Hallo,

ich stelle mich vor: Seit 30 Jahren MS per Liquor diagnostiziert. Seitdem 8 Schübe, die sich durch Cortisongabe zurückbildeten. Keine Lähmungen, keine sichtbare MS. Einschränkung: Nach 3 km werden die Beine schwerer und ich muß Pause machen. Was mich einschränkt ist die Müdigkeit, ich schlafe 10 Stunden.

Das letzte MRT 2005: “Disseminierte punktförmige supratentorielle Marklagerläsionen. Keine Progredienz des geringen Läsionsvolumens. Keine floriden Entzündungszeichen. Kein Nachweis einer Blut-Hirn-Schrankenstörung”.
Vor 2 Jahren, 2012 begannen die Beschwerden: Innerhalb eines Jahres von Brillenstärke (Lesebrille) 1.4 auf 4.0, ab und zu Schwindel, Unsicherheit beim Gehen, Probleme mit dem Gleichgewicht, der Kopf “leer”, Wortfindungsstörungen, aber immer nur tage- oder stundenweise.
Druck im Kopf. Seit Oktober letzten Jahres wurden wegen NNH-, Rachen-Entzündung 4 Antibiotika verschrieben, das letzte endete am 7. Mai. Unter Antibiose kein Schwindel, klar im Kopf.

Vor 4 Wochen passierte folgendes: Frisör, Haarewaschen, Kopf nach hinten ins Waschbecken (habe auch Probleme mit der HWS). Mir wurde schwindlig, schlecht, ich dachte ich werde ohnmächtig, stand auf, konnte nicht mehr gerade laufen, Druck im Kopf. Ich dachte an einen kleinen Schlaganfall Rettungswagen wurde gerufen, er brachte mich in die Neurologische Klinik RKU in Ulm.

Dort neurologischer Aufnahmebefund (lt. Arztbericht):“Höhere kognitive Leistung: Organische Wesensänderung”.
Dort MRT: (leider nur ein paar Sätze im Bericht, der Bericht kam erst heute!):
“Nachweis zahlreicher postentzündlicher Marklagerläsionen (ca. 45 !!!), periventrikulär, teils mit Einstrahlung in den Balken, juxtakortikal und zerebellär linksseitig. Eine links am Seitenventrikelhinterhorn gelegene Läsion zeigte ein KM-Enhancement im Sinne einer akut entzündlichen Läsion”.
Vorschlag der Klinik: Bei bildgebender progredienter Erkrankung Vorstellung beim niedergelassenen Neurologen zu einer basisprophylaktischen Medikation. Die Ärztin dort hat mir nichts dazu erklärt.

Meine Fragen:
Am nächsten Tag ging es mir besser. In diesen 4 Wochen bin ich gelaufen wie sonst auch, nur vergesslicher bin ich geworden. Ich habe keine Wortfindungsstörungen mehr und sehe auch wieder besser.
Müßte ich mit 45 Läsionen nicht im Rollstuhl sitzen, Lähmungen haben?
Muß dieser Befund überhaupt mit der MS zusammenhängen (man wird ja immer auf die MS reduziert) oder kann es doch ein kleiner Schlaganfall gewesen sein?

Mein Neurologe hier ist bis 30.08. in Urlaub, Ulm und RKU ist 80 km entfernt. Was soll ich denn jetzt tun?

Bitte helft mir, ich bin verzweifelt!

Gruß von Karin

Hallo Karin,

“Vor 4 Wochen passierte folgendes: Frisör, Haarewaschen, Kopf nach hinten ins Waschbecken (habe auch Probleme mit der HWS). Mir wurde schwindlig, schlecht, ich dachte ich werde ohnmächtig”

Ich brauche dafür keinen Frisörbesuch, ich brauche nur den Kopf in den Nacken zu legen und nach oben zu sehen, dann wird mir schlecht und schwindlig und ich kippe um, wenn ich mich nicht festhalte. Bei mir ist das seit 10 Jahren so, ich nenne es mein “umgekehrtes Lhermitte-Zeichen”. Spricht für einen Schaden in der HWS.

“Müßte ich mit 45 Läsionen nicht im Rollstuhl sitzen, Lähmungen haben?”

Nö. Ich sitze mit 9 Läsionen im Rollstuhl (bzw. liege meistens); es kommt immer drauf an, wo sie sitzen. Ich habe meine im Kleinhirn und Hirnstamm, sowie eine in der HWS und eine in der BWS. Der HWS-Läsion verdanke ich meine Schwerbehinderung. Andere haben einen Sternhimmel im Großhirn, und merken nichts. Solche Unterschiede sind bei MS normal.

