Hallo Heike,
1.) Sinnvoll ist eine Basistherapie dann, wenn dadurch bei der individuellen MS die Entzündungsaktivität gedrosselt werden kann. Das kann man einstweilen nur durch Probieren herausfinden.
Die Entzündungsaktivität wird nicht anhand der Schubhäufigkeit gemessen, da nur jede siebte bis zehnte Läsion auch einen Schub auslöst.
Die meisten Läsionen spielen sich im Verborgenen ab, und man merkt sie erst im fortgeschrittenen Stadium, wenn die Symptome und Ausfälle sich summieren (die Läsionen konfluieren), oder wenn man regelmäßig ein MRT macht und neue Schäden und Narben hinzugekommen sind.
2.) Es gibt gutartige Verläufe, die in etwa 10 % der Fälle vorkommen. Das sind diejenigen, bei denen nach den Schüben keine Schäden und Restsymptome zurückbleiben.
Den Verlauf einer MS kann man allerdings nur rückblickend beurteilen. Solange noch nicht so viele Schäden entstanden sind, kann das ZNS sie noch kompensieren, aber je mehr Löcher die MS hineingefressen hat, desto mehr merkt man davon.
Daher wirken die meisten MSen zu Beginn erst mal gutartig, aber das kann sich rasch ändern. Ich hatte meine MS wer weiß wie lange, bevor ich mir die Diagnose holte - und in den zwei Jahren davor hatte ich einen Behinderungsfortschritt von EDSS 1 auf 6,5.
- Verdienen Ärzte an der Verschreibung? - Das kommt drauf an. Bei einem Medikament, das so alt ist wie Betaferon (22 Jahre), würde ich es ausschließen. Danach kräht kein Hahn mehr, und neue Erkenntnisse sind für MS nicht mehr zu erwarten.
Ebenso ist es bei den “essential drugs” der WHO, wie Prednisolon, Dexamethason, Paracetamol oder Ibuprofen, die es weltweit in tausend Generika gibt. Wenn diese Stoffe nicht wirken würden, hätten sie sich nicht fünfzig Jahre lang auf dem Weltmarkt gehalten. Aber eine “Anwendungsbeoachtung” rechnet sich bei dem alten Zeug nicht mehr.
Ich weiß, dass meine Ärzte nicht daran verdienen. Mein Hausarzt ist links und grün, und liegt nicht mit der Pharma im Bett, und mein Neuro ist weder in der Forschung tätig, noch hat er seit seiner Dissertation noch irgendwas veröffentlicht.
Bei Uniklinik-Ärzten, die in der Forschung tätig sind, nehme ich schon an, dass sich das für sie auch irgendwie rechnet. Aber ein biederer niedergelassener Landarzt hat gar nicht die Zeit, um noch irgendwelche Vordrucke der Pharma auszufüllen oder irgendwelche Geschichten zu schreiben.
Außerdem ist mein Neuro ein Feld-Wald-und-Wiesen-Landarzt, dessen Patienten hauptsächlich neurologische Alltagsleiden haben, Migräne, Schlaganfälle, Parkinson, psychiatrische Erkrankungen. Er hat keine 20 MS-Patienten in seinem Einzugsgebiet, was schon daran liegt, dass seine Praxis in den ersten 15 Jahren in einem Altbau ohne Aufzug war, sodass er nur nichtbehinderte Patienten hatte. Vor ihm war ein Nur-Psychiater in der Praxis.
Jetzt ist er umgezogen und hat zwar einen Aufzug und ein behindertengerechtes WC, aber ich sehe im Wartezimmer dieselben Gesichter wie immer. Meine Medikamente suche ich mir selbst aus, auch wenn er damit mal nicht so glücklich ist.
Tecfidera käme für mich übrigens nicht in Frage; mit Magenbeschwerden und Dünnpfiff würde ich es nicht lange aushalten.
Liebe Grüße
Renate