus: Das hat mit der Zubereitung des Interferons zu tun. Beide sind tatsächlich nicht wirklich unterschiedlich wirksam.

Sonnenschein: Was ist mit dem Antibiotikum Doxyciclin? Darüber hatte ich etwas gelesen?
PD Dr. Oliver Neuhaus: Doxycyclin hilft nicht bei MS.
Es ist ein wirksames Antibiotikum bei Borreliose.

Patricia Fleischmann: Liebe Chatter, haben Sie vielen Dank für Ihre vielen interessierten und interessanten Fragen! Ein absolut spitzenmäßig großes DANKE geht an Privatdozent Dr. Oliver Neuhaus für sein Engagement hier im Multiple Sklerose Chat der AMSEL!

Der nächste Chat ist am 21.3., Thema und Experte erfahren Sie rechtzeitig auf amsel.de oder über unseren Newsletter:
https://www.amsel.de/service/newsletter/anmeldung/

Ich wünsche Ihnen allen einen schönen weiteren Abend und den Karnevalisten unter Ihnen einen schönen Fasnetsausklang!🥳

Dominik: Danke für die Antwort . Lg
PD Dr. Oliver Neuhaus: Sehr gern geschehen!

PD Dr. Oliver Neuhaus: Sehr gerne!

caro: Danke sehr.
PD Dr. Oliver Neuhaus: Sehr gern!

Sonnenschein: ok, vielen Dank
PD Dr. Oliver Neuhaus: Gern geschehen, alles Gute!

caro: Danke sehr.
PD Dr. Oliver Neuhaus: Sehr gerne!

Sarah: Besteht die Hoffnung das man unter Ocrevus keinen einzigen Schub bekommt? Liebe Grüße
Patricia Fleischmann: Liebe Sarah, Ihr Beitrag ging irgendwie nach Chatschluss noch ein. Wir fragen Dr. Neuhaus nachträglich nach der Antwort und stellen diese dann hier im Protokoll ein. Sorry für die Umstände!

Orion: ♥️
Patricia Fleischmann: 🥰

Toni: Ich wünsche allen einen schönen Abend & an Dr. Neuhaus, danke für ihre Zeit.🤗
PD Dr. Oliver Neuhaus: Gerne, auch Ihnen allen alles Gute!

Redaktion: AMSEL e.V., 21.02.2023