“Muß dieser Befund überhaupt mit der MS zusammenhängen (man wird ja immer auf die MS reduziert) oder kann es doch ein kleiner Schlaganfall gewesen sein?”

EIN Schlaganfall verursacht keine 45 Läsionen. Und was für ein Schlaganfall sollte es denn gewesen sein? Eine Hirnblutung oder ein Hirninfarkt? Hast du Bluthochdruck oder Durchblutungsstörungen, hast du Herzrhythmusstörungen?

"Mein Neurologe hier ist bis 30.08. in Urlaub, Ulm und RKU ist 80 km entfernt. Was soll ich denn jetzt tun?

Nichts, warum? Abwarten. Die 45 Läsionen hast du doch nicht alle erst seit vier Wochen. Die wirst du nicht mehr los, aber deswegen bist du noch lange kein Notfall. Was kaputt ist, ist kaputt. Aber nur eine Läsion (die links am Seitenventrikelhinterhorn) ist entzündlich aktiv. Die Entzündungsaktivität scheint zwar zugenommen zu haben, aber du kannst noch laufen, du kannst noch sehen, also take it easy.

Ich würde an deiner Stelle halt nicht nur 1 MRT in 9 Jahren machen; bei so hoher Läsionslast ist das etwas wenig. Lieber öfter mal nachsehen, bei durchschnittlich 5 neuen Läsionen pro Jahr.

“Innerhalb eines Jahres von Brillenstärke (Lesebrille) 1.4 auf 4.0”

In deinem Alter (ich schätze mal, zwischen 45 und 55) wird es wohl die Alterssichtigkeit sein. Das ist doch völlig normal!

“Unter Antibiose kein Schwindel, klar im Kopf.”

Das ist auffällig und spricht für einen Zusammenhang mit einer bakteriellen Infektion.

Fazit: “Vorschlag der Klinik: Bei bildgebender progredienter Erkrankung Vorstellung beim niedergelassenen Neurologen zu einer basisprophylaktischen Medikation.”

Ist OK, aber die Besserung unter Antibiose spricht dafür, dass dem erst mal auf den Grund gegangen wird, ehe du irgendwas einschmeißt. Eine immunsuppressive Behandlung wäre bei einer bakteriellen Infektion kontraindiziert.

Alles Gute und LG!
Renate

Danke, Renate,

habe jetzt 3 mal mit viel Gefühl, Erklärungen und Nachfragen geantwortet und abgeschickt, meine Antwort kommt nicht an.

Liebe Grüße
Karin

Hallo Renate,

danke für Deine Antwort. Das Problem ist: Wenn Du mit dem Notarzwagen abgeholt wirst wegen Schwindel, nicht mehr geradeaus laufen können, und zusammenbrichst bringt er Dich nicht in die Uni-Klinik/Innere, wenn Du zugibst, daß Du MS hast.
Trotz erhöhtem CRP (Infektionen) wurde mir dort eine Basistherapie zur MS empfohlen und ich wurde auf die MS reduziert.

Ich danke Dir sehr für den Hinweis: Bei Infektionen ist Basistherapie kontraindiziert. Zu

Hallo Karin,

" … mit dem Notarzwagen abgeholt wirst wegen Schwindel, nicht mehr geradeaus laufen können, und zusammenbrichst bringt er Dich nicht in die Uni-Klinik/Innere, wenn Du zugibst, daß Du MS hast."

Ach so. Schon klar. Meine Drehschwindelattacken hatte ich meistens zu Hause, da hat’s glücklicherweise niemand gemerkt und ich wurde nicht das Opfer von irgendeinem medizinischen Aktionismus.

Viele der neueren Basistherapien wirken immunsuppressiv, Cortison sowieso, und dafür ist eine Infektion eine Kontraindikation. Ich meine, bei erhöhtem CRP muss erst mal die Ursache für die Entzündung gefunden und behandelt werden, ehe man mit irgendwelchen Immunmodulatoren oder -suppressiva herumbastelt.

Ob nach 30 Jahren MS überhaupt noch irgendeine Therapie einen Sinn hat, wage ich zu bezweifeln. Du hast seit 30 Jahren MS, alle paar Jahre mal einen Schub, und kannst noch laufen, da brauchst du doch keine Therapie zu machen. Also, ich weiß nicht …

Alles Gute und liebe Grüße!
Renate