Hallo liebe Forenmitglieder,
Ich bin es noch einmal, um mir euren Rat einzuholen. Wie ich ja bereits in einem vorherigen Post geschrieben habe, habe ich die Diagnose MS seit 16 Jahren. Körperliche Beeinträchtigungen bestehen keine, aber Läsionen im Kopf sind da.
Mein Hauptproblem ist, dass ich bei der Arbeit gefühlt überhaupt nicht mehr belastbar bin. In Besprechungen komme ich gefühlt nur die Hälfte mit. Viele Dinge verstehe ich nicht. Wenn ich dann aus einer Besprechung rausgehe muss ich die Kollegen häufig Fragen: Jetzt sag mir bitte noch einmal die Quintessenz dieser Besprechung. Was genau war jetzt der Inhalt? Und was kam raus?"
Ich arbeite in einem recht großen Laden mehreren 1000 Angestellten. Großer IT-Bereich mit ebenfalls über 1000 Angestellten. Über die Jahre habe ich so ca. alle zwei Jahre das Projekt gewechselt. So richtig rund gelaufen ist es irgendwie in keinem Projekt. Bei bestimmten Aufgaben habe ich wie gelähmt am PC gesessen. Häufig war ich dann auf die Hilfe von Kollegen angewiesen. Die Jahresgespräche samt Beurteilung sind auch nicht immer so richtig toll verlaufen. Unter anderem ist die "Problemlösungsfähigkeit als nicht ausreichend bezeichnet worden. Das geht auch einher mit dem was ich an mir meine zu beobachten. Komplexe Zusammenhänge verstehe ich einfach nicht mehr.
Auch jetzt bei der neuen Stelle geht es natürlich wieder um komplexe Zusammenhänge. Genauer gesagt muss der Ausfall eines Rechenzentrums simuliert und vorbereitet werden. Dabei geht es um komplexe Zusammenhänge, viele technische Dokumentationen, viele Besprechungen bei denen Abhängigkeiten und Sachverhalte abgestimmt werden usw. Irgendwie habe ich das Gefühl dem nicht wirklich gewachsen zu sein. Viele Dinge verstehe ich einfach nicht. Ich meine, dass da nach einem halben Jahr gefühlt mehr Verständnis einerseits aufgebaut sein müsste.
Ich habe in einem Feedback Gespräch mit meinem Chef nachgefragt, was ich an Mindestzusammenhängen mittlerweile verstehen sollte. Ich war überrascht was ich alles seiner Meinung nach wissen sollte und was ich wirklich verinnerlicht hatte.
In Besprechungen wenn die Fragerunde eröffnet wird Sitze ich immer da und habe KEINE Fragen. Das hängt damit zusammen, dass ich häufig den Gesamtverlauf gefühlt nicht folgen kann. Ich bin schon im Nachgang von anderen Kollegen gefragt worden, warum ich denn nie etwas fragen würde. Ich kann dann ja schlecht sagen, dass sich nichts verstanden haben. Aber es ist irgendwie doch eine nebulöse Wolke von Begrifflichkeiten die ich im Kopf nicht strukturieren kann. Sicherlich benötigt es Zeit ein neues Thema zu verstehen. Aber irgendwie ist mir das eine Nummer zu groß merke ich.
Ich merke, dass ich der Aufgabe irgendwie nicht gewachsen in.
Die spiele mit dem Gedanken dies nun mein Chef gegenüber offen zu legen. Meine Frage ist nur, was kann ich jetzt erwarten? Es gibt ein Schwerbehindertengesetz, es gibt bei uns im Betrieb auch eine Schwerbehindertenvertretung. Da habe ich bereits vorgesprochen. Aber das was die mir dann mit auf den Weg geben ist nicht wirklich zufriedenstellend.
Jemand der ein körperliches Handikap hat bekommt entsprechende Hilfsmittel. Jemand der nicht sieht bekommt eine Brille. Jemand der nicht laufen kann bekommt Krücken, oder einen Rollstuhl. Aber was macht man mit jemandem der sich nicht konzentrieren kann, der Zusammenhänge nicht versteht. Ich frage mich oft, wie die Kollegen das machen, bzw. warum sie so eine schnelle Auffassungsgabe haben.
Mein Leidensdruck ist sehr hoch, denn ich meine bestimmte Zusammenhänge nicht zu durchdringen. Teilweise sitze ich wie gelähmt am PC.
Was ich nun überhaupt nicht wechseln kann, ist die Tatsache, dass ich keine körperlichen Einschränkungen habe. Ich kann gehen, wenn es sein muss 10 km. Aber wenn man Kopf gefordert wird bin ich gefühlt schnell raus. Es legt sich eine regelrechte Bleischürze um meinen Kopf.
Ich kann mich auch durchaus adäquat ausdrücken und unterhalten, ich meine dass die Fähigkeit komplexe Probleme zu verstehen irgendwie nicht da ist.
Was soll ich machen?
Im Moment sind sehr viele Besprechungen am Tag und ich frage mich häufig nach den Besprechungen was jetzt wirklich der Inhalt war. Ich kann das alles nicht greifen. Wenn es in die finale Phase geht wird das alles eher noch anstrengender als entspannter.
Was steht mir von Seiten des Schwerbehindertengesetzes zu? Bzw. wie kann ich das einfordern? Wie gesagt mit körperlichen Gebrechlichkeit weiß jeder umzugehen, da gibt es dann technische Hilfsmittel. Nur was macht man, bzw. wie argumentiert man wenn einem das alles zu viel wird?
Ich glaube nicht dass ich auf großes Verständnis stoßen werde wenn ich mich offenbare. Es wird einmal müde gelächelt und dann bekommt man postwendend die Antwort Ja, mir geht es manchmal auch nicht gut und ich bin müde. Aber das ist es nicht.
Jetzt wo ich diese Zeilen diktiere bin ich fokussiert und kann mich konzentrieren. Im Büro ist das häufig nicht so. Ich stehe mittlerweile auf dem Standpunkt zu sagen, dass viele Besprechungen überflüssig sind. Weil ich da nichts mitnehme bzw. mich abschließend Frage warum haben wir das jetzt gemacht?
Kann mich jemand verstehen? Was soll ich machen? Mich krank melden ist irgendwie keine Lösung.
Grüsse euch alle!
Matthias