Hallo ihr Lieben,
ich bin Neu hier und habe meine Diagnose noch nicht sehr lange. Ich würde gerne wissen, ob man die Läsionen oder Entzündungsherde in der HWS, Schädel oder Rückenmark auch 1. Ausserhalb eines Schubs sieht? Oder wenn man 2. zur Behandlung 5 Tage 1 g Cortison per Infusion bekommen hat und dann nochmal ins MRT geht, ob die dann trotzdem sichtbar sind? Da Cortison ja stark entzündungshemmend wirkt? Vielen Dank für Eure Antworten!

Hi Ella78,

die Läsionen sind Narben und sind auch noch lange nach einem Schub zu sehen. Zudem führt auch nur jede 7. - 10. Läsion zu einem Schub.

Kortison kann die akute Entzündungs vielleicht stoppen und vielleicht auch noch die Bluthirnschanke abdichten, mehr aber nicht. Die Narbe ist noch da.

Die Kontrastmitelaufnahme kann aber durch das Kortison beeinflusst werden.

Grüße
Lucy

Hallo Ella78,

technisch gesprochen sehen die Fachleute ungewöhnliches Vorhandensein von “Wasserstoff/Wasser” und können dadurch auf eine Entzündung oder Vernarbung schließen.

Man kann also auch etwas “außerhalb” des Schubs sehen.

Um zu bestätigen, ob es einen aktiven Herd gibt - der wahrscheinlich als Bösewicht den Schub begründet - gibt man Kontrastmittel. Nur dadurch ist erkennbar, ob es sich um eine aktive Entzündung handelt.

Bekommt man jetzt vorher Kortison, kann das Kontrastmittel nicht mehr zur möglichen aktiven Entzündung gelangen (Bluthirnschranke wird abgedichtet) und es ist keine Aussage mehr möglich, ob es sich um eine aktive Entzündung handelt oder eine Ältere.

Nichtsdestotrotz werden Schübe nicht über das MRT diagnostiziert, und das ist auch gut so!

Natürlich kann man “neue Ältere” von “noch Älteren” durch MRT-Bilder-Vergleiche identifitieren.
Daher ist es hilfreich immer zum Selben zu fahren.

Hallo Ella,

Cortisone stabilisieren (bei den meisten von uns) die Blut-Hirn-Schranke. Wenn sie im akuten Schub verabreicht werden, stoppen sie das weitere Eindringen von Entzündungszellen in den Liquorraum.

Durch eine rasche Cortisonbehandlung kann der Schaden, den der Schub anrichtet, begrenzt werden. Es ist wie bei einem Brand - bei dem würde auch niemand untätig zusehen, bis er von selbst ausgeht. Diese Wirkung von Cortison auf die Blut-Hirn-Schranke wird seit sehr vielen Jahren in der Praxis beobachtet und ist allgemein bekannt, auch ohne Studien.

Bekannt ist auch, dass man ein MRT mit Kontrastmittel stets VOR einer Cortisonbehandlung machen muss, denn wenn man es danach macht, kommt das Kontrastmittel nicht mehr durch die Blut-Hirn-Schranke. Dann sieht man nicht, an welchen Stellen eine Schrankenstörung besteht.

5 Tage lang je 1 g “Cortison” (welches? Prednisolon? Methylprednisolon?) ist viel zuviel. Diese hirnrissigen Dosen gehen auf einen Augenarzt namens Roy W. Beck in Tampa (Florida) zurück, der 1992 auf die Idee gekommen war, eine Firma zu gründen, die kommerziell medizinische Studien durchführt, das “Jaeb Center for Health Research”.

Um dafür zu werben, führte er an Optikusneuritis-Patienten (seiner Klientel) Versuche mit verschiedenen Cortisonen in verschiedenen Dosen und verschiedenen Verabreichungsweisen durch und stellte dabei fest, dass das schwach wirksame orale Prednison in niedrigen Dosen weniger Wirkung auf die Optikusneuritis zeigt als das etwas stärkere i.v. Methylprednisolon in überhöhten Dosen in Grammhöhe.

https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/1734247

Cortison in Overkill-Dosen zu verabreichen, ist dumm, unnötig, gesundheitsschädlich, und kann zu schweren Langzeitschäden, aber auch einer vorübergehenden Steroid-Resistenz führen. Ich erinnere mich an eine MSlerin im DMSG-Forum, die viele Cortison-Stoßtherapien mit Overkill-Dosen hinter sich hatte, und dadurch halb erblindet war, und deren zerstörte Gelenkköpfe durch Endoprothesen ersetzt werden mussten.

Daher sage ich: Alles mit Maß und Ziel! Bei Methylprednisolon (Urbason) halte ich eine Tagesdosis von 200 bis 300 mg für tolerabel, was etwa der äquivalenten Dosis von 40 mg Dexamethason entspricht (normale Tageshöchstdosis von Dexamethason). Wegen meinem Vorhofflimmern habe ich allerdings eine Kontraindikation gegen Cortisone mit mineralocorticoiden Nebenwirkungen.

Die hirnrissigste Variante zur Umrechnung in Äquivalenzdosen habe ich mal in einem MS-Forum gelesen, da entblödete sich ein Arzt (?) tatsächlich nicht, die irrsinnig hohen Methylprednisolon-Dosen der Beck-Studie im Verhältnis 5 : 1 in Dexamethason umzurechnen. Er wollte tatsächlich 200 mg Dexamethason als Tagesdosis verabreichen, das Fünffache der Standarddosis! Irrsinnig.

Sein Glück, dass Cortisone zu den ungefährlichsten Medikamenten überhaupt gehören! An den neurologieüblichen Overkill-Dosen sterben die meisten Patienten nicht. Es gibt übrigens, wie bei anderen Autoimmunerkrankungen (Morbus Crohn, Colitis ulcerosa), auch steroidrefraktäre Schübe - solche, die auf eine Cortisonbehandlung nicht ansprechen. Als Alternative zum Cortison wäre dann die Plasmapherese (“Blutwäsche”) eine Option.

Liebe Grüße
Renate