Hallo zusammen,
gleich vorab: Sorry, wird wahrscheinlich ein etwas längerer Text ;-).
Ich bin 31 Jahre, bekam meine Diagnose 2007, habe einen schubförmigen Verlauf und bin seit 2008 auf Avonex mit recht passablem Erfolg (“nur” 3 Schübe seitdem, noch keine massiven Einschränkungen). Für Avonex habe ich mich damals bewusst entschieden da ich in der Woche so wenig wie möglich “eingeschränkt” sein wollte. Finde grade kein anderes Wort dafür, mir war es damals nur wichtig der Krankheit so wenig wie möglich Einfluss auf mein Leben geben zu wollen und so entschied ich mich für die 1x pro Woche Variante auch mit dem Wissen, dass die Nebenwirkungen hier ein anderes Level haben und entsprechend anders mit Schmerzmitteln gegengesteuert werden muss. Die Nebenwirkungen habe ich ohne Einnahme von 3-5 Ibus in voller Bandbreite. Im Schnitt brauche ich pro Woche 4x 600mg. Eine davor, eine danach, eine nach dem aufstehen und die letzte wenn ich Mittags gegen 2, 3 Uhr merke dass die Wirkung abflacht und die Nebenwirkungen durchkommen. Aber wie gesagt, das ist es mir Wert dafür eben “nur” 1 Tag der Woche abtreten zu müssen.
Hauptsächlich die linke Körperhälfte ist betroffen. Am meisten äußert sich die MS bei mir in Form von Taubheitsgefühlen größtenteils in der Hand und am Bein. An einem Schub war auch mal das Auge betroffen, konnte aber glücklicherweise mit einer 5 Tages Stoßtherapie soweit abgemindert werden, so das heute nichts mehr wirklich von dieser Einschränkung merkbar ist. Die Taubheitsgefühle sind nach wie vor da und die linke Hand funktioniert nicht mehr 1:1 wie die rechte, auch wenn ich im Prinzip noch alles machen kann damit.
Bis vor 3 Monaten noch konnte ich seit der Diagnose damals “normal” arbeiten, war seit 2011 angestellt als Außendienstler in einem Unternehmen (habe davor auch durchgängig gearbeitet). Seit Juni diesen Jahres habe ich ein permanent anhaltendes Schwindelgefühl egal zu welcher Tageszeit. Fühlt sich so ein wenig an wie morgens 1, 2 Gläser Wein auf leeren Magen bei körperlicher Anstrengung etwa beim Sport artet das ganze dann darin aus, dass sich alles dreht und ich mich setzen oder irgendwo abstützen muss. In der Hoffnung es hat nichts mit der MS zu tun habe ich dann alle möglichen anderen Ursachen selbst versucht in Angriff zu nehmen. Dachte ich trinke vielleicht zu wenig über den Tag da es ja auch Sommer war zu der Zeit. Überlegte ob es eventuell an der Ernährung lag. Wer weiß, zu viel davon, zu wenig davon?? So habe ich dann jeden Tag über mehrere Wochen den Essensplan umgestellt, jeden Tag 3 Liter Wasser zusätzlich zu Kaffee und allem anderen getrunken. Geändert hat es leider nichts, so piepte ich bei meinem Neuro durch und bat das alljährliche MRT vom Kopf vor zu verlegen um weiter abzuklären. Eindeutig sichtbar war hier kein neuer Herd, was ja aber bei uns leider nicht viel zu bedeuten hat, da eben auch die neuesten Röhren Nadelspitze Herde nicht sichtbar machen können.
Da ich schon in den letzten Jahren zu den Hochzeiten in meiner Branche (Süßware, Schokolade, Weihnachten/Ostern) und wenn der Druck generell erhöht wurde merkte das meine Symptomatiken zunahmen bzw. sich verstärkten fast so als würde sich dann ein Schub ankündigen habe ich dann schließlich einen Entschluss gefasst. Nicht zuletzt war auch die Geburt meines Sohnes im letzten Jahr sehr ausschlaggebend für die Entscheidungsfindung. Ich habe zum 30.09 meinerseits das Arbeitsverhältnis gekündigt, da ich es einfach nicht weiter auf die Spitze treiben wollte und am Ende meine Familie die leidtragenden sind.
Für meinen Neuro war ich seither eigentlich immer ein sehr pflegeleichter MS Patient. Ich habe mich alle 3 Monate sehen lassen, kurz gequatscht zum Rezept holen und 1x im Jahr stand der MRT vom Kopf auf dem Plan. Da drückt wieder das “so wenig Einfluss wie möglich auf mein Leben” durch. Ich bin mir über meine Erkrankung immer im klaren gewesen, wusste und weiß über die Wichtigkeit mich dem behandelnden Arzt mitzuteilen, habe dies aber auch immer nur dann in aller Ausführlichkeit getan wenn wirklich eine Veränderung war. Ich bin auch generell nie der Typ Mensch gewesen der wegen jedem WehWehchen zum Arzt ging (Bitte nicht falsch verstehen: Mir ist klar, dass ich hier kein Schnupfen habe!). Für meinen Neuro war das immer okay, er stellte eben als Bedingung, dass ich mich auch melde wenn sich irgendetwas verändert was möglicherweise mit der MS zu tun haben kann.
