Hallo zusammen,
ich bin neu hier. Aber ich bin schon lange Clubmitglied. Um genau zu sein seit 16 Jahren. Ich habe meine Diagnose MS im März 2000 bekommen.
Wenn man mich sieht, würde man nicht vermuten, dass ich diese Krankheit habe. Ich habe keinerlei körperliche Beeinträchtigungen. Ich kann noch alles machen, gehen usw. ist überhaupt kein Problem. Was mir jedoch zu schaffen macht ist die Tatsache, dass ich meine zu merken, nicht mehr so richtig geradeaus denken zu können. Dann und wann hapert es bei mir mit der Konzentration und mit der Aufmerksamkeit. Auch das merken (Gedächtnis) scheint irgendwie in Mitleidenschaft gezogen zu sein. Ich habe heute bei der Arbeit in einem Vortrag gesessen und habe mich nach ca. 90 Minuten gefragt, was der Dozent denn da alles so wohl erzählt hat. Es ist nicht so das ich nicht zugehört hätte. Auch verstehe ich durchaus was er sagt. Aber ich bin irgendwie nicht in der Lage, ein komplexes Thema zu verstehen. Früher war das irgendwie kein Problem. Ich habe studiert und meine zumindest damals durchaus noch etwas aus den Vorlesungen mitgenommen zu haben. Aber irgendwie wird es zusehends schwieriger komplexen Themen zufolge und nicht den Faden zu verlieren.
Ein weiteres Phänomen ist die Tatsache, dass es mir Mühe bereitet einen Handlungsstrang aus zum Beispiel einem Audiobuch zusammenzufassen. Ich habe mit meiner Frau den Test gemacht. Wir haben uns beide eine Kurzgeschichte angehört und sie und ich haben anschließend den Text resümiert. Die Kurzgeschichte war ungefähr 10 Minuten lang. Sie hat meistens anderthalb Seiten geschrieben, ich kam nie auf mehr als 5-6 Stichpunkte. Wenn sie mich dann nach bestimmten Tatsachen gefragt hat ob ich denn dieses oder jenes auch noch wüsste habe ich dies häufig klar verneinen müssen. Ich habe es einfach nicht behalten.
Ein anderes Phänomen welches ich bei mir beobachte ist die Tatsache, dass ich in stressigen Situationen im Büro regelrecht fahrig reagiere bzw. mich fühle. Ich verliere total Kopf und es kommt zu einer regelrechten Blockade im Kopf. Ich meine auch dann merken zu können, wie sich eine regelrechte Bleischürze in meinem Kopf schließt und nichts geht mehr. Denken, überlegt handeln, arbeiten. Sekundenschnell schießt eine bleierne Lähmung/Betäubung in meinen Kopf. Ich verspüre einen regelrechten Druck im Kopf und mein Gehirn fühlt sich geschwollen an.
Ich habe auch mehr und mehr das Gefühl, als Programmierer fremden Code zu verstehen. Es baut sich mittlerweile eine regelrechte Aversion auf, wenn ich fremden Code reviewen muss. Ich stelle bei mir fest, dass es zu einer regelrechten Flucht vor Aufgaben kommt, die Konzentration erfordern. Ich bin extrem lärmempfindlich (sowohl im Büro, als auch Zuhause) und auch dann kommt es zu regelrechten Blockaden wenn ich gestört werde. Das ist natürlich im Büro eher die Regel als die Ausnahme. Ich versuche mich zu konzentrieren und es wird im Büro gesprochen, ein Telefon klingelt, oder es kommt noch jemand von draußen herein.
Kommt einem von euch das bekannt vor? Wie gesagt ich habe sonst absolut keine Einschränkungen, zweifle aber mittlerweile an meinem eigenen Verstand.
Übrigens hat das letzte Kernspin ergeben, dass sich nach anderthalb Jahren und einen Medikamentenwechsel auf Plegridy drei neue Läsionen im Kopf habe. Es kann natürlich niemand sagen bzw. lässt sich zu der Aussage hinreißen, dass hier ein Zusammenhang bestehen könnte.
Irgendwie ist das alles nicht mehr so witzig, denn ich merke, dass mir die Arbeit im Büro manchmal etwas zu viel wird.
Meine Neurologin meint, dass das ganz sicherlich von der MS kommt bzw. ich keine Konzentration und Aufmerksamkeitsprobleme hätte. Manchmal denke ich ich bin selber nicht mehr ganz richtig im Kopf. Denn unterhalten und mit jemandem adäquat sprechen kann ich ja. Aber manchmal scheint es mir irgendwie alles zu viel zu werden.
Kennt das irgendjemand?
Freue mich auf eure Antworten.
Herzliche Grüße
Matthias