Hallo Freki,
bei der Diagnose war ich schon schwerbehindert, nach mutmaßlich 2 Jahren hochaktiver MS ohne Diagnose und Therapie. Jeder der 8-10 Schübe, die ich in den zwei Jahren vor der Diagnose hatte, brachte mich auf der EDSS-Leiter eine halbe Stufe höher. Von EDSS 1 auf 6,5 in etwa 2 Jahren.
Da war es für mich keine Frage, dass ich sofort nach der Diagnose mit einer Schubprophylaxe anfange, denn ich bin (überzeugter) Single und wollte noch nicht ins Pflegeheim! Diagnose- und Therapiebesprechung dauerten keine 5 Minuten, ich hatte mir schon ein halbes Jahr davor “mein” Betaferon ausgesucht. Damals gab es nur 4 BTen, und gegen 2 habe ich Kontraindikationen.
Ich hatte das Richtige ausgesucht, denn unter Betaferon kam meine MS zur Ruhe, von einigen kleinen Pseudoschüben abgesehen. Aber die ersticke ich im Keim, mit fünf Tagen Dexamethason oral. Das kommt zur Zeit etwa alle 1 bis 1 1/2 Jahre vor.
Nach 1 1/2 Jahren Betaferon ohne jegliche Krankheitsaktivität war ich 2006 spritzmüde, und glaubte, dass meine MS “ausgebrannt” sei. Ich kannte die Fälle noch nicht, die nach 10 schubfreien Jahren plötzlich doch wieder einen Hammerschub bekommen. Dabei sind die gar nicht so selten!
Bei solchen Fällen werden gerne irgendwelche Kausalzusammenhänge mit “belastenden” Erlebnissen konstruiert, und davor war ich ja völlig sicher: kein Mann, Kind, Schwiegermutter, Chef, Nachbar, Haustier, Auto … das habe ich alles nicht. Mit 50+ ist man nicht mehr so leicht zu erschüttern.
Das Einzige, was ich noch an meiner Situation verbessern konnte: in meiner Obergeschosswohnung wird es im Sommer recht heiß, bis 28 Grad. Inzwischen habe ich eine Klimaanlage - damals noch nicht. - Also, weit und breit nichts Belastendes.
Also setzte ich das Betaferon im Herbst/Winter 2006 nach etwa 18 Monaten Therapie ab. Mein Neuro meinte nur: “Das müssen Sie selber wissen.” Er wusste, dass ich sowieso immer tue, was ich will. Ich hatte keine Angst vor dem Absetzen! Ich glaubte ja selber, dass da nichts mehr kommt.
Zuerst fühlte ich mich gut ohne die Spritzerei. Obwohl ich längst keine Nebenwirkungen mehr gehabt hatte. Im Frühjahr 2007, nach 2 - 3 Monaten ohne BT, bekam ich den schwersten Schub meiner MS-Karriere.
Der Spritzpausen-Schub holte mich vollends von den Beinen, und das Autofahren musste ich auch aufgeben. Seither rolle ich, statt am Rollator zu gehen, und habe GdB 90. Ein Pflegestufe, bzw -grad, habe ich aber nicht. Brauche ich auch nicht, weil ich ein barrierefreies Duschklo habe. Kochen, Staubsaugen usf. kann ich im Rolli.
Das Betaferon abzusetzen, kommt für mich sicher nicht nochmal in Frage. Eine MS kann auch nach 10 schubfreien Jahren wieder zum Leben erwachen. “MS never sleeps”, liest man doch immer mal wieder in US-Foren. Die BT abzusetzen, ist in meinem Fall, wie bei voller Fahrt den Sicherheitsgurt aufzumachen. Ich kann’s nicht empfehlen.
Liebe Grüße
Renate