Liebe Renate

Ok das ist mal wieder ein Ultrakurzprotokoll vom heutigen Kurzgespräches mit meinem Onko-Doc
Dexa ist vierfach so mächtig wie Urbason… wenn ich Ihnen 1g Dexa geben würde gingen sie mir durch die Decke ;)))
Dexa gibt er als Mittel gegen Übelkeit bei der Chemo…

NW sind ähnlich… dünnere Haut, Gewichtszunahme…
Die Wirkmechanismen sind ähnlich aber nicht gleich…
wir haben immer einen sehr kurzen Infoaustausch

Wg Weigerung der Therapeutin wg Cranio Sakral, meinte er wg der Osteoporose…
Jetzt muß ich erst mal Bubu machen…
Bin platt…

Liebe Grüße

Idefix

Hallo Idefix,

danke für deinen Bericht! Naja, ganz so voll den Durchblick hat der Herr Onkodoc wohl nicht. Wenn er in der Wikipedia nachgeschlagen hätte - die er als Facharzt natürlich nicht mal mit der Kombizange anfasst - hätte er hier https://de.wikipedia.org/wiki/Glucocorticoide in der Tabelle in der Seitenmitte lesen können, dass Dexamethason 6 x so wirkungsstark ist wie Methylprednisolon (Urbason).

Mit “4 x” untertreibt er also etwas. Außerdem hat Dexa eine viermal so lange Halbwertzeit wie Methylprednisolon. Außerdem hat Urbason (C22H30O5) mineralocorticoide Nebenwirkungen (Muskelschwäche, Herzrasen); Dexa ist fluoriert (C22H29FO5) und hat diese Nebenwirkungen nicht. (Wunder der Chemie: 1 Wasserstoffmolekül durch 1 Fluormolekül ersetzt, und schon ist es ein anderer Stoff!)

Natürlich gibt kein Arzt, der bei Verstand ist, 1 g Dexamethason. Ich darf wohl hinzufügen: es gibt auch kein Arzt, der bei Verstand ist, 1 g Methylprednisolon. Nur fast jeder Neurologe macht das, weil er blind einem Augenarzt aus Florida namens Roy W. Beck nachrennt, der 1992, vor fast einem Vierteljahrhundert, herausgefunden hat, dass eine Sehnerventzündung mit 1000 mg Methylprednisolon schneller weggeht als mit 75 mg Prednison.

Beck hat zwei verschiedene Stoffe in völlig inäquivalenten Dosen getestet. Und das soll eine Studie gewesen sein? (piep, piep vogelzeig) Das Glück der Neuro-Patienten ist, dass Corticoide ungiftig und, verglichen mit Aspirin & Co., relativ harmlos sind, sodass man selbst von einer Overkill-Dosis von 1 g nicht gleich eingeht. Was die meisten Schubpatienten bestätigen können, da sie trotz Grammdosen noch leben.

Wenn ein gewisser cortison-überängstlicher Landarzt aus Bad Zwesten recht hätte, der Cortisone für sau gefährlich und den Totmacher Thomapyrin für harmlos hält, dann müssten sehr viele SchubpatientInnen nach 5 x 1000 oder gar 5 x 2000 mg Urbason eingehen. Tun sie aber nicht. Was sie der geringen Toxizität der Corticoide verdanken.

Während dem Thomapyrin-Abusus jährlich Tausende zum Opfer fallen. Ich wünsche mir, wie der pharmakritische Prof. Gerd Glaeske, die Rezeptpflicht für solche Analgetika. Kombipräparate aus ASS, Paracetamol und Koffein sind (außer für WW) Teufelszeug, und man dürfte sie nicht so einfach kaufen können wie Smarties!

Kein geistig gesunder Arzt verabreicht statt 1000 mg Methylprednisolon 200 mg Dexamethason. Die Dexa-Notfalldosis bei Anaphylaxie und Schub beträgt 40 mg (meist aus der Fertigspritze i.v. gespritzt) und nicht 200. Bloß weil ein Medikament ~ 60 Jahre alt ist, wie Dexa, muss man sich auch als Weißkittel nicht um die Lektüre der Präparateinformation drücken. (Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser!)

Ich bleibe dabei und empfehle für einen Dexa-Stoß am ersten und zweiten Tag 32 mg. (So viel wie nötig, so wenig wie möglich!) Es müssen also nicht gleich 40 mg sein. Für Frauen reichen oft geringere Dosen als für Männer.

Dein Onko sagt: “NW sind ähnlich… dünnere Haut, Gewichtszunahme …” - Jein. “Dünnere Haut” ist eine Langzeitnebenwirkung aller Corticoide. Damit müssen sich Rheuma- oder Addison-Patienten herumschlagen. Wir Entmarkten nehmen Cortisone 3 - 5 Tage lang (wenn wir auf das hirnrissige Ausschleichen verzichten), da kommt es noch nicht zu Langzeitnebenwirkungen, es sei denn, wir machen eine solche Stoßtherapie alle naslang.

Deshalb ist es nicht zielführend, wenn Cortisongegner den MS-Schubpatienten mit den Langzeitnebenwirkungen dieser Stoffe drohen. Das ist vielmehr “Thema verfehlt”. Nach fünf Tagen Schubtherapie alle paar Monate und ohne Ausschleichen bekommt man/frau die Langzeitschäden noch nicht.

Und die (scheinbare!) Gewichtszunahme durch Cortisone ist eine Folge der Wassereinlagerungen durch die Natriumretention bei nicht fluorierten Corticoiden wie Prednisolon und Methylprednisolon. Unter einem Cortison ohne mineralocorticoide Nebenwirkungen kommt es nicht zu Wassereinlagerungen.

Zunehmen tut man, wenn man mehr isst als man verbraucht. Ich nehme von Dexa eher ab als zu, da es mich entwässert und ich, wenn ich schlecht schlafe, auch kaum Appetit habe. Aber da sind wir wohl alle verschieden.

Liebe Grüße
Renate