Aktuell bin ich dann auch noch bei meinem Hausarzt gewesen, weil das letzte Fünkchen Hoffnung dann eben doch noch da ist, der Schwindel hat nichts mit der MS zu tun. Ich bin eben der ewige Optimist ;-). Dieser verschrieb mir nun ein paar Zuckerperlen (Homöopathisch), gab mir ein Merkblatt zu Übungen für den Rücken/Nackenmuskulatur und stellte eine Überweisung in ein “Schwindelzentrum” aus. In 2 Wochen habe ich hier wieder einen Termin um zu berichten ob das was am Schwindel änderte. Bis jetzt - 2 Wochen - nach dem letzten Termin kann ich keine Änderung feststellen.
Nun gut, mein eigentlicher Grund für diesen ellen langen Post hat aber viel mehr etwas mit dem zu tun was im Topic steht: Die Agentur für Arbeit. Daher der Vorbericht als Grundlage zum Verständnis für mein Anliegen.
Zugegeben habe ich gehofft in den 3 Monaten nach meiner Kündigung wieder eine Arbeitsstelle zu finden die sich mehr im Hintergrund abspielt und für mich und meine gesundheitliche Situation passt, auch für die Zukunft. Leider hat dies auch nach mittlerweile 21 Bewerbungen nicht so funktioniert wie ich mir das vorstellte und ich stehe nun mehr oder minder 3 Wochen vor der Arbeitslosigkeit (Ich habe noch 2 Monate Elternzeit in Anspruch genommen nach Beendigung meines Arbeitsverhältnisses).
Meinen ersten Termin bei genannter Behörde habe ich nun mehr auch schon gehabt und bin ehrlich gesagt mit weichen Knien wieder aus dem Gebäude gegangen. Warum? Nun ja, meine Sachbearbeiterin hat mir eröffnet, dass ich wohl mit einer 3 Monatigen Sperre des Arbeitslosengeldes rechnen müsse, da ich meine Anstellung “Ohne Empfehlung des Arztes” selbst gekündigt habe. Ihr habe ich genau das gleiche erzählt was ich euch hier nieder geschrieben habe, dass ich MS habe, bereits die letzten Jahre gespürt habe das mir diese extrem stressigen Zeiten schon an die Substanz gingen und ich merkte, dass meine Symptome zu mancher Zeit verstärkt waren. Darauf antwortet sie dann mehr oder minder trocken das täte nichts zur Sache, der Arzt müsse bestätigen mir die Kündigung VOR Abgabe beim Arbeitnehmer empfohlen bzw. dazu geraten zu haben.
Ich habe seit der Diagnose immer versucht die Fahne oben zu halten, so gut es mir möglich war “normal” weiter zu arbeiten. Bei meinem ersten Schub konnte ich mit dem linken Bein nur noch sperrlich bis gar nicht mehr normal laufen, trotzdem hat mich das nach der Stoßtherapie nicht davon abgehalten wieder in den normalen Arbeitsmarkt ohne Einschränkungen einzusteigen weil es auch wieder ging.
Noch habe ich den Antrag für das ALG noch nicht ausgefüllt, von daher liegt also auch noch nichts schriftlich vor hinsichtlich der Sperrzeit. Ich habe bei dem Antrag 2 Möglichkeiten zur Angabe der Kündigung: 1. Gesundheitlich bedingt mit der Klausel, dass der Arzt vor der Kündigung dazu geraten hat oder 2. Andere Gründe in Form eines Freitextes. Nun, da ich wie gesagt ein sehr sporadischen Kontakt zu meinem Neuro bis hierhin hatte da es auch einfach nicht mehr notwendig war möchte ich ihn jetzt auch nicht wirklich zur “Urkundenfälschung” bitten auf die Art “Schreiben Sie da mal bitte mit dem Datum x rein”, andererseits habe ich auch Angst/Bedenken den Freitext auszufüllen und damit erst Recht eine Sperrzeit zu bekommen.
Ich habe zwar “Arbeit” in Form von einem Ehrenamt bei einer Diakonie Sozialstation und meine Frau geht auf 450 EUR Basis neben dem Master Studium arbeiten, aber das reicht bei weitem nicht um die Fixkosten für eine Familie zu decken.
Ich bin ehrlich gesagt im Moment sehr ratlos und irgendwie auch geschockt. Geschockt darüber, dass ich eigentlich dafür abgestraft werde die Arbeit mit der MS so lange aufrecht gehalten zu haben wie möglich und wenig bei meinem Arzt gewesen zu sein weil das bisher eben auch ging.
Meine Frage(-n) an euch wären ob jemand schon einmal einen ähnlichen Fall hatte und mir evtl. mit Rat und Tat zur Seite stehen kann? Und was würdet ihr mir in dem Fall empfehlen was ich tun kann? Und nicht zuletzt natürlich auch die Frage in die Community ob schon jemand im direkten Zusammenhang mit der MS was mit Schwindel berichten kann?
Ich Danke euch vorab vielmals für eure Antworten.